piwik no script img

Einigung der EUAutoindustrie lobt neue Abgasnorm

Die CDU und der Lobbyverband begrüßen die Einigung auf die neue EU-Abgasnorm. Experten kritisieren dagegen „schamlose Kapitulation“ vor der Branche.

Feinstaub und Stickoxide aus dem Straßenverkehr belasten die Gesundheit der Menschen Foto: Marijan Murat/dpa

Berlin taz | Von einer „ausgewogenen Lösung“ spricht die CDU, der Automobilverband VDA sieht „ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Industrie“: Europaparlament und die EU-Staaten haben sich am Montagabend auf eine neue Abgasnorm Euro 7 geeinigt, die ab Juli 2026 für Autos und ab 2028 für Busse und Lastwagen gelten soll. Dabei wurden der Entwurf der EU-Kommission noch einmal abgeschwächt und Fristen nach hinten geschoben. Begründung: Die Automobilindustrie soll nicht über Gebühr mit zu scharfen Grenzwerten „belastet“ werden, damit sie stärker in die Transformation hin zur E-Mobilität investieren kann.

NGOs und Grüne äußerten sich entsetzt: Von einer „schamlosen Kapitulation“ vor der Autolobby sprach Lucien Mathieu vom Verkehrs-Thinktank Transport & Environment. Die neue Norm, die die Grenzwerte der Emissionen für Autos und Kleintransporter bei der alten Regelung von 2014 belässt, werde es den Herstellern ermöglichen, Euro-6-Fahrzeuge als „grünere“ Euro-7-Wagen zu verkaufen, sagte Mathieu.

Von einer verpassten Chance sprach auch der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss. „Wenn die EU und Deutschland weiterhin weltweit die Goldstandards der Industrie setzen wollen, brauchen wir zukunftsweisende Regeln, die die Weiterentwicklung der Industrie vorantreiben.“ Sonst würden die Standards bald in anderen Weltregionen gesetzt.

Neu bei Euro 7 ist, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub und Schadstoffe aus Bremsen und Reifen­abrieb reguliert werden. Erstmals soll es auch Vorschriften für die minimale Lebensdauer von Batterien in Elektroautos geben. Diese sollen nach fünf Jahren oder 100.000 gefahrenen Kilometern noch 80 Prozent der ursprünglichen Leistung und nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern noch mindestens 72 Prozent ihrer ursprünglichen Ladekapazität haben müssen. Darüber hinaus soll jedes Fahrzeug einen Umweltpass mit Informationen über Kraftstoff- und Stromverbrauch oder die Lebensdauer der Batterie bekommen.

2018 starben in der EU mehr als 70.000 Menschen aufgrund der langfristigen Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden aus dem Straßenverkehr.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wenn CDU und Autoindustrie einträchtig eine - neue - Abgasnorm loben, muß etwas grundlegend falsch gemacht worden sein.

  • "2018 starben in der EU mehr als 70.000 Menschen aufgrund der langfristigen Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden aus dem Straßenverkehr."

    Das Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie hat vor rund drei Jahren eine Studie auf der Basis von Daten aus 2015 veröffentlicht. Demnach führte Luftverschmutzung 2015 weltweit zu etwa 8,8 Millionen vorzeitigen Todesfällen bzw. einer durchschnittlichen Verkürzung der Lebenserwartung um 2,9 Jahre. Allerdings enstehen "nur" rund zwei Drittel der Schadstoffbelastung durch den Menschen, insbesondere durch die Nutzung fossiler Brennstoffe (nicht nur im Verkehr). Etwa 5,5 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr wären somit vermeidbar. Der Verzicht auf fossile Brennstoffe würde die weltweite Lebenserwartung um gut 1 Jahr steigern, das Vermeiden jeglicher menschlicher Emissionen um knapp zwei Jahre. In Europa würde die Lebenserwartung um 1,7 Jahre steigen.

    Aber was sagt uns das? Mit der zunehmenden Nutzung fossiler Brennstoffe hat sich die Lebenserwartung bei uns (trotz der schädlichen Emissionen) in den vergangenen 150 Jahren mindestens verdoppelt, von (langfristig und deutlich) weniger als 40 Jahre auf rund 80 Jahre. Dabei geht es im Kern natürlich nicht um fossile Brennstoffe, sondern um die kontinuierliche (und dauerhaft zuverlässige) Verfügbarkeit von Energie im jeweils benötigten Umfang. Energienutzung ohne schädliche Emissionen wäre allemal besser. Das anzustreben ist OK. Energienutzung mit (den realen) schädlichen Emissionen ist aber auf jeden Fall besser als Energieverzicht.

  • "Goldstandards der Industrie"



    Werter grüner Abgeordneter Herr Bloss,



    wenn man nur noch als "Goldkunde" sich die '"Goldstandards" leisten kann, dann stimmt etwas in diesem Lande nicht mehr. Wir brauchen saubere, kleine, bezahlbare Autos, keine unbezahlbaren "Goldstandards".