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Effizienteres Heizen in FriedrichshainHauptsache, es spart

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg rüstet die Heizungen in seinen öffentlichen Gebäuden nach – und offenbar gewinnen alle dabei.

Muss weniger brennen: bezirkliche Gasheizung (Symbolbild) Foto: IMAGO / imagebroker

Berlin taz | Manche Lösungen sehen so einfach aus, dass man instinktiv an ihnen zweifelt. So wie an den vier kleinen grünen Kästchen mit der Aufschrift „Switch“, die neben den Rohren im Heizungskeller der Pablo-Neruda-Bibliothek befestigt sind. Sie sorgen dafür, dass in der Bezirksbücherei von Friedrichshain-Kreuzberg an der Frankfurter Allee weniger geheizt wird, was nicht nur die Kosten, sondern auch den CO2-Ausstoß senkt. Und glaubt man dem Bezirksamt sowie der Firma Valovo, die die grünen Kästchen angebracht hat, merken die NutzerInnen des Gebäudes das nicht einmal.

Auch in den Heizungskellern von neun Schulstandorten des Bezirks – alle im Ortsteil Kreuzberg – kommen die Kästchen seit Frühjahr 2023 zum Einsatz. Im Gegensatz zu der Bibliothek in Friedrichshain und vielen anderen öffentlichen Gebäude im Osten des Bezirks werden diese nicht mit Fernwärme, sondern mit Gas beheizt.

Hier habe man mit der Aufrüstung durch die Valovo-Regelungstechnologie direkt auf die aktuelle Energiekrise und die Verteuerung fossiler Brennstoffe reagiert, erläutert Andy Hehmke (SPD), Bezirksstadtrat für Schule, Sport und Facility Management bei einem Termin am Donnerstag. Zusammen mit Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) stellt er vor, was etwas sperrig „Einsatz einer thermohydraulischen und adaptiven Heizkreisregelung“ heißt.

„Selbstlernend“ und „smart“ sei die Technologie seiner Firma, drückt Valovo-Geschäftsführer Dennis Herrmann es aus. Was genau in den grünen Kästchen passiert, wird Laien auf die Schnelle nicht völlig klar. Dem Unternehmer zufolge wird die schon vorhandene Heizungsregelung „nicht umparametriert“, nur ein Durchflusssensor sei nachgerüstet worden.

18 Prozent Ersparnis

Auf geheimnisvolle Weise schafft es die Steuerungstechnik jedenfalls, die Heizleistung der realen Nachfrage im Gebäude so effizient anzupassen, dass sich der Input spürbar verringert: Laut Bezirks-Facility-Management und Valovo, die beide jetzt das Geschehen in den Heizungskellern digital überwachen können, wurden an den neun Schulstandorten zusammen bislang 18 Prozent Energie gespart.

Restliche Zweifel sollten sich von den folgenden Zahlen ausräumen lassen: Auf Basis der schon verbuchten Einsparungen rechnet das Bezirksamt mit einem Minus von jährlich 220.000 Euro bei den Heizkosten für diese Gebäude. Die Investition von knapp 283.500 Euro habe sich damit bald amortisiert. In der Folge würden noch 42.000 Euro Lizenzgebühren pro Jahr fällig – der Bezirk spart demnach dauerhaft einen sechsstelligen Betrag.

Noch schöner ist natürlich, dass auch das Klima gewinnt: 450 Tonnen CO2 weniger sollen im Jahr emittiert werden – wie Clara Herrmann betont, entspricht das dem Ausstoß eines Verbrenner-Pkw auf 2 Millionen Kilometern oder der Jahresheizleistung von 450 Dreipersonenhaushalten.

Kein Wunder, dass das Bezirksamt am Roll-out der Technologie für den Rest der rund 300 bezirklichen Gebäude arbeitet. Nicht so gut soll sie übrigens bei Ölheizungen funktionieren. Aber das ist laut Andy Hehmke in Friedrichshain-Kreuzberg kein Problem: Exakt noch eine gebe es – und die werde in absehbarer Zeit ersetzt.

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1 Kommentar

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  • 18% Einsparung ist ja nett.

    Noch netter wäre es, wenn die öffentliche Hand in Berlin endlich ihren energetisch miserablen Gebäudebestand auf Wärmepumpen umrüsten würde. Da sind mit Hybridsystemen dann selbst im ungedämmten Altbauten schnell 50% und mehr CO2 Ersparnis drin.

    Oder noch besser - endlich anfangen würde in die ertüchtigung der Gebäudehüllen zu investieren. Gerade als öffentliche Hand kann man ja davon ausgehen, dass die Gebäude auch noch in 50 Jahren selbst genutzt werden. Da machen solche Investition praktisch immer Sinn, weil sich die Sanierung über die Ersparnis der Heizkosten in der Regel innerhalb von 15-25 Jahren amortisiert.