piwik no script img

Ein Jahr nach Putsch in MaliVon der Politik enttäuscht

Kommentar von Katrin Gänsler

Ein Jahr nach dem unblutigen Putsch in Mali ist der Frust groß. Korruption und schlechte Sicherheit untergraben das Vertrauen der Bevölkerung.

Übergangspräsident Assimi Goita winkt Anhängern in Bamako im Mai nach seiner Ernennung zu Foto: Nicolas Remene/imago

I n Mali war die Erleichterung groß, als Militärs das Regime von Ibrahim Boubacar Keïta in einem unblutigen Putsch beendeten. Keïta hatte seit 2013 nichts dazu beigetragen, den Sahelstaat zu einen, Terrorgruppen zu bekämpfen, jungen Menschen eine Perspektive zu bieten und die Infrastruktur zu verbessern.

Besser gemacht hat es die Junta seitdem allerdings nicht. Die Sicherheitslage bleibt prekär, was zahlreiche Morde an Zi­vi­lis­t*in­nen zeigen. In Bamako ist die Korruption spürbarer als je zuvor. General Assimi Goïta und seine Verbündeten im Übergangsrat haben wiederholt gezeigt, dass es ihnen bloß um Macht geht und den Zugang zu Ressourcen für sich und ihre Familien.

Noch schwerer wiegt, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Politik endgültig verloren hat: Egal, ob ein gewählter Präsident oder Soldaten die Macht haben, immer gibt es nur leere Versprechen. Seit knapp zehn Jahren leben die Menschen in einer Dauerkrise. Es wird für kommende Staatschefs – selbst wenn sie für Mali und nicht nur für sich arbeiten wollen – schwierig bis unmöglich sein, etwas gegen die Politikverdrossenheit zu tun. Es wirft außerdem die Frage auf, was Demokratie bedeutet.

Wahlen gelten als elementarer Bestandteil der Demokratie. Auf sie drängt die internationale Gemeinschaft und wiederholt ihren Fehler von 2013. Denn Wahlen sind, nicht nur in Mali, oft Fassade und sie sagen wenig über den Zustand eines Landes aus. Noch vor einer Wahl sind umfassende Reformen und ein besserer Schutz der Menschen gerade im Zentrum und Norden des Landes notwendig. Doch wer das in Mali umsetzen könnte, ist aktuell unklar.

Umso wichtiger ist es, dass die internationale Gemeinschaft Mali nicht alleine lässt. Zwar ist die Kritik an den Militärmissionen teils berechtigt: In den vergangenen acht Jahren konnten sie nicht zu einer nachhaltigen Stabilisierung beitragen. Doch was würde passieren, wenn Mali künftig ohne Unterstützung wäre? Auf die malischen Streitkräfte jedenfalls ist keinerlei Verlass.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!