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Einigung über InfrastrukturgesellschaftGesetzentwurf mit Macken

Die SPD setzt Privatisierungsbeschränkungen durch und spricht von einem großem Erfolg. Doch das Gesetz bleibt umstritten.

Die Zukunft der Autobahn liegt jetzt in den Händen der Infrastrukturgesellschaft Foto: dpa

Berlin taz | Die offizielle Lesart ist eindeutig: „Komplett abgedichtet gegen jede mögliche Privatisierung“ werde die neue Infrastrukturgesellschaft, die künftig die deutschen Autobahnen betreiben soll. Das erklärte der sichtlich zufriedene SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Mittwochabend, nachdem er sich mit den Fraktionsspitzen der Union auf das umstrittene Projekt geeinigt hatte. Ob die Aussage im Gegensatz zu früheren, ähnlichen Zusagen der Partei diesmal stimmt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Fakt ist, dass die SPD gegenüber der Union zwei Grundgesetzänderungen durchgesetzt hat, um eine künftige Privatisierung der Fernstraßen zu erschweren. So dürfen sich private Investoren an der neuen Gesellschaft oder möglichen Tochtergesellschaften weder mittelbar noch unmittelbar beteiligen.

Daneben werden auch Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP), bei denen Privatunternehmen die Straßen planen und betreiben und dafür über einen langen Zeitraum aus Mauteinnahmen oder Steuern bezahlt werden, im Grundgesetz eingeschränkt: Solche Projekte dürfen nicht „das gesamte Netz“ eines Bundeslandes oder „wesentliche Teile davon umfassen“, heißt es im Textentwurf der Koalitionsspitzen. Im Bundestag abgestimmt werden soll er Anfang Juni.

Der Frankfurter Verfassungsjurist Georg Hermes, der den ursprünglichen Gesetzentwurf der Regierung bei einer Anhörung noch scharf kritisiert hatte, sieht den neuen Vorschlag zu ÖPP positiv. „Das hat sich komplett gedreht“, sagte er der taz. Zwar sei nicht definiert, was ein „wesentlicher Teil“ sei, räumt Hermes ein. „Aber das wird dann im Zweifel vor Gericht entschieden.“ Kritisch sieht der Jurist, dass nicht auch eine Schuldenaufnahme durch die neue Gesellschaft in der Verfassung untersagt wurde.

Die Privatisierung durch die Hintertür ist damit nicht vom Tisch

Sven Kindler, Grüne

Auch der DGB sieht die neue Regelung insgesamt positiv – zumal zusammen mit den Regeln zur Privatisierung auch mehr Sicherheiten für die Beschäftigten der Autobahnverwaltungen vereinbart wurden. Der Bundesrechnungshof, bisher auch ein Kritiker der Pläne, konnte den neuen Vorschlag am Mittwoch noch nicht kommentieren; aus der SPD hieß es, die Experten der Behörde seien beim Überarbeiten des Gesetzestextes eng eingebunden gewesen.

Weiterhin abgelehnt werden die Pläne von der privatisierungskritischen Initiative Gemeingut in BürgerInnenhand. „Auch mit der neuen Regelung wird ÖPP weiterhin massiv befördert“, sagte Sprecher Carl Waßmuth. „Und die sind das Lieblingskind von Banken und Versicherungen.“ Auch bezweifelt er, dass großflächige ÖPP durch die Grundgesetzänderung wirklich verhindert werden können. Weil das handelbare Finanzprodukte seien, könne sich jeder Hedgefonds beliebige Mengen zusammenkaufen. „Wie lange sollen die Menschen noch zum Narren gehalten werden mit den ganzen ‚Privatisierungsbremsen‘?“ fragt Waßmuth.

Skeptisch bleibt auch Grünen-Haushaltsexperte Sven Kindler. Die Änderungen der Koalitionsfraktionen seien zwar „ein Schritt in die richtige Richtung“, erklärte er; sie reichten aber nicht aus. „Die Privatisierung durch die Hintertür ist damit nicht vom Tisch“, so Kindler. Neben ÖPP auf Einzelstrecken sei eine teure Beteiligung privaten Kapitals auch weiterhin über Genussscheine möglich.

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1 Kommentar

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • An den zufriedenen Gesichtern von Kauder und Hasselfeldt konnte man erkennen, dass die langfristig angelegte Geschenkverteilung an Banken, Versicherungen und Baugiganten kurz vor dem endgültigen Durchbruch steht.

    Die angeblichen Privatisierungsbremsen der SPD können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Infrastrukturgesellschaft immer noch "privatrechtlich" betrieben werden soll.

     

    Texte, die in letzter Minute in Gesetze hineingedrückt werden, enthalten oft "Gesetzeslücken", die vorsätzlich oder zufällig Möglichkeiten erschließen, die in der vorsätzlich terminierten Hektik von den einen geschickt versteckt und von den anderen übersehen werden.

     

    Diesmal aber kann man schon vor der Abstimmung erkennen, dass die radikalen Privatisierungspolitiker und deren Nutznießer sich trotz aller Beschwichtigungen locker durchgesetzt haben.