Einsatz von Gift durch Landwirte: Nagerplage sorgt für Streit
Wegen Mäusen auf den Feldern will das Landwirtschaftsministerium Gifteinsätze erleichtern. Das Umweltbundesamt kritisiert das.
Die Nager treten derzeit regional massenhaft auf, begünstigt durch den milden Winter und die lange Trockenheit in Frühjahr und Sommer. Gegen Mäuse, die ihre Äcker durchlöchern und Ernten fressen, dürfen Landwirte hierzulande ausschließlich Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Zinkphosphid einsetzen.
Um geschützte Nagetiere wie Feldhamster, Hasel- oder Birkenmäuse zu schützen, hat das BVL Ende vergangenen Jahres Bestimmungen erlassen, die den Gebrauch dieses Giftes einschränken. Beispielsweise darf es zwischen März und Oktober nicht in Gebieten eingesetzt werden, in denen Populationen der geschützten Nager leben.
Klöckner hält das für nicht praktikabel: „Aus beiden betroffenen Bundesländern wurde die Bitte an das BVL gerichtet, diese Anwendungsbestimmungen zumindest vorübergehend auszusetzen“, schreibt sie und fährt fort: Es sei zu beachten, „dass sowohl der Schutz der besonders zu schützenden Arten, aber auch der Schutz der Ernte gewährleistet werden müssen“.
Notfallverordnungen auch ohne Umweltbundesamt
In ihrem Brief schlägt sie drei Maßnahmen gegen die Mäuseplage vor: Die zuständigen Länderbehörden müssten ihren im Pflanzenschutz vorgesehenen Ermessensspielraum nutzen. Beispielsweise seien Hamster-, Haselmaus- oder Birkenmausnachweise, die länger als fünf Jahre zurückliegen, nach Einschätzung der Fachabteilung des Ministeriums nicht mehr als aktuell anzusehen; zweitens würden Anträge auf Notzulassungen für weitere Bekämpfungsverfahren beim zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kurzfristig geprüft und entschieden. Laut BVL liegen derzeit noch keine solchen Anträge vor; drittens würden die zwischen UBA und BVL vereinbarten Änderungen in den Anwendungsbestimmungen zu Zinkphosphid schnellstmöglich umgesetzt.
Gegen diese letzte Aussage wehrt sich nun das UBA. Eine Einigung von UBA und BVL zur Änderung von Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Umwelt liege entgegen der Aussagen aus dem BMEL nicht vor, heißt es aus der Behörde, die dem SPD-geführten Umweltministerium nachgeordnet ist.
Eine Lockerung von Schutzmaßnahmen für den Hamster sehe das Umweltbundesamt sehr kritisch: Der Hamster sei mittlerweile in seinem gesamten Verbreitungsgebiet auf der Erde vom Aussterben bedroht – da verbiete sich jede Pestizidanwendung, die seine Bestände weiter schädigen könnte. Dass würde auch gegen bestehendes Pflanzenschutzrecht verstoßen, weil bei der Anwendung von Pflanzenschutzmittel europarechtlich geschützte Arten wie der Hamster und Vogelarten nicht geschädigt werden dürfen.
Zuständig für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist das BVL; das UBA hat hierbei jedoch ein Mitspracherecht. Die beiden im Spannungsfeld zwischen Agrar- und Umweltministerium angesiedelten Behörden müssen sich also einigen. Im Falle von Notfallzulassungen gilt dies jedoch nicht. Sie können durch das BVL alleine erteilt werden und können für maximal 120 Tage erteilt werden.
Den Feldhamster hatte die Weltnaturschutzorganisation IUCN aus dem Schweizer Gland erst kürzlich als weltweit vom Aussterben bedrohte Tierart eingeordnet. Die Organisation geht davon aus, dass die Art in Deutschland in den vergangenen zehn bis 15 Jahren um ein Drittel zurückgegangen ist; die Deutsche Wildtier-Stiftung geht in diesem Zeitraum sogar von einem Rückgang von 42 Prozent aus. Experten schätzen, dass aktuell noch circa 10.000 Tiere in Deutschland leben.
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