Ehrung für Widerstandskämpferinnen: Unter den Völkern gerecht
70 Jahre nach Kriegsende werden vier Frauen in Yad Vashem geehrt. Der deutsche Staat hatte ihnen zu Lebzeiten jede Anerkennung verweigert.
Am Freitag gedachten Vertreter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Yad Vashem aus Jerusalem und die Botschaft des Staates Israel in Berlin vier Frauen, die zu ihren Lebzeiten keine Ehrungen erfahren haben. Schon gar nicht galten sie im Nachkriegsdeutschland als Lichtgestalten.
Yad Vashem hatte die Widerstandskämpferinnen schon vor einigen Jahren als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet, weil sie verfolgte Juden gerettet haben. Doch weil sich keine Nachkommen der so Geehrten finden ließen, wurde die Gedenkveranstaltung erst jetzt nachgeholt.
Eine der vier ist Hedwig Porschütz. Anerkennung hat sie, die zusammen mit ihrer Mutter den Titel „Gerechte unter den Völkern“ posthum erhielt, zu ihren Lebzeiten niemals erhalten – eher das genaue Gegenteil. Porschütz hat zwischen 1943 und 1945 vier Juden versteckt, von denen drei durch ihre Hilfe überleben konnten. Als politisch Verfolgte galt sie nach dem Krieg deshalb aber noch lange nicht. Ihr entsprechender Antrag wurde 1956 in West-Berlin mit der Begründung abgelehnt, ihre Hilfstätigkeit sei nicht dazu geeignet gewesen, das Nazi-Regime zu unterhöhlen. Eine kleine Rente verweigerte man Porschütz wegen ihres angeblichen „niedrigen sittlichen und moralischem Niveaus“.
Lebensmittel nach Theresienstadt
Denn Hedwig Porschütz hatte ab den 1920er Jahren am Berliner Alexanderplatz als Prostituierte gearbeitet. Sie lebte in einer Mansardenwohnung, und dort, in einem einzigen Bett, überlebten auch ihre vier jüdischen Schützlinge, die sie aufgenommen hatte und zudem mit Lebensmitteln versorgte. Wenn ein Freier seinen Besuch ankündigte, mussten sie kurzfristig auf die Straße ausweichen, berichtete der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel.
Porschütz beließ es nicht bei dieser Hilfe. Sie unterstützte den Kleinfabrikanten Otto Weidt, der in seiner Berliner Werkstatt verfolgten Juden half. Sie besorgte für die Jüdin Inge Deutschkron einen Ausweis. Porschütz packte über 150 Pakete mit Lebensmitteln und schickte sie in das Ghetto Theresienstadt.
Doch nach dem Krieg zählte das alles nicht. Was galt, waren die Justizakten. Und aus denen ging hervor, dass Hedwig Porschütz 1944 zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden war, weil sie Schwarzhandel mit Speck betrieben habe - eine Verbrechen gegen die Kriegswirtschaftsverordnung. „Die Begleitumstände zur Beschaffung der Lebensmittel“ schlössen eine Ehrung aus, hieß es 1958.
Die Antragstellerin sei vielmehr „gewerbsmäßig der Unzucht nachgegangen“, zitierte die Berliner Verwaltung aus dem Urteil von 1944. Der Richter, der sie damals verurteilt und auch an Todesurteilen gegen 80 Menschen mitgewirkt hatte, erhielt dagegen ganz selbstverständlich erst Gehalt uns später seine Pension. „Es waren harte Zeiten, dazu zählten harte Urteil“, erklärte er, und dass er sich nicht vorzuwerfen habe.
Noch immer kein Dank aus Deutschland
Es existiert kein Bild von Hedwig Porschütz. Das Grab der 1977 Verstorbenen ist längst aufgehoben. Es gibt keine Verwandten. Nichts erinnernte an sie, außer den alten Akten und einer Postkarte, in der sich eine in Theresienstadt inhaftierte Frau für die Pakete bedankt.
Hedwig Porschütz und ihre Mutter, Marie Burde und Martha Grassmann: 70 Jahre mussten ins Land gehen, damit vier mutige deutsche Frauen die Ehrung erhielten, die sie verdient haben. Ihre Auszeichnung kommt freilich nicht aus ihrem Heimatland. Es ist der Staat Israel, der sie für ihren Einsatz zur Rettung von Menschenleben ausgezeichnet hat.
An diesem Freitag sprachen in der Gedenkstätte Stille Helden in Berlin: Der Gesandte des Staates Israel, ein Vertreter von Yad Vashem, eine für die Auszeichnung zuständige Vertreterin der Botschaft Israels, eine Mitarbeiterin der Gedenkstätte und der Direktor der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
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