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Ein Deutscher im UrlaubSouvenirs aus Italien

Am Pool liegen, im Hotel schlafen, im Restaurant essen. Schön. Aber wer Urlaub macht, muss auch enttäuscht werden. Sonst gibt's zu Hause nichts zu erzählen.

Wer Urlaub macht, muss enttäuscht werden. Sonst gibt es zuhause nichts zu erzählen Foto: fossiphoto/imago

V or einem Jahr hast du deinen Urlaub gebucht. Ein grauer Deckel sitzt ein Großteil des Jahres auf dem deutschen Topf, und plötzlich soll er geöffnet werden und die Sonne reinscheinen? Nur unbeholfen kann dir dieser Übergang gelingen. Genuss ist dir fremd. Unbeholfenheit steht dir.

Im Flugzeug siehst du dich um und belächelst die Engländer, die einiges für das In-Flight-Essen zahlen müssen, während du lüstern deiner Stulle ihr Aluminium-Kleid ausziehst. Du landest und applaudierst dir selbst. Dass du deinen Koffer vorher gewogen hast, schützt dich nicht davor, dass du ewig am Gepäckband warten musst. Deine Oberlippe bebt.

Die Autovermietung fragt dich, welche Versicherung du abschließen möchtest. Du gibst zu, dass du bereits die Doppel Diamant Premium-Versicherung vom ADAC hast. Statt einem Volkswagen bekommst du einen Fiat.

Was du hasst, ist, was du liebst

In dem Hotel, das eigentlich nur für Erwachsene ist, laufen Kinder in der Lobby. Ein anderes Hotel sei überbucht und einige Gäste hierher verlagert und es tue dem Hotel unglaublich leid und du würdest in eine größere Suite versetzt, versichert ein Rezeptionist.

Du gibst vor, enttäuscht zu sein, doch auf deinen Lippen macht sich ein Lächeln breit. Nicht etwa wegen des Zimmers, sondern weil du ein Fressen gefunden hast. Denn was du hasst, ist, was du liebst. Du betrittst dein Nichtraucher-Zimmer, das auch wie eins riecht. In einer Ecke steht ein gläserner Aschenbecher. Er wird nicht ausreichen, um den Rezeptionisten erneut zu konfrontieren.

Beim Frühstück gibt es keine Wurst und keinen Käse. Deine Frau berichtet, dass es im letzten Hotel eine Konfitüren-Sorte mehr gab. Sonntags werden im Hotel Eier serviert und du bestellst ein Omelette. Die Kellnerin warnt, dass das nicht im Preis inbegriffen sei. Du steigst auf ein hartgekochtes Ei vom Buffet um. „Wollte ich ohnehin nehmen“, sagst du zu deiner Frau. Noch nie hat ein Ei so gut geschmeckt.

Hauptsache authentisch

Am Pool zeigt sich, wie fehl am Platz du bist. Dein schwitzender weißer Körper, der von juckenden Mückenstichen übersät ist, macht es sich auf einer Sonnenliege gemütlich. Deine Haare kleben dir an der Stirn und du beklagst, dass die Sonne zu heiß und das Wasser zu kalt sei. Zufrieden verschränkst du die Arme hinter deinem Kopf. Endlich angekommen.

Du setzt dich in ein Restaurant, in dem das Essen nicht schmeckt. In einem italienischen Restaurant in Deutschland, in dem das sämtliche Küchenpersonal aus Rumänien kommt, würdest du sagen, dass das nichts mit echter italienischer Küche zu tun habe. In Italien reicht die geografische Lage aus, um dich sagen zu lassen: „Richtig authentisch hier.“

Das Essen darf schlecht und die Preise zu hoch sein, solange der Wirt dir das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes zu sein. Er spendiert dir einen Grappa und du bist richtig angekommen. Um dich rum sitzen andere Deutsche. Entweder wirfst du deiner Frau einen Blick zu, der sagt, dass du nicht zu ihnen gehören willst, „La quenta per favore“, oder du drehst dich um: „Ach nein, Sie kommen auch aus Deutschland?“ Gleichgültigkeit in Bezug auf andere Deutsche gibt es nicht.

Der Körper bebt vor Selbstgerechtigkeit

Am Ende zahlst du deine Rechnung. Du gibst zu viel Trinkgeld, aber zahlst mit Karte, nicht bar, damit alles mit rechten Dingen zugeht und der Besitzer auch ja Steuern abgibt. Dein Körper bebt vor Selbstgerechtigkeit, als dir der Betrag für die Mehrwertsteuer auf der Rechnung entgegenfunkelt.

Zuhause berichtest du, wie herrlich dein Urlaub war. Es dauert nicht lange, bis du deine Souvenirs auspackst. Deine Souvenirs sind die gesammelten Anekdoten darüber, was du an deinem Urlaub auszusetzen hattest. Du tauschst sie mit deinen Bekannten aus und freust dich, wenn deren Urlaub miserabler klingt als deiner. Auch wenn es genau diese Dinge sind, die deinen Urlaub vollkommen machen.

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Valérie Catil
Gesellschaftsredakteurin
Redakteurin bei taz zwei, dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Studierte Philosophie und Französisch in Berlin. Seit 2023 bei der taz.
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1 Kommentar

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  • gähn.... das übliche ich bin besser als der durchschnittstourist...