Eigentümer-Demo gegen den Mietendeckel: Die Claqueure der Immo-Lobby
Es war geradezu grotesk, wie sich Vermieter und Bauwirtschaft als Freunde der kleinen Leute und Gegner einer Gentrifizierung inszenierten.
D ie Immobilien-Wirtschaft in Berlin wäre derzeit wohl gerne jemand anderes: Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis etwa oder ein Freund der kleinen Leute und eine gegen Verdrängung eintretende soziale Bauwirtschaft. Um dieses Bild jedenfalls ist die PR-Maschinerie der Immo-Lobby sehr bemüht, als am Montagvormittag über 1.000 Vermieter*innen, Handwerker*innen und Vertreter der Bauwirtschaft gegen den Mietendeckel der rot-rot-grünen Berliner Landesregierung demonstrierten.
Dabei ist dieses inszenierte Bild natürlich Quatsch. Denn wer in Berlin mal eine Wohnung gesucht hat, weiß, dass der ideale und soziale Vermieter in Berlin mindestens so selten ist wie angeleinte Kampfhunde mit Maulkorb in Neukölln. Die Redner*innen auf der Vermieter-Demo verschweigen dabei nur zu gerne, wie es zum Mietendeckel gekommen ist: durch unsoziale Mietpreiserhöhungen, Spekulation mit Wohnraum und Verdrängung von armen Mieter*innen nämlich. Zu den großen Mietendemos Berlins kamen regelmäßig über zentausende Menschen.
Dass die Vermieter und Eigentümer sich nun vor dem Brandenburger Tor als Freund dieser kleinen Leute inszenieren, wirkt dann schon mal ein bisschen blöd, wenn die Redebeiträge von Vermietern mit enttäuschten Rendite-Erwartungen gehalten werden, die sich mehr von ihren Investitionen versprochen haben – bei Spekulation kann man sich halt auch verspekulieren.
Richtig quatschig wird aber diese Repräsentationsschieflage, wenn dann auf der Vermieter-Demo viele abhängig beschäftigte Handwerker*innen mit ihren Baufirmen-Chefs mitlaufen (müssen) und dafür den halben Tag frei bekommen – nur um dann nachmittags bei vollen Auftragsbüchern weiter für die teure Miete zu schuften.
Empfohlener externer Inhalt
Geradezu armselig wird es, wenn die von der Bau-Wirtschaft finanzierte Kampagne gegen den Mietendeckel offenbar nicht mal genug Leute hat, die freiwillig Unterschriften sammeln. Das jedenfalls legt ein Stellengesuch nahe, dass derzeit auf Twitter kursiert: Wer sich für die Immo-Lobby mit Klemmbrett in die Kälte stellt, bekommt demnach 13 Euro die Stunde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau