Eintracht Braunschweig in der Relegation: Am Rande des Abgrunds
Mit 2:0 konnte die Eintracht Braunschweig beim 1. FC Saarbrücken das Relegations-Hinspiel zwischen 2. Fußballbundes- und der 3. Liga gewinnen.

Die glich der viel zitierten Achterbahnfahrt mit wenigen Höhen und vielen Tiefen. Zweimal stand Trainer Daniel Scherning vor dem Aus, im Dezember und März berieten die Gremien intensiv, um ihm doch wieder das Vertrauen auszusprechen. Im April lief es plötzlich überragend, insgesamt konnte eine Serie von sechs Spielen ohne Niederlage aufgestellt werden. Darunter fielen Siege gegen Topteams wie Paderborn, den Hamburger SV und Kaiserslautern. Doch die letzten beiden Begegnungen gegen Elversberg und Nürnberg wurden, das rettende Ufer direkt vor Augen, wieder nahezu ohne Gegenwehr und durch hanebüchene Fehler verloren, was Scherning den Job kostete und Eintracht die Relegation einbrachte.
Natürlich ist der Coach nicht allein verantwortlich für diese misslungene Saison. Der von Sportdirektor Benjamin Kessel verpflichtete Kader sah auf dem Papier gar nicht so schwach aus, auf dem Feld konnten neu dazugekommene Spieler wie der ehemalige U19-Nationalspieler Sanoussy Ba, der frühere Schalker Sebastian Polter, Christian Conteh (VfL Osnabrück) oder der ungarische Nationalspieler Levente Szabo zu selten überzeugen. Nach heftigen Klatschen zu Saisonbeginn setzte Scherning mehr auf die etablierten Kräfte, die die Kohlen aber auch nicht aus dem Feuer holen konnten.
Blutleer und planlos
Die meisten Auftritte des Teams waren blutleer, die Mannschaft wirkte nicht eingespielt und regelrecht planlos. Dazu kam ein massives Torwartproblem, weder der ausgeliehene Lennart Grill noch Marko Johansson konnten ihre Tauglichkeit als Stammkraft im Tor eines Zweitligisten nachhaltig unter Beweis stellen. Erst im Winter wurde der Kader mit Keeper Ron-Thorben Hoffmann und Mittelfeldspieler Lino Tempelmann (beide von Schalke geliehen) mit Qualität verstärkt. Die Ergebnisse blieben über weite Strecken trotzdem hinter den Erwartungen zurück.
Am Freitagabend sitzt mit dem ehemaligen Co-Trainer Marc Pfitzner eine Eintracht-Legende auf der Bank. In den vier Tagen, das wird vor allem in der ersten Hälfte deutlich, konnte er der Mannschaft kein komplett neues Gesicht geben. Aber wenigstens stimmen Einsatzwille und Laufbereitschaft, was der geneigte Löwen-Fan schon mal honoriert.
In der zweiten Hälfte verschafft sich die Eintracht dann ein deutliches Übergewicht und dominiert den Drittligisten. Besonders auffällig ist der von Daniel Scherning zumeist ignorierte Christian Conteh, der über die linke Seite Dampf macht und das 1:0 von Lino Tempelmann sehenswert vorbereitet. Nach dem zweiten Treffer von Marvin Rittmüller kann das Ergebnis sogar noch höher ausfallen, da Saarbrücken kaum noch Gegenwehr leistet. Am Dienstag haben es die Braunschweiger also in der Hand, diese Saison noch einigermaßen versöhnlich zu beenden.
Was danach kommt, steht ligaunabhängig in den Sternen. Die drei herausragenden Spieler Ron-Thorben Hoffmann, Lino Tempelmann und Stürmer Rayan Phillipe werden nicht alle zu halten sein. Ein neues Gerüst muss her. Wer in der nächsten Saison als Trainer auf der Bank sitzt, ist ebenso ungeklärt wie die Frage nach der Zielsetzung. Bei Abstieg wäre es der sofortige Wiederaufstieg. Aber bei Ligaverbleib? Reicht es, in jedem Jahr mit Ach und Krach die Klasse zu halten? So oder so, langweilig wird es bei Eintracht an der Hamburger Straße auch in Zukunft nicht.
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