Einzelfallprüfung für syrische Flüchtlinge: Wo Papiere nicht weiterhelfen
Innenpolitiker von Union und SPD fordern eine Einzelfallprüfung für Flüchtlinge aus Syrien. Auch Polizeivertreter warnen vor Sicherheitsrisiko.
BERLIN afp | Nach der Warnung wegen zehntausender erbeuteter Pässe durch die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) fordern führende Innenpolitiker von Union und SPD eine umgehende Einzelfallprüfung syrischer Flüchtlinge. „Wir brauchen in Europa vor allem eine schnellstmögliche, lückenlose Registrierung aller Menschen, die hier ankommen“, sagte der Innenausschuss-Vorsitzende im Bundestag, Ansgar Heveling (CDU), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Auch führende Polizeivertreter warnen vor einem hohen Sicherheitsrisiko durch eine unkontrollierte Einreise von Flüchtlingen.
Zu einer lückenlosen Registrierung gehöre, dass die Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen aus Syrien „schnellstens“ wieder eingeführt werde, sagte Heveling. „Wo die Papiere nicht weiterhelfen, können manche Ungereimtheiten im direkten Gespräch mit dem Asylsuchenden auffallen.“
Aus Sicht von SPD-Innenexperte Burkhard Lischka machen die angeblich erbeuteten syrischen Pässe deutlich, wie wichtig „ab sofort eine Einzelfallprüfung auch der geflohenen Menschen aus Syrien durch deutsche Behörden“ sei. Aufgabe der europäischen Sicherheitsbehörden sei es zudem, „möglichst schnell die Seriennummern der gestohlenen Pässe zu ermitteln“, sagte Lischka den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die Welt am Sonntag hatte berichtet, der IS habe in Syrien, dem Irak und Libyen offenbar zehntausende Passdokumente erbeutet – darunter zahllose Blanko-Pässe und überdies Maschinen zur Produktion von Ausweisdokumenten. Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex warnte deswegen vor einem Sicherheitsrisiko.
Seit gut einem Jahr gilt für syrische Asylbewerber in Deutschland ein vereinfachtes Verfahren, in dem sie in einem Fragebogen ihre Fluchtgründe darlegen müssen. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will diese Ausnahme rückgängig machen.
Polizei weiß nicht, wer kommt
Die Welt berichtete am Montag unter Berufung auf die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), in den vergangenen Monaten sei nur ein Bruchteil der Einreisenden erkennungsdienstlich anhand von Fingerabdrücken erfasst worden. Der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt gehe davon aus, dass dies bei Zehntausenden in Deutschland bis heute noch nicht nachgeholt wurde, schreibt das Blatt.
Die Bundespolizei sei „nicht in der Lage, den ihr obliegenden Auftrag der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung an der deutsch-österreichischen Grenze in der gesetzlich gebotenen Weise wahrzunehmen“, zitiert die Welt aus einem Brief des GdP-Vizevorsitzenden Jörg Radek von Anfang Dezember an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Da die Bundespolizei mehrheitlich nicht wisse, wer einreise, werde unter anderem das „Sammeln von Hinweisen auf Ausnutzung der Flüchtlingsströme durch Terrorkommandos vereitelt“. Die zuständige Grenzpolizei erfahre „in Hunderttausenden Fällen“ nicht, „wer unter welchem Namen und aus welchem Grunde einreist“. Das sei mit Blick auf die Gewährleistung der inneren Sicherheit „staatsgefährdend“, zitiert die Zeitung weiter aus dem Brief.
Leser*innenkommentare
rugero
Tausende Blankopässe sind nicht tausende Terroristen, die nun unverzüglich einreisen und die schöne deutsche Heimat kaputtbomben. Nur keine Panik !
Keine Meldung darf ausgelassen werden ohne daß sich gleich eine Reihe von Politikern ins nächste Mikrofon erbrechen und schärfe Gesetze oder Kontrollen fordern.
Die Einzelfallprüfung darauf hin einzufordern ist Realsatire, wenn der deutsche Staat schon jetzt administrativ nicht fertig wird mit der Registrierung. Dadurch daß man die Flüchtigen noch länger in Chaos, Regen und Kälte stehen läßt hilft man niemand.
Die Terroristen aus Paris und Belgien hatten EU-Pässe, mit denen sie sich viel besser in Europa bewegen konnten. Überhaupt sind mehr Europäer als Terrorkämpfer nach Syrien gereist als umgekehrt.
Wieviel Terror-Tote hatten wir nochmal in Deutschland in den letzten 30 Jahren ?
Questor
Charmanter Zug auf die Deutschen Terror-Toten zu verweisen und die europäischen zu ignorieren. Davon haben wir noch einen: "Wieviele Flüchtlinge sind nochmal im letzten Jahr vor der deutschen Küste ertrunken?"
Also auch kein Problem.
Im Übrigen ist Terrorismus weniger durch die Anzahl der Todesfälle sondern vielmehr durch den Terror ein Problem.
Ich erzähle Ihnen sicherlich nichts neues, denn ich nehme an dass auch Sie die NSU-Mordserie als abscheuliches Verbrechen betrachten - obwohl das Trio in ihrer gesamten Wirkenszeit gerade mal soviele Totesopfer gefordert hat wie der deutsche Autoverkehr an einem durchschnittlichen Tag.
Zu dem Verhältnis der aus Europa Ein- und Ausgereisten Terrorhelfer. Vermutlich haben Sie Recht (wissen können wir es freilich nicht). Man könnte aus diesem Umstand aber auch herauslesen das man in der Vergangenheit etwas zu unkritisch in der Frage war wen man in Europa aufnimmt.
christine rölke-sommer
ach wissen'Se
solch ein theater um pässe hatten wir schon mal
anfang dieses jahrtausends
da ging's um irakische pässe, hauptsächlich bei familienzusammenführung...
auch damals konnte man den leutz von der OK und den diensten nur eines empfehlen: einen blick in die GFK. dort steht zu lesen, dass zur flucht auch ein gefälschter pass benutzt werden darf - hauptsache, das teil wird bei asylantragstellung abgegeben (da wandert es dann in den panzerschrank bei BAMF).
damals kam der "heiße tip" von dem Saddam Hussein seinen diensten.
von welchen diensten er wohl dies mal kommt?
aber ich kann solchen hype sehr gut verstehen - grinz. so wie mann damals befürchtete, dass 'schland mit falschen ehegatten+kindern geflutet würde, so befürchtet mann heute, von terroristen geflutet zu werden - was natürlich unterbunden gehört, wallah.