Einzelfallprüfung für syrische Flüchtlinge: Wo Papiere nicht weiterhelfen
Innenpolitiker von Union und SPD fordern eine Einzelfallprüfung für Flüchtlinge aus Syrien. Auch Polizeivertreter warnen vor Sicherheitsrisiko.
Zu einer lückenlosen Registrierung gehöre, dass die Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen aus Syrien „schnellstens“ wieder eingeführt werde, sagte Heveling. „Wo die Papiere nicht weiterhelfen, können manche Ungereimtheiten im direkten Gespräch mit dem Asylsuchenden auffallen.“
Aus Sicht von SPD-Innenexperte Burkhard Lischka machen die angeblich erbeuteten syrischen Pässe deutlich, wie wichtig „ab sofort eine Einzelfallprüfung auch der geflohenen Menschen aus Syrien durch deutsche Behörden“ sei. Aufgabe der europäischen Sicherheitsbehörden sei es zudem, „möglichst schnell die Seriennummern der gestohlenen Pässe zu ermitteln“, sagte Lischka den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die Welt am Sonntag hatte berichtet, der IS habe in Syrien, dem Irak und Libyen offenbar zehntausende Passdokumente erbeutet – darunter zahllose Blanko-Pässe und überdies Maschinen zur Produktion von Ausweisdokumenten. Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex warnte deswegen vor einem Sicherheitsrisiko.
Seit gut einem Jahr gilt für syrische Asylbewerber in Deutschland ein vereinfachtes Verfahren, in dem sie in einem Fragebogen ihre Fluchtgründe darlegen müssen. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will diese Ausnahme rückgängig machen.
Polizei weiß nicht, wer kommt
Die Welt berichtete am Montag unter Berufung auf die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), in den vergangenen Monaten sei nur ein Bruchteil der Einreisenden erkennungsdienstlich anhand von Fingerabdrücken erfasst worden. Der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt gehe davon aus, dass dies bei Zehntausenden in Deutschland bis heute noch nicht nachgeholt wurde, schreibt das Blatt.
Die Bundespolizei sei „nicht in der Lage, den ihr obliegenden Auftrag der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung an der deutsch-österreichischen Grenze in der gesetzlich gebotenen Weise wahrzunehmen“, zitiert die Welt aus einem Brief des GdP-Vizevorsitzenden Jörg Radek von Anfang Dezember an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Da die Bundespolizei mehrheitlich nicht wisse, wer einreise, werde unter anderem das „Sammeln von Hinweisen auf Ausnutzung der Flüchtlingsströme durch Terrorkommandos vereitelt“. Die zuständige Grenzpolizei erfahre „in Hunderttausenden Fällen“ nicht, „wer unter welchem Namen und aus welchem Grunde einreist“. Das sei mit Blick auf die Gewährleistung der inneren Sicherheit „staatsgefährdend“, zitiert die Zeitung weiter aus dem Brief.
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