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Einseitiger Waffenstillstand der PKKDer Preis der Freiheit für Abdullah Öcalan

Die PKK folgt dem Aufruf des seit 25 Jahren inhaftierten Öcalan und legt die Waffen nieder. Bedingung für ein endgültiges Ende ihres Kampfes könnte sein, dass ihr Anführer das Gefängnis verlässt.

Für viele Kurden ist Abdullah Öcalan mehr als eine Symbolfigur Foto: Metin Yoksu/dpa

Istanbul „Wir, die PKK, stimmen dem Aufruf (von Öcalan) voll und ganz zu“. In einer am frühen Samstagmorgen von der PKK nahen Agentur Firat-Press verbreiteten Erklärung der aktuellen PKK-Führung im Nordirak heißt es, „wir sind bereit, Öcalans Aufruf zur Niederlegung der Waffen und der Auflösung der Partei umzusetzen“. Der Beginn sei ein einseitiger Waffenstillstand, der am 1. März in Kraft getreten ist. „Solange wir nicht angegriffen werden, werden unsere Waffen schweigen“, ließ die PKK mitteilen.

Für den weiteren Fortgang wünsche man sich jedoch, dass Abdullah Öcalan aus dem Gefängnis entlassen werde, um den Entwaffnungsprozess selbst leiten zu können. Öcalan solle den kommenden Kongress, auf dem das Ende der PKK beschlossen werden soll, selbst leiten. Von der türkischen Regierung erwartet die PKK, dass die notwendigen politischen und demokratischen Bedingungen geschaffen werden, die für einen erfolgreichen Ablauf der Abwicklung der PKK notwendig sind.

Damit ist die PKK der Forderung ihres historischen Führers Abdullah Öcalans, der seit mehr als 25 Jahren auf einer Gefängnisinsel im Marmarameer weitgehend isoliert ist, erst einmal entgegengekommen. Ob die PKK die Freilassung Öcalans nun zur Bedingung für die endgültige Einstellung des bewaffneten Kampfes macht, oder aber auch damit zufrieden wäre, wenn Öcalan auf seiner Gefängnisinsel direkte Kommunikationsmöglichkeiten mit der PKK-Führung bekommt, geht aus der Erklärung nicht genau hervor.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Aufforderung Öcalans an seine PKK, jetzt den bewaffneten Kampf zu beenden, bereits am Freitag als historischen Schritt begrüßt. Ob es zwischen der türkischen Regierung, der pro-kurdischen parlamentarischen DEM Partei und der PKK bereits Gespräche darüber gibt, wie die kommenden Schritte jetzt praktisch aussehen könnten, ist nicht bekannt.

Die Aufmerksamkeit wird sich jetzt vor allem auf die kurdischen Kräfte in Syrien richten, die nach Auffassung der türkischen Regierung auch Teil der PKK sind. Der Militärführer der syrischen SDF, Mazlum Abdi, eine Streitmacht, die von der kurdischen YPG Miliz dominiert wird, hat zwar gleich am Donnerstagabend nach Bekanntwerden des Öcalans Aufruf betont, seine Truppen seien nicht Teil der PKK und hätten deshalb mit dem Aufruf nichts zu tun. Doch letztlich wird die Auflösung der PKK, sollte sie denn tatsächlich kommen, auch in Syrien erhebliche Auswirkungen haben. Die neue syrische Übergangsregierung fordert bereits jetzt, dass die syrischen Kurden ihre Milizen auflösen und das von ihr im Nordosten Syriens kontrollierte Gebiet in den syrischen Gesamtstaat reintegriert wird.

Die Kurden wollen ihr Autonomiegebiet aber nicht aufgeben, zu mindestens so lange nicht, wie ihre Zukunft in einem syrischen Gesamtstaat nicht geklärt ist. Mazlum Abdi hatte angeboten, seine SDF-Streitkräfte als Block in eine neue syrische Armee einzubringen, was der syrische Übergangspräsident Ahmet al-Sharaa aber ablehnt hat.

In der Türkei wird nun befürchtet, dass die PKK sich zwar offiziell auflösen wird, ihre Waffen und Kämpfer aber anschließend in das Autonomiegebiet der Kurden in Syrien transportieren wird. Der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Celik, hat deshalb bereits mitgeteilt, seine Regierung verstehe den Aufruf von Öcalan so, dass die PKK auch in Syrien die Waffen niederlegen müsse. Es wird wohl noch einige Tage dauern, bis klar wird, welche Konsequenzen der Friedensaufruf von Abdullah Öcalan wirklich haben wird.

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