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„Eine gewisse Farbigkeit“

■ Die Baustelle Bremer Kunsthalle: Ein Blick in den Rohbau und in die Zukunft

Die große Innentreppe ist weg, der Niederländersaal hell wie noch nie, der unsägliche Linoleumboden endlich raus. Acht Monate nach dem Umbaubeginn der Bremer Kunsthalle sind dort die wichtigsten Abbrucharbeiten vorbei. Es wird zwar noch an einigen Stellen geprökelt, doch es ist durchaus bereits vorstellbar, wie es bis Februar '98 werden kann. So lautete gestern auch die Aufgabe: „Sagen Sie den Leuten, was drinnen passiert, was man draußen nicht sieht“, mit diesen Worten hatte Kunsthallendirektor Wulf Herzogenrath zum Ortstermin geladen.

Zu sehen sind: Bauarbeiter mit Helmen, die zur Pause in Kleingruppen zusammenstehen und Cola-Dosen in Waschbecken hinterlassen haben. Sowie Löcher, Geröllhalden, Schächte, Kabel und viel Staub. Hinzu kommen viele graue Wände, einige Stofftapetenfetzen und Stahlträger. Das erste Etappenziel des 21 Millionen Mark teuren Kunsthallenumbaus ist somit plangemäß erreicht: Es sollte alles bloßgelegt werden, damit schon immer Störendes dann endlich weg kann.

Im Visier hatten dabei der Kunstverein, das eigens gegründete „Kuratorium zur Erneuerung der Kunsthalle“ und das Bremer Architekturbüro Dahms & Sievers vor allem die monströse Haupttreppe im Foyer. Mehrfach umgebaut, war sie in ihrer Endfassung aus den Sechzigern Zeugnis des „Schindluders, der damals aus Modernitätsvorstellungen und Geldmangel betrieben wurde“, so Herzogenrath. Der Aufgang sollte aus dem „Herz“ der Halle an die Seite weichen. Das ist bereits geschehen: Die Mitte ist frei für die Kunst. Und die Statik blieb davon unbeeinflußt – die Träger aus Holz (von 1849, dem Ursprungsjahr), aus rostigem Stahl (vom Umbaujahr 1905) und aus rot bemaltem Stahl (von einer Schnellmaßnahme nach dem Bombenschaden 1944), sie alle halten.

Das ist äußerst günstig für den Zeitplan und macht den Kopf so langsam wieder frei für Gedanken ans noch weggepackte Interieur. 500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche wird es künftig geben. Einmal durch den freien Platz im Foyer. Und zum zweiten wird das zweite Obergeschoß nun durch die neue Treppe ebenfalls zugänglich. Sie soll übrigens schlicht und weiß aussehen, mit vielleicht gelbem Parkettholz darauf. Dem rausgerissenen Linoleumboden folgt helles Eichenparkett, und für manche Räume überlege man inzwischen eine gewisse Farbigkeit, verrät Herzogenrath und erinnert an die entdeckten Stofftapeten in tiefem Rot und Grün mit Längsstreifen und Rankenmustern.

Ansonsten wollen der Direktor und der Baubeauftragte der Kunsthalle, Willy Athenstädt, im Moment gar nicht so viel über neue Kunstkonzepte reden, das sei erst wieder in etwa anderthalb Jahren aktuell. Einstweilen werden die Kunsthallenschätze lieber gezielt anderswohin verliehen: nach Delmenhorst zur Picasso-Ausstellung oder zu „Paula Modersohn-Becker in Bremen“, ab nächster Woche in der Böttcherstraße.

So wurde also im unfertigen, neuen Kunsthallenrohbau gestern doch mehr der Grundstücksplan erörtert. Vieles davon ist klar, wenn auch noch nicht letztendlich sichtbar: Der Eingangsbereich bekommt eine große Glasfront mit einer Drehtür zwischen den Säulen. („Das geht alles da durch, die Drehtür der Hamburger Kunsthalle mit einer dreifachen Besucherzahl schafft das auch“, sagt Herzogen-rath.) Linkerhand folgen dann Kasse, Museumsshop und Garderobe, rechterhand eine Ruhe-, Aufenthalts- und Wartezone, kombiniert mit einem „multimedialen Informationsraum“ zu den Ausstellungen.

Fest steht außerdem, daß der Fußweg vor der Kunsthalle ab der Wallkreuzung bis zum Haupteingang auf 80 Zentimeter hochgezogen wird (was den ebenerdigen Zutritt garantiert) und zum Gerhard-Marcks-Haus hin dann wieder abfällt.

Warum der Niederländersaal so hell wie noch nie ist? Drei große Fenster zum AltenWall hin wurden freigelegt. Leider sind sie an der Südseite, lassen also viel zu viel Sonne in den Raum und müssen wieder zugemauert werden. Zur Zeit zweifellos die schönste Baustellenstelle.

sip

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