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Ehemaliger Parteichef verlässt NPDApfel abgefallen

Holger Apfel hat die NPD verlassen: Die Folge einer Intrige oder von berechtigten Vorwürfen? Die Linke warnt davor, die Neonazi-Partei nun zu unterschätzen.

Ist schon länger nicht mehr relevant: Holger Apfel im sächsischen Landtag. Bild: dpa

HAMBURG taz | Noch sitzt er ganz rechts. Ganz rechts und ganz vorne, vom Landtagspräsidium aus gesehen. Im kommenden Jahr muss Holger Apfel einen neuen Platz erhalten, denn der ehemalige Bundesvorsitzende der rechtsextremen NPD ist aus der Partei ausgetreten. Damit kommt er einem drohenden Parteiausschlussverfahren zuvor.

In einem Brief an das Parteipräsidium um den kommissarischen Bundesvorsitzenden Udo Pastörs soll der 42-jährige Apfel seine Entscheidung dargelegt haben. Sein Landtagsmandat will der ehemalige Fraktionsvorsitzende aber nicht abgeben. Seit 2004 ist Apfel für die NPD im Dresdener Landtag.

Noch am Heiligabend begann auf dem Szeneportal Altermedia die Häme zu dem Austritt von „Holger Apfel und seiner Frau Jasmin Apfel“. „Ist das die 'frohe Botschaft', von der man um die Weihnachtszeit immer so viel hört?“ wird höhnisch gefragt. „Ist doch die beste Nachricht des Jahres!!!“ heißt die Antwort und weiter: „Wurde auch Zeit das wir diesen faulen 'APFEL' endlich los sind“ (sic!). Dass er sein Landtagsmandat nicht an die Partei abtritt wird abschätzig erklärt: „Na ja, wir haben ihm ja wenigstens ab dem 55. Lebensjahr eine anständige Altersversorgung besorgt“.

Am Sonntag hatte das Parteipräsidium Holger Apfel noch aufgefordert vermutete „Verfehlungen in der Vergangenheit“ lückenlos aufzuklären. Einen „umfangreichen Fragenkatalog“ sollte Apfel beantworten, da er am Donnerstag bei seinem Rücktritt vom Bundes- und Fraktionsvorsitz mit der Erklärung „Krankheitsgründe“ nur einen „Teil der Wahrheit“ gesagt haben könnte.

Für die Politik keine Rolle mehr gespielt

Seit vergangener Woche wabert durch Partei und Presse der vermeintliche Vorwurf eines sexuellen Übergriffes auf einen Wahlhelfer bei dem letzten Bundestagswahlkampf. Apfel selbst hat bisher indirekt diese Vorhaltung abgestritten, sprach von „ehrverletzenden Verleumdungen“. Diese seien „zwar haltlos“, schrieb Apfel weiter, aber ihm sei bewusst, dass er diesen „Makel nicht losbekommen“ werde.

Bis zur Neuwahl eines Fraktionsvorsitzenden wird der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Müller „die Aufgabe“ wahrnehmen, heißt es auf der Webseite der Landtagsfraktion. „Angeschlagene Boxer sind am gefährlichsten“, warnt indes Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der Linken in Sachsen. Apfel habe für die Arbeit der NPD-Fraktion schon seit Monaten keine Rolle mehr gespielt, sagte sie der taz.

Für einen möglichen Wiedereinzug seien „jene Akteure wichtiger, die die rassistische Welle in Sachsen“ vorantreiben würden. „2004 ist die NPD nicht wegen Apfel gewählt worden, sondern wegen Hartz IV“, sagt Köditz. Am 31. August sind in Sachsen Landtagswahlen. Die NPD hofft auf einen Landtagseinzug – zum dritten Mal in Folge.

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10 Kommentare

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  • Zitat: "Die Linke warnt davor, die Neonazi-Partei nun zu unterschätzen."

    Ich warne dringend davor, die NPD und DIE LINKE zu unterschätzen!

  • Im August 2009 berichtete das ARD-Magazin Fakt, die NPD fordere ihre Mitglieder auf, verstärkt für das Schöffenamt zu kandidieren und so Einfluss auf die Rechtsprechung zu nehmen, um zum Beispiel ein höheres Strafmaß für Ausländer durchzusetzen. Laut dem Bericht sei es der Partei dabei gelungen, eine Kreistagskandidatin im Amtsgericht Riesa als Schöffin unterzubringen.

     

    Noch ein Beweis dafür, dass NPD verschiedene ungesetzliche Mittel einsetzt, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bekämpfen und zu beseitigen.

  • Dass Herr Apfel NPD verlassen hat, spielt beim NPD-Verbotsverfahren keine Rolle. Die Aussagen und Taten von Herrn Apfel können gegen NPD verwendet werden.

     

    Zum Beispiel seine Aussage aus dem Jahre 1998 würde NPD beim jetzigen Verbotsverfahren sehr stark belasten. Denn er sagte unmissverständlich aus, dass der Sinn und Zweck der NPD in der Bekämpfung und Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung liegt.

     

    Beweis

     

    findet sich im Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg 1998 ein Ausschnitt aus der Eröffnungsrede des 1. Tages des nationalen Widerstandes von Holger Apfel, in welchem er die NPD als einzige organisierte Partei darstellt, „die das politische System in der BRD bis auf die Wurzel bekämpft, auch die Wurzel abnimmt. Ja, liebe Freunde, wir sind stolz darauf, dass wir alljährlich in den bundesdeutschen Verfassungsberichten stehen und dort als feindlich, verfassungsfeindlich, gegen dieses System gerichtet genannt sind. Jawohl, wir sind verfassungsfeindlich.“

     

    Dieser Beweis bestätigt, dass das Verbot von NPD sowohl dringend notwendig, als auch verhältnismäßig ist.

     

    Unsere obersten Grundwerte für Demokratie in unserem Land müssen geschützt werden.

  • D
    derSchreiber

    So, nun ist er also weg, der große Vorsitzende, äh kleine dicke Vorsitzende (Zitat aus der Heute Show).

    Aber musste es ein offensichtlich nur wegen seines Peinlichkeitsfaktors gewähltes Bild bei diesem Artikel sein?

    Den Mann mittels seiner dämlichen Aussagen ad absurdum zu führen war euch wohl zu viel über die Feiertage? Ich erinnere nur an den Aufruf zu „Sseriössen Radikalität“.

    Und freuen kann ich mich über diesem Abgang auch nicht, wer weiß, vielleicht finden unsere braune Gesellen ja sogar jemanden der ein wenig auf den Kasten hat und sie doch besser führt als SS-Fehler Holgerchen.

  • "Fallobst zu Mus!"

    Yes, now or never, you Krauts!

  • B
    Beobachter

    Derostillon hat doch den eigentlichen Grund schon gefunden: der Verfassungsschutz zieht seine Mitarbeiter unter teils fadenscheinigen Begruendungen zurueck um das anstehende Verbotsverfahren nicht zu belasten...

  • Wie die Front Deutscher Äpfel mitteilt, war Kamerad Holger trotz (oder wegen) schlecht gewählten Pseudonyms erfolgreich als IM in der NPD für sie tätig:

     

    http://www.apfelfront.de/

  • HH
    Herbert Hausmann

    Politische Gegensätze sind kein Grund, um nicht die gleichen Waffen zu nutzen.

    Warum bricht zumindest die taz nicht diese Regel und zeigt neutrale Fotos?

    • @Herbert Hausmann:

      Weil es keine neutralen Fotos gibt.

    • @Herbert Hausmann:

      Weil die Taz keine neutrale Zeitung war/ist/sein wird.