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Einkommensverteilung in DeutschlandGroße Schere zwischen Arm und Reich

In Deutschland besitzen die oberen 10 Prozent mehr als die Hälfte des Vermögens. Der DGB macht dafür eine ungerechte Steuerpolitik verantwortlich.

Hier schönt die Einkommensschere das Bild. Sie müsste ganz woanders abschneiden. Foto: imago/McPhoto

Berlin dpa/taz | Die Ungleichheit bei der Verteilung des Vermögens in Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren zugenommen. So verfügten die oberen zehn Prozent der Haushalte nach den jüngsten Daten 2013 über 51,9 Prozent des Nettovermögens, zehn Jahre zuvor waren es noch 49,4 Prozent. Die unteren 50 Prozent der Haushalte verfügten 2013 nur über ein Prozent des Nettovermögens, 2003 waren es 2,6 Prozent.

Dies geht aus vorab veröffentlichten Zahlen des fünften Armuts- und Reichtumsberichts vor, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch in diesem Jahr veröffentlichen will.

Vergleicht man die jüngsten Zahlen mit denen von 1998, werden die Unterschiede noch deutlicher. Damals verfügten die reichsten zehn Prozent „nur“ über 45,1 Prozent des Vermögens, die unteren 50 Prozent über 2,9 Prozent.

Allerdings drehte sich der Trend bei den reichsten Haushalten zuletzt um. 2008 hatten sie noch einen Prozentpunkt des Nettovermögens mehr als 2013, nämlich 52,9 Prozent. Die unteren zehn Prozent der Haushalte hatten 2008 noch 1,2 Prozent. Die Daten werden alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt erhoben.

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DGB-Vorstandschef Reiner Hoffmann machte eine ungerechte Steuerpolitik für die Schere zwischen Arm und Reich mitverantwortlich. Kapitaleinkünfte würden zu gering besteuert, Arbeitslohn zu hoch, sagte er am Montag in Berlin.

„In Deutschland findet eine enorme Umverteilung von unten nach oben statt“, sagte die Linksfraktionsvize Sabine Zimmermann. Sie forderte eine Millionärssteuer, bei der die erste Million des Vermögens steuerfrei bleibt und dann fünf Prozent Steuern erhoben werden. „Vermögende müssen entsprechend ihrer Leistungskraft zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen“, sagte Zimmermann.

Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, forderte, das Problem der Ungleichheit auf die politische Tagesordnung zu setzen. Auch taz-Kommentatorin Ulrike Herrmann urteilt in ihrem Kommentar über die Vermögensverteilung: „Deutschland ist eine brutale Klassengesellschaft.“

„Es wird besser statt schlimmer“, betonte hingegen das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft mit Blick auf den Vergleich 2008-2013 und weitere Daten. Die ungleiche Vermögensverteilung habe eher abgenommen.

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17 Kommentare

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  • Ja, ja, die Leistungsbereiten und die Faulen - weltweit klafft die Schere noch viel deutlicher auseinander, wie der Postillon im Beitrag "62 fleißigste Menschen genauso reich wie 3,7 Milliarden faulste Menschen zusammen" so treffend analysiert ;-)

  • "Der DGB macht die Steuerpolitik dafür verantwortlich" - - -

     

    Nicht im Ernst. Warum machen die sich nicht selbst dafür verantwortlich?

    Die Gewerkschaften handeln fast immer prozentuale Lohnerhöhungen aus. Das führt dazu, dass alle unterm Durchschnittsgehalt weniger verdienen und alle drüber mehr. Dieser Effekt über ein paar Jahrzehnte und die Schere geht ganz weit auf...

    Aber die Gewerkschaften nehmen sich von den Mitgliedern die Beiträge auch prozentual vom Gehalt, also sind ihnen die Besserverdienenden wichtiger und so wird das System gestärkt.

    Prost!

    • @MaR:

      Sollen sie vielleicht stattdessen von den Ärmeren höhere Beiträge nehmen, oder was??

      • @dator:

        Hi Dator,

         

        Soll dieser Einwurf bekräftigen, dass es schon gut ist, prozentuale Lohnabschlüsse auszuhandeln?

  • 9G
    913 (Profil gelöscht)

    Wieder mal ein schöner Aufregerartikel ohne grossen Gehalt. Die Reichen sind reich und die Armen arm dran.

     

    Was mir fehlt ist die Definition von "Vermögen" resp. "Nettovermögen" im Sinne dieser Untersuchung.

     

    Immer dieses "Wir wissen ja worüber wir reden, deshalb muss ich es nicht erklären".

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @913 (Profil gelöscht):

      Das gesamte Nettovermögen der privaten Haushalte (Geld-, Immobilien-, Betriebs- und Gebrauchsvermögen, inkl. der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck) belief sich Anfang 2012 laut Statistischem Bundesamt und Deutscher Bundesbank auf gut 10 Billionen Euro. Detaillierte Verteilungsdaten liegen im Rahmen der → EVS durch eine unterschiedliche Abgrenzung und eine erhebungsbedingte Untererfassung des Geldvermögens aber nur für rund fünf Billionen Euro des Vermögens der privaten Haushalte vor. Diese Vermögen umfassen im engeren Sinne das verzinsliche Geldvermögen (Spar- und Bausparguthaben, Wertpapiere, Termingeld und angesammeltes Kapital bei Lebensversicherungen) und die Verkehrswerte von Immobilien (= Bruttovermögen) abzüglich Bau- und Konsumschulden (= Nettovermögen). Dies erlaubt zwar keine umfassenden Aussagen über die Vermögensverteilung im weitesten Sinne, ist aber sachgerecht und zweckmäßig für Aussagen zum angesparten und geerbten Geld- und Sachvermögen, das für individuelle Vorsorge und Absicherung zur Verfügung steht.

      Quelle: http://www.taz.de/Einkommensverteilung-in-Deutschland/!5269722/

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Man findet auch Statistiken, die den Anteil der oberen 10% mit 60%+ angeben, z.B. DIW anhand von SOEP. wobei es gibt Meinungen, dass auch da, trotz der statistischen Korrekturen der Anteil von den oberen 10% zu niedrig geschätzt wird.

     

    Warum denn schätzt unsere Regierung den Anteil des Top-Dezilsum glatte 10% niedriger? Nun, sie arbeitet mit der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Methoden/Einkommens_Verbrauchsstichprobe.html) und da lesen wir: "Ferner liefert die EVS keine Angaben für Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 18 000 Euro und mehr, da diese in der Regel nicht in so ausreichender Zahl an der Erhebung teilnehmen, dass gesicherte Aussagen über ihre Lebensverhältnisse getroffen werden können."

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Es wird bestimmt auch Statistiken geben die es um 10% weniger angeben, je nach Berechnung und was man sonst noch zu Grunde legt.

       

      Generell ist sowieso der Nennwert unwichtiger, als die Richtung (oder wäre ihnen lieber es sind 50% und sinkt um 2% oder es sind 60% und sinkt um 10%?).

       

      Bedenklich bei diesen Statistiken ist sowieso immer die Vermischung von Einkommen und Vermögen, wie sie hier auch die TAZ betreibt.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @Krähenauge:

        "Es wird bestimmt auch Statistiken geben die es um 10% weniger angeben, je nach Berechnung und was man sonst noch zu Grunde legt."

         

        Nein. Solche Statistiken gibt es nicht.

         

        "Bedenklich bei diesen Statistiken ist sowieso immer die Vermischung von Einkommen und Vermögen,..."

         

        Ein Zusammenbringen der beiden bezogen auf die steuerliche Problematik ist noch keine Vermischung.

        • @10236 (Profil gelöscht):

          Grundregel, es gibt jedes Resultat einer Studie ;-) die Frage ist nur wie belastbar.

           

          Aber natürlich ist es grausig wenn die Überschrift für einen Artikel zur Vermögensverteilung etwas über Einkommensverteilung steht. Die beiden Dinge sind halt nicht deckungsgleich, und wegen einer Vermögensungleichheit (oder vermeintlichen Ungleichheit, Nettovermögen ist so eine Sache) Einkommen anders besteuern zu wollen kann dienlich sein, muss es aber nicht.

           

          Unterm Strich ist Begriffsgenauigkeit eine Grundvoraussetzung für Konsenz und Kompromissfähigkeit.

  • "Eigentum ist Diebstahl." An diesem radikalen Satz des Anarchisten Proudhon gibt es bis heute wenig zu deuteln. Daß er nicht die persönliche Habe, sondern Eigentum an Produktionsmitteln meinte, versteht sich von selbst. Er ist - neben Owen und anderen - ein Vorkämpfer linker Genossenschaften. Ich denke, daß stattdessen die Beibehaltung des Eigentums an Produktionsmitteln von Übel ist und uns Menschen ewig fesseln, bevormunden, knechten, erniedrigen, ausbeuten wird. Es gibt keinen "gerechten Kapitalismus". Insofern können die geforderten Konsequenzen aus diesem verheerenden Trend - hier wie weltweit - bestenfalls die Richtung angeben: hin zur stufenweisen Enteignung und Entmachtung der Reichen und zur Vergenossenschaftung des Eigentums. - Übrigens bringt Telepolis auch Reaktionen vonseiten der Linken und des DGB zu dieser Statistik: http://www.heise.de/tp/artikel/47/47211/1.html

    • @Albrecht Pohlmann:

      Sehr geehrter Herr Pohlmann, ich schlage vor, Sie engagieren sich für die Einführung von Vollgeld, wie es in der Schweiz mit der Vollgeld-Initiative an den Start geschickt wurde. Danach wird suksessive die Umverteilung nach oben wieder umgekehrt, weil der Staat nicht mehr bei den Banken sich Geld ausleihen muss, sondern es selber in moderater Menge in Umlauf bringt - weil das Buchgeld dann nicht mehr von den Privat-Banken hergestellt werden kann. Sehen Sie auch monetative.de mit besten Wünschen

    • @Albrecht Pohlmann:

      "stufenweisen Enteignung und Entmachtung der Reichen und zur Vergenossenschaftung des Eigentums"

      Die bereits gemachten Erfahrungen mit diesem Verfahren sind aber nicht wirklich überzeugend.

      • @Werner W.:

        Auch wenn's jetzt wieder keiner mehr liest - es ist mir wichtig, das richtigzustellen: Im ehemaligen Ostblock war die vorherrschende Eigentumsform das Staatseigentum, was natürlich anders genannt wurde - in der DDR z.B. "Volkseigentum". Dies war es aber nur nominell - tatsächlich hatte die herrschende Parteikaste die Verfügungsgewalt. Genossenschaftliches Eigentum stand zum größten Teil ebenfalls unter dem Einfluß der Partei. Diese Eigentumsformen waren ineffektiv und - trotz anderen Anscheins ungerecht. Mir geht es deshalb um tatsächlich genossenschaftliches Eigentum, das tatsächlich von der Vollversammlung aller Genossenschaftler kontrolliert wird (so, wie es die TAZ parktiziert). Diese Eigentumsform erscheint mir hinsichtlich Gerechtigkeit und Verantwortungsverteilung als vorbildlich und als Gegensatz zum gescheiterten "Realsozialismus". Und nur deshalb sollte sie das Privateigentum an Produktionsmitteln ersetzen.

      • @Werner W.:

        Immerhin hat sich Kuba dadurch der US-amerikanischen Ausbeutung und Unterdrückung entledigt. Und selbst wenn es vielen Kubanern noch an Wohlstand mangelt - besser als vor der Revolution geht´s ihnen allemal. Und im Osten konnte man auch leben.

  • dat wissen wir doch alle...ja und ? Die Bevölkerung ist doch genau so wie die Lemminge...akzeptieren alles und nichts passiert. Aber eine neue Meldung ist es wert.

    Schöner Beitrag!

    Hans-Ulrich Grefe