Ehemaliger VW-Chef und Marktmanipulation: Noch eine Anklage
Martin Winterkorn erwartet wegen des Dieselskandals ein weiterer Prozess. Er muss sich nun auch wegen Marktmanipulation verantworten.
Das Gericht erklärte, Winterkorn solle „trotz Kenntnis von dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung (...) und des sich seit Frühjahr 2015 abzeichnenden erheblichen finanziellen Risikos (...) den Kapitalmarkt vorsätzlich nicht rechtzeitig informiert haben“. Die Anklage der Braunschweiger Staatsanwaltschaft sei daher unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen worden.
Die Strafverfolger hatten auch dem derzeitigen Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess sowie dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Hans Dieter Pötsch, Marktmanipulation vorgeworfen. In ihrem Fall wurde das Verfahren allerdings gegen Geldzahlungen von jeweils 4,5 Millionen Euro eingestellt. Pötsch war zum Zeitpunkt des Auffliegens der Abgasaffäre Finanzvorstand des Autoherstellers.
Nachdem die Manipulationen an Millionen Dieselmotoren im September 2015 öffentlich bekannt geworden waren, stürzte der VW-Aktienkurs zeitweise ab. Investoren sehen sich getäuscht und fordern in einem Zivilprozess Milliarden-Schadenersatz.
Winterkorns Anwalt bestritt die Anschuldigungen
Winterkorns Anwalt Felix Dörr hatte Anschuldigungen, sein Mandat habe früh über das drohende Ausmaß der Dieselkrise Bescheid gewusst, zunächst „mit aller Entschiedenheit“ zurückgewiesen: „Herr Prof. Dr. Winterkorn hatte keine frühzeitige Kenntnis von dem gezielten Einsatz einer verbotenen Motorsteuerungssoftware in US-Diesel-Pkw“, sagte der Jurist. „Wesentliche Informationen, die ihn in die Lage versetzt hätten, bereits bekannte Probleme mit den US-Dieselmotoren zutreffend einzuordnen, erreichten ihn damals nicht.“ Dies sahen Staatsanwaltschaft und Landgericht nun anders.
Winterkorn muss in Braunschweig zusätzlich wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs auf die Anklagebank, zusammen mit vier weiteren teils früheren VW-Führungskräften. Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft hier „nur“ auf schweren Betrug aus gewesen. Das Landgericht ist aber der Auffassung, dass in großem Maßstab „Käufer bestimmter Fahrzeuge aus dem Volkswagen-Konzern über deren Beschaffenheit, insbesondere die Verwendung einer sogenannten Abschalteinrichtung in der Motorsteuerungssoftware getäuscht“ wurden.
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