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Einigung im Fahrplan für KohleausstiegKohleausstieg kommt

Bund und Länder haben sich geeinigt: Der Kohleausstieg kommt bis spätestens 2038. Der Hambacher Forst bleibt, das Kraftwerk Datteln geht aber ans Netz.

Kohlekraftwerk Neurath in NRW: Der Ausstieg kommt vielleicht schneller als ursprünglich vorgesehen Foto: dpa

Berlin afp | Der Bund und die Länder mit Braunkohleförderung haben sich auf einen Fahrplan für die Abschaltung von Kraftwerken geeinigt. Die Einigung wurde bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt erzielt, wie Regierungssprecher Steffen Seibert nach den rund sechsstündigen Beratungen in der Nacht zum Donnerstag mitteilte. Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass das Ende der Kohleverstromung in Deutschland möglicherweise um einige Jahre vorgezogen wird.

Bislang ist als Enddatum für den Kohleausstieg das Jahr 2038 anvisiert. Laut der nun erzielten Vereinbarung solle geprüft werden, ob der Ausstieg möglicherweise schon drei Jahre früher abgeschlossen werden kann, erklärte Seibert.

In dem Treffen habe die Bundesregierung einen „Stilllegungspfad“ für die Braunkohlekraftwerke in Deutschland vorgelegt, dem die Ministerpräsidenten der Länder dann zugestimmt hätten, teilte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit. Die Bundesregierung wolle diesen Plan nun mit den Betreibern der Kraftwerke und Abbaustätten vertraglich festschreiben.

An dem Spitzentreffen bei der Kanzlerin hatten die Länder-Regierungschefs Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt), Michael Kretschmer (CDU, Sachsen), Armin Laschet (CDU, Nordrhein-Westfalen) und Dietmar Woidke (SPD, Brandenburg) teilgenommen.

Hambi bleibt, Dörfer müssen weichen

Vereinbart wurde laut Seibert auch, dass der Hambacher Forst im rheinischen Braunkohlerevier nicht für den Tagebau gerodet werden soll. Die Dörfer müssen aber weichen. Die Forderung von Umweltverbänden, sowohl die Dörfer als auch den Wald zu erhalten, wird nicht erfüllt. Das Waldgebiet war zu einem Brennpunkt des Protests von Klimaschutzaktivisten gegen die Kohlewirtschaft geworden. Laschet schrieb nach der Nachtsitzung im Kanzleramt im Kurzbotschaftendienst Twitter: „Nordrhein-Westfalen geht voran bei Ausstieg aus Kohleverstromung und CO2-Reduktion. Hambacher Forst bleibt erhalten.“

Das umstrittene Kohlekraftwerk Datteln in NRW wird trotz des Ausstiegs ans Netz gehen. „Es läuft ja schon an und es kommt“, sagte Laschet am Donnerstag im Deutschlandfunk. Dafür sollen andere Werke früher abgeschaltet werden.

Die Bundesregierung bekräftigte zudem laut Seibert ihre Zusage, die vom Kohleausstieg betroffenen Bundesländer und Regionen im Zeitraum bis spätestens 2038 mit einer Gesamtsumme von 40 Milliarden Euro zu unterstützen. Sie sagte demnach ferner zu, dass sie Beschäftigten im Braunkohletagebau und in Braunkohle- wie Steinkohlekraftwerken ein sogenanntes Anpassungsgeld zahlen wird. Dieses solle bis 2043 gezahlt werden. Für Beschäftigte im Steinkohlebergbau gibt es diese Zahlungen bereits.

Den Gesetzentwurf zum Kohleausstieg will die Bundesregierung nun noch im Januar auf den Weg bringen, wie Seibert ferner mitteilte. Das Gesetzgebungsverfahren solle im ersten Halbjahr 2020 abgeschlossen werden. Im Vorfeld des Kohle-Gipfels hatten Vertreter der Kohle-Länder auf mehr Planungssicherheit gedrungen. Schon vor einem Jahr war im sogenannten Kohlekompromiss der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 beschlossen worden. Seitdem hatte es aber in den Planungen für die Umsetzung immer wieder Zwist zwischen Bundesregierung und Bundesländern sowie auch innerhalb der Bundesregierung gegeben.

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5 Kommentare

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  • Große Ziele, aber kein Konzept.



    Unter diesen Umständen ist schon jetzt absehbar, was passieren wird:



    Die Energiewende wird ein ähnliches technisches und wirtschaftliches Desaster wie die Bahnreform.



    Wir werden es noch erleben.



    Und leider werden wir es auch bezahlen und ausbaden müssen - da sollte sich keiner irgend welchen Illusionen hingeben ...

  • Der Unfug nimmt Gestalt an. Bestehende Infrastruktur wird verschrottet. Wurde die Sonne wirklich keine Rechnung schicken, dann hätten sich Kohle-Kraftwerke von selbst erledigt. Aber hier sieht man deutlich, daß Öko-Strom nicht konkurrenzfähig ist.

  • Im Text heißt es "dass der Hambacher Forst im rheinischen Braunkohlerevier nicht für den Tagebau gerodet werden soll. Die Dörfer müssen aber weichen." Handelt es sich bei diesen Dörfern um die Dörfer am Tagebau Garzweiler? Die Dörfer Morschnich und Manheim, die beide noch hinter dem Hambacher Forst liegen, können doch eigentlich nicht gemeint sein. Es würde wohl keinen Sinn machen, diese Dörfer noch vollends zu zerstören, wenn der Tagebau nun nicht mehr kommt.

    • @J. Straub:

      Von Manheim ist nicht mehr viel übrig. Wird nicht mehr für Kehle gebraucht, ist aber der RWE halt egal. Neues Gewerbegebiet bringt halt mehr ein als ein Dorf.



      Und der Wald? Die Bagger kommen jeden Tag näher und der wird jetzt nicht gerodet sondern trocken gelegt.