Eishockey-WM in Weißrussland: „Schändlicher Wettbewerb“

Die Vergabe der WM ins Land des Autokraten Lukaschenko wird hart kritisiert. Noch kurz vorm WM-Auftakt wurden über 20 Aktivisten festgenommen.

Lustiges Maskottchen, trauriges Regime: Die Eishockey-WM kommt nach Weißrussland. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Hatz auf politische Gegner und Andersdenkende hat dieser Tage in Weißrussland wieder einmal Hochkonjunktur. Am Freitag beginnt in der Hauptstadt Minsk die Eishockey-WM. Da sich der autokratische Staatspräsident Alexander Lukaschenko das sportliche Großereignis nicht verderben lassen will, müssen seine Kritiker zum Schweigen gebracht werden.

So wurden in den vergangenen Tagen rund 20 Aktivisten unter so fadenscheinigen Anschuldigungen wie „Rowdytum“ festgenommen und zu Haftstrafen zwischen 5 und 25 Tagen verurteilt. Unter ihnen ist auch Zmitser Daschkewitsch, Chef der oppositionellen Jugendbewegung „Junge Front“. Er hatte bis August 2013 eine dreijährige Haftstrafe verbüßt.

Repressionen gegen Regierungskritiker und Menschenrechtsverletzungen sind in Weißrussland Alltag. Die ehemalige Sowjetrepublik ist der letzte Staat in Europa, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird – das letzte Mal vor weniger als einem Monat. Drei weiteren Menschen, die im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt worden war, droht die Hinrichtung.

2010 hatte sich Staatspräsident Lukaschenko erneut im Amt bestätigen lassen. Am Abend desselben Tages gingen in Minsk Tausende gegen die gefälschten Präsidentenwahlen auf die Straße. Das Regime ließ die Kundgebung gewaltsam auflösen. Hunderte Personen wurden verhaftet, darunter auch mehrere oppositionelle Präsidentschaftskandidaten, wie der Chef der Sozialdemokraten, Mikalaj Statkewitsch. Er wurde zu sechs Jahren Arbeitslager verurteilt und sitzt bis heute in Haft.

„Die Eishockeyweltmeisterschaft findet in einem Land statt, wo unschuldige politische Gefangene in Gefängnissen schmachten und wo die Repressionen auch während dieses Ereignisses weitergehen werden. Die Meisterschaften drohen zu dem schändlichsten Wettbewerb in der Geschichte des Eishockeys zu werden“, heißt es in einem offenen Brief des Oppositionspolitikers Andrej Sannikau an den Präsidenten des Internationalen Eishockeyverbandes (IIHF), René Fasel. Sannikow war bei den Präsidentenwahlen 2010 angetreten und im Mai 2011 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Mitte April 2012 wurde er aus der Haft entlassen.

Lukaschenko will seine Propagandashow ungestört durchziehen und sich dabei auch noch weltoffen präsentieren. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Autokrat die Visapflicht für Fans und Teilnehmer der WM vorrübergehend ausgesetzt. Was diese Zusage wert ist, erfuhr Martin Uggla von der schwedischen Menschenrechtsorganisation Ostgruppen. Er hatte die Vergabe des Wettbewerbs an Weißrussland unlängst als Schande bezeichnet. Am Mittwoch wurde ihm die Einreise nach Weißrussland verweigert.

„Bei der Vergabe von Sportgroßereignissen brauchen wir endlich eine verbindliche Einbeziehung von demokratischen Standards in den Vergabeprozess“, sagt die grüne Bundestagabgeordnete Marieluise Beck. Bezüglich Weißrussland könne es nur noch darum gehen, den Wettbewerb politisch zu boykottieren. „Keine Politiker auf der Tribüne neben Lukaschenko“, sagt Beck und nimmt bereits weitere Sportevents in den Blick. „Jetzt muss es darum gehen, die an Russland vergebene Fußball-WM in ein anderes Land zu verlegen.“

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