piwik no script img

Ein Neonazi für den Münchener StadtratLeberkas über alles

Der NPD-Bundesvize Karl Richter kandidiert erneut für den Münchener Stadtrat. Auf dem Ticket einer Bürgerinitiative. Seine Chancen stehen gut.

Darum geht es den Rechten in München: Mehr Leberkas Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Es ist ein Jammer: Wenn Karl Richter im Münchner Bahnhofsviertel Hunger bekommt, findet er nichts zu essen. Dönerbuden und arabische Restaurants stehen dort an jeder Ecke, aber eine Leberkassemmel ist kaum aufzutreiben.

„Immer mehr einheimische Bürgerinnen und Bürger vermissen in München vielerorts das ortstypisch-bayerische kulinarische Gepräge“, schreibt der Rechtsextreme in seiner Anfrage an die Stadtverwaltung, wie viele Dönerimbisse in München pro Jahr eröffnen – und wie viele wegen Hygienemängeln schließen müssen.

1,4 Prozent der Stimmen reichten Karl Richter 2008, um in den Münchner Stadtrat einzuziehen. Eine 5-Prozent-Hürde existiert auf kommunaler Ebene nicht. Rechte Parteien schaffen es deswegen immer wieder in Stadtparlamente. Richter ist aber kein gewöhnlicher Rechtspopulist, sondern ein hochrangiger Neonazi: Er amtiert als stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD. In München treten er und seine Kameraden unter dem Label der Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) an. Bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag könnten sie einen zweiten Sitz hinzugewinnen.

Nach Richters Einzug in den Stadtrat einigten sich die übrigen Parteien auf einen konsequenten Kurs: Die Anträge des Rechtsextremen lehnen sie geschlossen ab, und seine Redebeiträge ignorieren sie. „Ich bin erleichtert, dass es der NPD überhaupt nicht gelingt, ein rechtsradikales Spektakel zu veranstalten“, sagt der scheidende Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).

Richters Anfragen muss die Stadtverwaltung dennoch beantworten. Sie fasst sich aber so kurz wie möglich. „Die Zahl der Dönerstände kann nicht gesondert aus der Gewerbedatei abgeleitet werden“, antwortete sie in der Causa Leberkas.

Provokation um jeden Preis

Aufmerksamkeit bekommt Richter nur, wenn er provoziert. So wie 2008, als er bei seiner Vereidigung den Hitlergruß andeutete und später zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Ein Prozess droht ihm erneut: Im Februar hatte die Initiative Plakate gegen die städtische Förderung von Homosexuellen aufgehängt. Darauf prangte ein durchgestrichenes Piktogramm: zwei Personen, eine gebückt vor der anderen. Die Stadtverwaltung zeigte Richter an.

Am Mittwoch wurde öffentlich, dass er sich in eine Flüchtlingsunterkunft schmuggelte und sich dort mit afrikanischen Asylbewerbern fotografieren ließ. Die Bilder veröffentlichte er ohne Wissen der Männer im Internet, mit Sprechblasen, in denen er ihre Abschiebung fordert. Der Flüchtlingsrat erwägt ebenfalls, Richter anzuzeigen.

Auf Platz zwei seiner Wahlliste kandidiert in diesem Jahr kein NPD-Mitglied, sondern die Kameradschaftsaktivistin Vanessa Becker. Im „Braunen Haus“, ihrer rechtsextremen Wohngemeinschaft, war im vergangenen Jahr nicht nur der verurteilte Bombenleger Martin Wiese zu Gast, sondern auch André Eminger, Angeklagter im NSU-Prozess.

Bei der Kommunalwahl kommt in diesem Jahr ein neues Auszählungsverfahren zum Einsatz, das kleine Parteien bevorzugt. Mit der Stimmenzahl der vergangenen Wahl käme die BIA dieses Mal auf zwei Sitze.

Womöglich bald eine gemeinsame Fraktion

Erstmals tritt in München auch eine zweite rechte Gruppierung an: „Die Freiheit“, die islamfeindliche Partei des ehemaligen CSU-Sprechers Michael Stürzenberger. Sollten beide Listen in den Stadtrat einziehen, könnten sie eine gemeinsame Fraktion bilden. Zusammen bräuchten sie dafür vier Stadträte. Eine solche Fraktion wäre schwerer zu ignorieren: Sie säße nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen. Außerdem erhielte sie Büros im Rathaus und Geld für Mitarbeiter. Richter schließt eine Zusammenarbeit nicht aus.

Noch hoffen die demokratischen Parteien, dass sich das Problem von selbst erledigt. Dann nämlich, wenn beide Listen gegenseitig voneinander Wähler klauen und keine von ihnen in den Stadtrat einzieht. Einzige Partei rechts der CSU könnte dann die Alternative für Deutschland werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • D
    DaW

    Sehe ich das richtig: Ein Nazi kritisiert, dass sich ausländische Mitbürger um ihren Lebensunterhalt verdienen, indem sie auf eigenes Risiko ein Geschäft gründen?

     

    Ist es Biodeutschen neuerdings verboten, Imbisse zu eröffnen, muss man bei der Gewerbeanmeldung seine nichtarische Herkunft beweisen? Wenn Richter einen Mangel an Leberkäseimbissen erkennt, soll er doch einen aufmachen statt rumzupöbeln. Und wenn nicht er, dann einer seiner Anhänger.

  • M
    Mik06

    Korrektur:

    Die Fraktionsstärke im Münchner Stadtrat ist mit vier und nicht mit drei Stadträten erreicht.

  • Diese gruseligen Gestalten sollten an ihren Leberkassemmeln ersticken.

  • Ja, es ist schon ein Kreuz mit der Demokratie. Wo Richter Recht hat, hat er Recht!

    • C
      cosmopol
      @Frank Passau:

      Aaah ja. Und bzgl. wo hätte er das genau?

      Sieht ja doch ziemlich nach "nirgends" aus.

    • GL
      geh leberkäs essen
      @Frank Passau:

      sprich "Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Türken"? Sie waren sichher einer von den Schülern, die sich dauernd beschwert haben, dass in Geschichte so viel vom NS erzählt wurde.

  • 7G
    7648 (Profil gelöscht)

    (2. Teil)

     

    SG Damen und Herren bie der taz, nachdem Sie so freundlich gewesen waren, hier auch noch der zweite und letzte Teil meiner Kommunalwahlimpression.

     

    .... Das erste Mal mit meinem Protest-T-Shirt ging ich /diesen/ Weg übrigens während der Weltsicherheitskonferenz, Anfang Februar 2014, die Innenstadt war wie immer abgeriegelt und voller Polizisten. Das T-Shirt hatte ich über einen dicken Pulli gezogen, außerdem Thermounterwäsche darunter. Meine Strecke, war die Idee, führte an möglichst vielen Studenten und Polizisten vorbei ins Literaturhaus, das knapp außerhalb der Sperrzone liegt, die zur Weltsicherheitskonferenz immer errichtet wird, direkt vor so einem Kontrollpunkt. Im Literaturhaus-Restaurant war ich dann zu nervös gewesen, um etwas zu Essen. Nur zwei Weißbier gesoffn.

    Nächstes jahr sollte ich noch den Kontrollpunkt passieren, mich durchsuchen lassen, dann findet der Polizeibeamte eines meiner Bücher in meinem Rucksack und ich weiß nicht, was er dann macht.

    Irgendwo habe ich eine kurze Reportage von damals, so etwas ungefähr: "Die Polizei extrem dumpf, das Literaturhauspublikum extrem dumpf, vergleichbar dumpf sozusagen, eine junge Frau (mein Lieblingspublikum an diesem Tag, die große Ausnahme, vielen, vielen Dank, falls Sie das lesen) brach in lautes Lachen aus, nachdem sie mein T-Shirt gelesen hatte, auf dem Hinweg knapp hinter dem LMU-Hauptgebäude.

     

    Ob ich beliebt und berühmt genug bin, um eine Wahlkampfaussage machen zu wollen, weiß ich nicht? Also lasse ich es. Verkneife ich mir mal einen Witz.

    (Was bringt die Literatin Denise Göffl (Name geändert) ihrer Partei, der SPD, für die sie öffentlich immer ist? Minus drei Prozent.)

     

    Karl Richter, Pfhhh. Der ist doch nur so ne Art Thermometer.

  • In der Ukraine unterstützt Deutschland bewaffnete Nazis, die eine demokratisch gewählte Regierung gewaltsam abgesetzt haben, und bei sich zu Hause will man also nichts mit NPD-Mitglieder zu tun haben?

     

    Das ist nichts anderes als doppelte Standards, Heuchelei und Scheinheiligkeit.

     

    http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/ukraine357.html

    • A
      AUA!
      @Brainer:

      Laut deinem Link haben die Rechten in der Ukraine ca.10%. Also sind die restlichen 90% auch Nazis für dich. Es gibt in den neuen Bundesländern Wahlkreise mit ähnlichen Ergebnissen. Also sind dort auch alle Nazis oder was? Mit der gleichen Logik, werden auch alle Moslems zu gewaltbereiten Extremisten erkläert. Selbstgerechter und dümmer gehts nicht mehr.

      • @AUA!:

        Zitat: "Also sind die restlichen 90% auch Nazis für dich."

         

        Lesen Sie bitte meinen Kommentar genau durch. Sie enthält auch Antwort auf Ihre voreilige Schlussfolgerung.

    • L
      leblos
      @Brainer:

      Tja, was will man machen, wenn das in den deutschen Medien nicht thematisiert wird?

       

      Scheinbar haben die ganze Arbeit geleistet (NPD/Swoboda). Sprechverbot fordert hier niemand - auch nicht Klitschko.

       

      Red: Link entfernt. Bitte vermeiden Sie Links zu Websites rechtsextremer Parteien.

      • L
        LEBLOS
        @leblos:

        "Red: Link entfernt. Bitte vermeiden Sie Links zu Websites rechtsextremer Parteien."

        Hallo Taz-Redaktion. Es handelte sich doch um einen öffentlich zugänglichen Link zu einem Artikel auf der NPD-Homepage. Die NPD schreibt über ein Treffen mit Vertretern der Swoboda Partei und dass die NPD mit der ukrainischen Swoboda kooperiert; schließlich trafen sich Parteifunktionäre beider Parteien bereits mehrmals. Dieser Link diente für mich zur Aufklärung anderer Menschen. Die Seite der NPD zu besuchen ist nicht verboten. Wer seinen Gegner kennen will muss sich mit seinen Gedanken beschäftigen! Ich will das Ihnen nicht unterstellen: aber hätte ich auf die Homepage der Swoboda verlinkt, hätten Sie den Link vielleicht gebracht?!; schließlich treffen sich Vertreter der EU, den USA (McCain, Nuland) regelmäßig mit Swobodas Parteichef und Klitschko trifft sich mit ihm auf der Bühne um die Ukrainer auf Protest einzustimmen, was in Deutschland ja positiv bewertet wird... Oder sollen mit der Streichung des Links solche Überlegungen vermieden werden? NPD in Deutschland verteufeln, in der Ukraine die Swoboda unter den Tisch kehren?

        • Statler , Moderator
          @LEBLOS:

          Lieber Leblos,

          wir haben beschlossen, dass wir nicht auf NPD-Seiten verlinken möchten, auch wenn es von Ihnen "anders" gemeint ist. Wenn es Ihnen ganz wichtig ist, bitten wir Sie, einen Screenshot zu machen und auf diesen zu verlinken. Wir hoffen auf Ihr Verständnis.

           

          Lieber Brainer,

          das hat nichts mit der Gesetzgebung zu tun, sondern unterliegt einzig unserem Hausrecht.

           

          Schöne Grüße an Sie beide

          Statler

        • @LEBLOS:

          Ser geehrte TAZ-Redaktion, die Kritik von LEBLOS über die Löschung des Links ist berechtigt. Die NPD-Webseite ist ja von keinem Gericht verboten worden.

  • 7G
    7648 (Profil gelöscht)

    SG Damen und Herren bei der taz, ich wollte auch eine Kommunalwahlimpression loswerden dürfen,

     

    München, Mittwoch, 12.3.2014

     

    heute Mittag kam ich hier in München am Winterfeldtplatz (Name geändert) an einem Wahlkampfstand der F.D.P. vorbei - es war nun mal die F.D.P., eine andere Partei gab's dort gerade nicht. Wie immer in den letzten Jahren nahm ich nur etwas entgegen, wenn man mein Infomaterial, ein selbstgeschnittener Flyer zu meinem Skandalbuch, auch nimmt, "Ich bin zur Zeit auch sone Art Politik".

     

    //("Sie und Ihr Lauschangriff (Neurohypnose-, Hypnose- und Datenwaffe)

    (Selbst erlebt). (BoD, pseudonym)

    ISBN 978-3000384127, 456 Seiten, 24,90 Euro.

    Versandkostenfreie Direktbestellung an lese.lacy@gmx.de")//

     

    Den hamse jetzt also auch bei der F.D.P..

    Nur der CSU gegenüber würde ich mich das nach wie vor nicht trauen. Die, fürchte ich mich, (...).

     

    Insgesamt habe ich bisher zwei Bücher verkauft, so wie hier verkauft man aber auch keine, das weiß ich schon, die Politiker bauen nur eine mehr oder weniger große Scheiße mit der neuen Information. Das F.D.P. Material warf ich in die nächste Tonne.

     

    Diese Land ist so aberwitzig dumpf. Auf ein T-Shirt gedruckt habe ich den Text übrigens auch, das werde ich am 1. Mai dann wieder spazierentragen, von der Giselastraße bis zum Literaturhaus ungefähr, dort einen Imbiss (oder x Bier) einnehmen, dann zurück.

    Nachdem jedes Wort, das ich höre, und jedes Wort, das ich sage, auf dem Neurohypnosewaffenweg nach wie vor abgehört und gespeichert wird, will ich mich keiner Demo zumuten, bin ich beleidigt, vereinsamt und traurig, und kompensiere so. Nachdem mir die Technologie häppchenweise und viel langsamer als es mir recht ist ausgeschaltet wird, ist mein Ausblick für Mai negativ....

     

    Das erste Mal mit meinem Protest-T-Shirt ging ich /diesen/ Weg übrigens während der Weltsicherheitskonferenz, Anfang Februar 2014,

    (...)

    Karl Richter, Pfhhh. Der ist doch nur so ne Art Thermometer.

  • HS
    horst s

    könnt ihr so einen artikel nicht ein paar tage später veröffentlichen? jede aufmerksamkeit hilft richter und der NPD und morgen ist wahl. da kann der artikel doch noch 48 stunden warten? kopfschüttel!