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Eines der größten RechtsrockeventsRock fürs Vaterland

In Sachsen-Anhalt trafen sich über 800 Rechtsextreme. Sie feierten ihre Bands und verbreiteten Hassparolen. Der Gegenprotest blieb klein.

Am Nachmittag war es beim Rechtsrock-Konzert noch übersichtlich. Bis zum Abend erwarteten die Veranstalter 1500 Rechtsextreme. Bild: Andreas Speit

BERGA taz | „Deutschland, Deutschland über alles, über alles sei geliebt“. Der „nationale Barde“ Frank Rennicke eröffnete am Samstagnachmittag das Rechtsrock-Festival in Berga bei Sangerhausen. Die Strophen gefielen den angereisten Gästen. Bei strahlendem Sonnenschein brandete auf der Wiese in einem Industriegebiet am Stadtrand Applaus auf. Vor der Bühne, an der eine NPD- und eine Schwarz-Weiß-Rote-Fahne wehten, füllte sich der Platz. Auf dem Veranstaltungsbanner an der Einlasskontrolle stand „In Bewegung 2013. Das politische Fest der Nationalen“.

Am Nachmittag waren zunächst noch nicht alle rechten Fans angereist. Patrick Weber, NPD-Kreistagsmitglied im Kyffhäuserkreis, hatte die Veranstaltung angemeldet. Rechts von der Bühne waren Verkaufsstände von Szene-Modemarken und Infotische von verschiedenen Initiativen aufgebaut.

Die NPD-Frauen-Organisationen „Ring Nationaler Frauen“ und das „Gedenkbündnis Bad Nenndorf“ boten ihr Material an. Viele Strukturen der NPD und Gruppen der „Freien Kameradschaften“ präsentierten sich. Ein Solistand für Erich Priebke war aufgestellt. Seit Wochen feiern NPD und Freie Kameradschaften den verurteilten SS-Kriegsverbrecher anlässlich seines 100. Geburtstages.

Die Veranstalter erwarteten über 1500 Teilnehmer. Bis zum späten Nachmittag waren über 800 Gäste gekommen. An die inhaftieren Gesinnungskameraden, die nicht kommen konnten, erinnerte Liedermacher Rennicke von der Bühne aus. Namentlich nannte er den verurteilten Holocaust-Leugner, Horst Mahler.

Fünf Szenebands

Vor allem Jugendliche und junge Erwachsenen wollten die Bands live erleben. Fünf beliebte Rechtsrockgruppen gewannen die Veranstalter für das Festival. Um kurz vor 17.00 Uhr traten „Kinderzimmer Terroristen“ auf, später spielten „Oidoxie“. Deren Szenehit „Rechtsrock“ spiegelt die Motivation der Szenemusiker wieder: „Wir spielen Rechtsrock (...) für's Vaterland. (...) Wir sprengen die Ketten, und schlagen uns frei. Wir kämpfen für Deutschland, und bleiben dabei. (...) Und schreien immer wieder: Heil, heil“.

Als Hauptact sollte am Ende eine der ältesten Rechtsrockbands, „Kraftschlag“, die Bühne betreten. In ihrem neuen Song „Zum Siegen verdammt“ heißt es: „Dort draußen herrscht ein Krieg der nie erklärt worden ist. (...) Ein Kampf der Kulturen gegen eine fremde Religion. (...) Ich scheiß auf Mohammed, die Bibel und den Koran, dieser Kampf hat gerade begonnen, dieser Kampf fängt gerade erst an.“

Nicht nur junge Erwachsene und Jugendliche waren unter den Zuhörern. Zwischen Bierstand und Gulaschkanone liefen auch Kinder herum. Rechte Familien: Vater mit Glatze, Mutter mit blonden Zöpfen. Eine Hüpfburg hatten die Organisatoren für die „kleinen Nationalen“ aufgestellt, einen Clown bestellt. Volksnah und kinderfreundlich wollte sich die „nationale Opposition“ präsentieren.

Auf der Bühne wechselten sich nicht bloß Musiker ab. Verschiedene Redner von der NPD wie der ehemalige Bundesvorsitzende Udo Voigt und von den Freien Kameradschaften traten auf. Die Reden und Lieder mussten der Polizei vorher vorgelegt werden. „Fünf Lieder wurden untersagt“, sagte ein Polizeisprecher vor Ort - „wegen Jugendgefährdung“. Alle Musiker soll es getroffen haben.

Die Maßnahme hinderten Maik Müller von den Freien Kameradschaften nicht, ins Mikrophon zu brüllen: „Wir sind keine Laberpartei, wir sind eine Kampforganisation zur Veränderung der Bundesrepublik“. Der NPD-Bundevize und Landtagsfraktionsvorsitzende, Udo Pastörs, rief: „Die NPD mag man verbieten, den naturgegebenen Nationalismus im Volke aber nicht.“ Deswegen würde aber ein „Euthanasie des deutschen Volkes“ betrieben. Er hetzte gegen „perverse Homos“, „Demokröten“ und „Ausländer“.

Proteste der Bürger

Seit Freitag liefen bereits Proteste gegen das Rechtsrock-Festival in der Gemeinde am Fuße des Kyffhäusers. Auch in Sangerhausen gab es Widerstand. In der nahen Stadt sollte das Festival zunächst stattfinden. Unter dem Motto „Bunt feiern, statt braun unterzugehen“ empfingen ab Samstagmittag Demonstranten in Berga am Bahnhof anreisende Rechtsextreme.

Über 100 Protestierende zogen am Nachmittag vor die Einfahrtsstraße des Industriegebietes. Die Verlegung des Rechtsrock-Konzertes war erst bekannt gegeben geworden, erklärt Stefan Vogt vom Beratungsnetzwerk Rechtsextremismus. Sehr wenig Zeit für die Gegenmobilisierung. Vogt betont aber: „Es war dennoch ein Erfolg weil sich erstmals Anwohner offen gegen rechts zeigten“. Bis 22.00 Uhr war das Festival angemeldet.

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17 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Als Hallenser bis 51 ist mir ein Kindervers in Erinnerung:

     

     

     

    "Der Elefant aus Sangerhausen - läßt einen durch die Latten sausen,

     

     

     

    endet auf "wunderschöner Ton": kennt jemand den Zwischentext?

     

     

     

    Egal. 800 auf sonem Fascho-Teil sind genau 800 zu viel;

     

    Micha - garp.

     

     

     

    ps staatsbürger hat mit ps recht; aber da sind so viele mängel,wo bitte anfangen?

     

    Datum Uhrzeit; Lämmerschwanzhüpfen auf iphone; bei "antworten" & skrol-pfeil= zack ist der Kasten mit text im nirvana! etc etc vulgo: rohrkrepierer

  • T
    Thomas

    Solche Artikel lösen bei mir ein mulmiges Gefühl aus. Einerseits kann man solche Umtriebe nicht unkommentiert lassen. Andererseits bietet man einer Randgruppe ein Riesenforum. Von Berga hätte niemand drei Kilometer weiter etwas erfahren. Und die Auflistung der Musik ermöglicht das Nachgoogeln für junge Menschen, die "auf der Kippe stehen". Es gibt einen alten kinderpsychiatrischen Grundsatz gegen deviantes Trotzverhalten: NICHTBEACHTUNG LÖSCHT!

  • P
    Party45

    Die Warscheinlichkeit das ein Rechtsradikaler eine Terroristische Tat begeht,ist sehr hoch .

     

    Die Vorgaben für die Anwendung der Antiterrorgesetze sind somit gegeben .

     

    Sollte der MAD auf ein anderes Umfeld setzn ?

  • G
    Gastname

    Och wie süß, der Verfassungsschutz feiert ein Fest am Arsch der Welt.

     

    Dagegen sollte man nicht protestieren, man sollte einen Zaun drumherum bauen und dafür sorgen, dass die Leute dort bleiben.

  • @Mike Müller Nun die Teilnehmerzahl von 800 Personen zeigt aber auch, dass es mit der sozialen Basis dieser "HERRschaften" nicht so gut stehen kann. Nichts desto trotz muss man feststellen, dass das Stillschweigende Hinnehmen besonders im "Osten" ein Fakt ist. Andererseits kann ich mich an so manches Wein-, Feuerwehr-, etc. Fest im alten Westen erinnern, wo Reden und Sprüche, wie die im Artikel zitierten, gang und gäbe waren.

  • De Nazis kennen wohl immer noch nicht die SHAEF-Gesetze!!! Und anscheinend auch die Mehrheit der Deutschen im Osten auch nicht. Sonst würde die Mehrheit ganz anderes auf die Nazis reagieren!

    • S
      Störtebekker
      @Quotenmensch:

      Wenn ich da so sehe wessen Kopf sie da zeigen, muß ich sagen rote Nazis sind keine Deut besser. Das wissen die Leute im Osten im Gegensatz zu Ihnen.

      • H
        HansM.
        @Störtebekker:

        Mit Ihrem Komentar beweisen sie lediglich, dass Sie nichts wissen Herr Störtebecker.

  • C
    Christian

    Es würde dem Artikel gut tun, wenn ihn vor dem Veröffentlichen jemand Korrektur lesen würde.

     

    Christian

  • G
    Gabi

    Bitte sorgfältiger (oder überhaupt?)korrekturlesen.

     

    Der Text wimmelt nur so von Rechtschreib- bzw. Tippfehlern. Auch wenn der Inhalt interessant und wichtig ist, macht das Lesen so keinen Spaß. Danke.

  • S
    Staatsbürger

    Die Nazis sind die größten Antideutschen überhaupt, da es nicht deutsch ist, Menschen zu unterdrücken und zu ermorden. Merken Sie sich das: Die größten Vaterlandsverräter aller Zeiten sind die Nazis und die Neonazis. So einfach ist das. Geben Sie diesen "Personen" doch nicht noch die Chance, deutsch sein überhaupt definieren zu dürfen. Michel Friedmann ist hundert mal mehr Deutscher als diese Gewaltverherrlicher, weil sich jeder normale Deutsche für gute Dinge einsetzt. Bei Friedmann kommt ja noch dazu, dass er Jude ist. "Die Juden", welche zwischen 1933 bis 1945 vergast worden sind, waren zum guten Teil auch DEUTSCHE. Also nicht spalten lassen, wenn diese Nazis zum Geschwister Mord aufgrufen.

     

     

     

    P.S.: Die alte Kommentarfunktion war wesentlich besser und taziger. Warum mit fortschreitender technischer Entwicklung die Möglichkeiten und die javascriotfreie Handhabung leiden muss, ist nicht erklärbar.

  • MM
    Mike Müller

    Naja, man muss wohl schon dankbar dafür sein, dass überhaupt ein paar wenige Gegendemonstranten offen Position bezogen haben. Tatsache ist aber auch, dass sich in Westdeutschland wohl dreimal so viele Gegendemonstranten organisiert hätten bzw. dass es dort gar nicht erst zu so einem großen Festival von Rechtsextremen gekommen wäre. Das hat schon seinen Grund, warum das ausgerechnet in dieser Gegend stattfand.

     

     

     

    Wir Ossis brauchen uns wirklich nicht wundern, warum wir ständig mit dem Vorurteil konfrontiert werden, dass wir mit Rechten stillschweigend sympathisieren bzw. sie insgeheim gar nicht so schlecht finden. Das Vorurteil wird leider allzu oft von der Realität bestätigt und offenen Protest gegen Rechts hört man von uns kaum. Wir sehen die Faschisten in unserer Nachbarschaft wohl für ganz normal an.

    • @Mike Müller:

      Das ist doch Quatsch. Wenn die in einem Kuhkaff namens Berga (nichts gegen das Dorf) mitten im nirgendwo, wo die nächstgrößte Stadt Sangerhausen mit seinen 30.000 Einwohnern ist, ihr Fest machen, hat das nichts mit Osten oder Westen zu tun, dass da keiner kommt. Wen soll man auch mobilisieren, wo einfach niemand ist? Es ist eben etwas anderes, wenn es da passiert, wo es die Leute stört, dann kommen sie auch - und gerade - im Osten. Erst vor Kurzem haben in Halle an der Saale hunderte Gegendemonstranten einen Naziaufmarsch völlig verhindert.

       

       

       

      In Sangerhausen waren übrigens fast nur Menschen aus der näheren Umgebung von Sangerhausen oder Sachsen-Anhalt da. Was nicht geklappt hat, war, überregional eine Demonstration gegen die Nazis zu organisieren. Die Nazis sind aus halb Deutschland extra angereist. Wo war denn die westdeutsche AntiFa gestern? Jedenfalls nicht in Sangerhausen.

       

       

       

      Oh und Lurchi, wenn Sie glauben, Nazis seien im Osten irgendwie honorige Persönlichkeiten oder wie sie das nennen "Kaufmänner", dann irren Sie aber gewaltig. Auf diesem Fest waren fast ausschließlich besoffene, glatzköpfige Assis in Thor-Steinar-Klamotte mit ihren hässlichen wasserstoffblonden möchtegern-arischen Bräuten, die aus halb Deutschland extra angereist sind - typische Klischeenazis, die man auf den ersten Blick als solche identifiziert hat. Dagegen sehen die Faschos wie sie im Film "Kriegerin" dargestellt werden, ja geradezu unverdächtig aus.

    • L
      Lurchi
      @Mike Müller:

      "Wir Ossis"? So bezeichnen Sie sich immer noch? Schade, ich hatte gedacht, dass die Ostdeutschen die Westdeutschen nun mal langsam akzeptieren.

       

      Wenn es bei uns zwischen Ost und West schon so losgeht mit der unterschiedlichen Identität, wundert man sich doch über nichts mehr.

       

      Was die Rechtsradikalen in der nachbarschaft betrifft: Was wollen Sie denn auch machen? Ein Transparent aus Ihrem Fenster hängen, das Ihre Einstellung bekundet? Die Leute angiften? Ein bisschen schwirig, wenn der Kaufmann aus dem Ort dabei ist und Sie dort Ihre Brötchen holen.