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Einsamkeitshelden unter sich

Große Themen, schwache Bilder: Mit seinem Film „Baader“ kapituliert Christopher Roth vor dem Mythos RAF. Und für die Radical-Chic-Provokation ist er zu unentschieden

Am Anfang sieht man Bilder der Revolte: Dutschke, Vietnamkrieg, Demos ins Berlin, Wasserwerfer. Dieser Prolog will Rebellenfeeling vermitteln, Sehnsucht nach dem wilden Leben. Es ist der handelsübliche Bilderteppich, den auch Guido Knopp nicht anders knüpft. Ästhetisch ist „Baader“ schon nach ein paar Minuten verloren.

Christopher Roth folgt weitgehend der Chronologie seines Helden Andreas Baader: Autodiebstahl, Kaufhausbrandstiftung 1968, Beziehung mit Gudrun Ensslin (Laura Tonke), die Baader-Befreiung 1970 mit Ulrike Meinhof (Birge Schade) in Berlin, Baader (Frank Giering) als Dandy in Jordanien, der auch im Palästinenserlager nicht auf sein rote Samthose verzichten will. Baader als Obermacho, als verantwortungsloser Guru, der andere in den Tod reißt. Baader, der Todesheld, Opfertäter in der Eskalation des Krieges zwischen Staat und RAF.

Das ist alles nicht ganz falsch, aber es hat keine Richtung. Die interessanteste Passage ist eine Erfindung: Baader trifft am Ende den BKA-Chef, Kurt Kruse (Vadim Glowna) alias Horst Herold. Die beiden sitzen nachts im Auto. Vater und Sohn, zwei Einsamkeitshelden, unversöhnliche Feinde, die sich respektieren. Das ist nicht frei von Kitsch. Aber eine Idee, immerhin.

Frank Giering als Baader ist meistens damit beschäftigt, cool auszusehen. Dann raucht er, schweigt und hat eine Sonnenbrille auf. Oder fährt Motorrad. Im Off ertönt dann Rockmusik. Diese Bilder wollen von Freiheit erzählen, aber sie sehen aus wie Werbung für irgendetwas. „Baader“ will von Liebe und Tod, Rausch und Befreiung, Gewalt und Coolness erzählen. Aber man sieht davon nichts. Große Themen, schwache Bilder.

Freundliche Kritiker haben „Baader“ als eine Art Demokratisierung der RAF-Geschichte verstanden, als tapferen Versuch eines Jüngeren, das Interpretationsmonopol der Altvorderen zu zerschlagen und mit frischem Blick ideologischen Mummenschanz beiseite zu räumen. Andere sind auf die Provokation, Baader als BMW-Liebhaber zu zeigen, hereingefallen und fanden das Ganze empörend. Aber für die Pose-gegen-Politik-, Pop-gegen-Inhalt-Deutungsschlacht ist „Baader“ ein untaugliches Objekt, das ideologiekritische Besteck überflüssig. Angesichts der stotternden Unschlüssigkeit dieser Inszenierung läuft eigentlich jede kritische Anstrengung ins Leere. Auch zum Radical Chic fehlt „Baader“, hilflos zwischen Gangsterfilmzitat, Fernsehspiel, Action und Studententheater schwankend, Sinn für Timing, Inszenierung, Überhöhung.

Christopher Roth ist offenbar von Andreas Baader, von den späten 60ern, der Unbedingtheit des Terrors heftig fasziniert. Doch er hat dafür keine Sprache und keine Idee, was an Baader-Meinhof so interessant ist. Wow, Terroristen, yesterday heroes, toll. Ist das, dreißig Jahre danach, im deutschen Film der Stand der Dinge – wolkiges, begriffs- und stilloses Staunen? Nach „Baader“ möchte man gerne einen Film sehen, der etwas präzise erzählt. Einen Film wie Christian Petzolds „Die innere Sicherheit“, der die Terroristen als traurige Gespenster aus der Vergangenheit zeigt. Einen Film, der sich für Erfahrungen interessiert, nicht für Klischees. STEFAN REINECKE

„Baader“, Regie: Christopher Roth, mit Frank Giering, Laura Tonke, Birge Schade, Vadim Glowna, Deutschland 2002, 109 Min.

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