: Ein sauteures Regal
Skandal in Bhv: Ein Rechnungsprüfungsbericht enthüllt, dass OB Schulz (SPD) sich einen viel zu teuren Umbau seiner Amtsräume genehmigte.
Gute Möbel, das weiß jeder, sind teuer. Wenn sie dann noch in einem Raum stehen, der auch zum Repräsentieren genutzt wird, müssen sie nicht nur robust sein, sondern auch was hermachen. Das dachte sich offenbar auch der Bremerhavener Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD), der vor zweieinhalb Jahren Mobiliar für sein neues Dienstzimmer orderte. Ein schickes Regal sollte es sein und wurde es dann schließlich auch. Nett anzusehen und kaum genutzt (es stehen lediglich zwei Schiffsmodelle und ein wenig Kleinkram in den Fächern), fristet das exklusiv angefertigte Möbelstück nun sein Dasein im Bremerhavener OB-Büro. Exklusiv ist auch der Preis des edlen Stücks: 42.576,78 Mark stellte ein Delmenhorster Bauunternehmen der Stadt Bremerhaven für die „Regalwand aus Kunststein mit Borten aus Verbundsicherheitsglas“ in Rechnung. Das geht aus einem vertraulichen Berichtsentwurf des Bremerhavener Rechnungsprüfungsamts hervor.
Das knapp 50 Seiten starke Papier, dass sich mit der Umbaumaßnahme des gesamten Oberbürgermeisterbereichs vor zweieinhalb Jahren befasst, hält noch weitere Überraschungen bereit. Zum Beispiel die, dass damals keine tragenden Wände versetzt wurden. Dies war nämlich eine Begründung, warum die Umbaumaßnahme so teuer wie ein Einfamilienhaus wurde. 290.000 Mark kosteten die Arbeiten.
Die Rechnungsprüfer schreiben wörtlich: „Inwieweit hier die Presse bewusst falsch informiert wurde, um einer aufkeimenden Diskussion der Umbaumaßnahme in der Öffentlichkeit den Boden zu entziehen, oder ob es sich um eine unbeabsichtigte Fehlinformation des Pressesprechers handelte, vermag das Rechnungsprüfungsamt nicht zu klären.“ Sauber gearbeitet haben die Rechnungsprüfer. Denn auch ein Architektursachverständiger schließt sich der Einschätzung des Amts an.
In Bremerhaven schlagen die Wellen nach den neuen Erkenntnissen hoch. Paul Bödeker, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Stadtverordnetenversammlung: „Ich weiß nicht, ob man sich bei unserer Haushaltslage solche Sachen erlauben sollte.“ Das Büro sei zu „bombastisch“. Heftige Kritik auch von den Grünen: Deren Fraktionschef Hans-Richard Wenzel: „Wenn der Bericht so stimmt, ist das ein weiteres Glied in der Kette der Peinlichkeiten, die der OB sich leistet.“
Die deutlichsten Worte zum teuren OB-Büro kommen aus Bremen. Der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Jens Eckhoff, sagt: „Wenn die Vorwürfe so zutreffen, hat Schulz die Bevölkerung bewusst falsch informiert.“ Dann stelle sich die Frage, ob er noch im Amt zu halten ist.
Beim Magistrat hält man sich noch bedeckt. Der in dem Berichtsentwurf angegriffene Sprecher Wilfried Moritz sagt nur: „Es handelt sich um einen Entwurf, der jetzt geprüft wird.“
Philipp Jahn
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