Einigung in der Koalition: Rentenpaket bleibt, Verbrenner sollen hocheffizient werden
Die Koalition will ihren Rentenstreit mit einer großen, weiteren Reform lösen. Auf EU-Ebene will sie für Lockerungen vom Verbrenner-Aus kämpfen.
afp | Die Bundesregierung will den Gesetzentwurf zum Rentenpaket trotz der Kritik junger Unionsabgeordneter nicht mehr ändern. Der Entwurf solle in der kommenden Woche dem Bundestag ohne Änderungen vorgelegt werden, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Freitag nach den Beratungen im Koalitionsausschuss. Die Kritikpunkte der jungen Unionsabgeordneten sollten aber in einem begleitenden Entschließungsantrag des Bundestags berücksichtigt werden, in dem eine grundlegende Reform des Rentensystems anvisiert wird.
„Es war der Wunsch der Sozialdemokraten, dass wir diesen Gesetzentwurf nicht noch einmal ändern“, sagte Merz. „Darauf haben wir uns noch gestern verständigt.“ Parallel zu dem Gesetzentwurf sollten die Koalitionsfraktionen aber „einen sehr ausführlichen Entschließungsantrag vorlegen“, der „im umfassenden Sinne“ die Grundzüge einer großen Rentenreform formulieren soll, die im kommenden Jahr auf den Weg gebracht werden soll. Dazu soll noch Ende dieses Jahres eine Rentenkommission eingesetzt werden.
Einem Beschlusspapier der Koalition zufolge soll der Entschließungsantrag mehrere Reformaufträge enthalten, unter anderem die Prüfung einer Verlängerung von Lebensarbeitszeit etwa auch bei Änderungen im Renteneintrittsalter; die Anpassung der Altersgrenze für den Bezug einer Altersrente für langjährig Versicherte; die Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors nach 2031; die Weiterentwicklung flexibler Übergänge in die Rente; und die Prüfung der Frage, ob sich die Rentenentwicklung weiter an der Lohnentwicklung orientieren soll oder an andere Parameter wie an die Inflation gekoppelt werden soll.
Diese große Reform solle im „zweiten Halbjahr 2026 auf den politischen Weg gebracht werden“, sagte Merz. „Das wird eine große Anstrengung für uns, aber wir wollen sie leisten, weil wir wissen, dass wir hier einen Reformstau auflösen müssen“, sagte der Kanzler weiter. „Wir sind entschlossen, das auch zu lösen.“
Im Streit um das Rentenpaket hatten Junge Unions-Abgeordnete kritisiert, dass die Regierungspläne hohe Folgekosten zulasten jüngerer Generationen nach 2031 vorsehen. Sie drohten deshalb, das Vorhaben scheitern zu lassen, wenn es keine Änderungen gibt. Merz informierte die Junge Gruppe nach eigenen Angaben am frühen Morgen über Details der Vereinbarung. Es sei vereinbart worden, dass die endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen in der Fraktionssitzung am Dienstag getroffen werden soll. „Ich rechne mit Zustimmung“, sagte Merz. Er sei für weitere Gespräche mit der Jungen Gruppe über das Wochenende offen.
Der Kanzler zollte den jungen Abgeordneten „großen Respekt für deren Engagement, auch großen Respekt für die Argumente“. Die Reformdiskussion solle nun „mit der gebotenen Ernsthaftigkeit, aber auch mit der gebotenen Geschlossenheit“ vonstatten gehen. CSU-Chef Markus Söder sagte der Jungen Gruppe am Freitag eine „zentral prägende Rolle in der Rentenkommission“ zu, die die Grundzüge einer grundsätzlichen Reform ausarbeiten soll.
Koalition einigt sich im Streit um Verbrenner-Aus
Union und SPD haben sich im Koalitionsausschuss auf eine gemeinsame Position zur Zukunft von Neuwagen mit Verbrennermotor geeinigt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte am Freitag, er werde heute einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben, worin die Haltung der deutschen Regierung beschrieben wird. Darin werde die Regierung „darum bitten“, dass auch nach 2035 „hocheffiziente Verbrenner“ zugelassen werden können.
Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Überarbeitung der CO2-Flottengrenzwerte für Neuwagen und will voraussichtlich am 10. Dezember einen Vorschlag veröffentlichen. Derzeit gilt, dass neue Autos ab 2035 kein CO2 ausstoßen dürfen, was von Verbrennern kaum erreicht werden kann.
CDU, CSU und SPD hatten sich allesamt für Lockerungen dieser Regeln ausgesprochen – im Detail gingen die Vorstellungen aber auseinander. Merz sagte am Freitag, für die SPD sei die Einigung auf die gemeinsame Position „ein weiter Weg“ gewesen, dafür bedanke er sich. „Aber wir standen alle unter dem Eindruck der gegenwärtigen Lage der Automobilindustrie“, fügte der Kanzler hinzu.
Laut Vorschlag der Koalition von Union und SPD sollen nun in der EU auch nach 2035 neben rein elektrischen Fahrzeugen auch Plugin-Hybride und E-Autos mit sogenanntem Range Extender zugelassen werden dürfen – das ist ein ein zusätzlicher Verbrennungsmotor, um während der Fahrt die Batterie aufzuladen. Vor allem aber sollen auch „hocheffiziente Verbrenner“ weiter auf Europas Straßen fahren dürfen.
Merz betonte, der Koalition gehe es um „eine gute Vereinbarkeit von industrieller Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie und den Ansprüchen, die wir an den Klimaschutz stellen“. Beides „wollen wir gut miteinander verbinden“. Der Klimaschutz „darf nicht und soll nicht relativiert werden“, versicherte der Kanzler. „Wir wollen die (Klima)-Ziele erreichen, aber wir wollen sie technologieoffen erreichen.“
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