Ebola in Guinea, Sierra Leone und Liberia: Mehr als 10.000 Fälle registriert
In Westafrika verbreitet sich das Virus rasant. Medizinische Helfer, die von dort nach New York zurückkehren, werden nun automatisch 21 Tage unter Quarantäne gestellt.
GENF/BERLIN/NEW YORK dpa/rtr/ap | Die Zahl der registrierten Ebola-Fälle in Westafrika ist auf mehr als 10.000 gestiegen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Samstag sind insgesamt 10.141 Menschen an der Seuche erkrankt, 4.922 davon sind gestorben. Experten gehen weiterhin von einer hohen Dunkelziffer aus. Zudem liegen der WHO für Liberia seit mehreren Tagen keine aktualisierten Daten vor.
In Sierra Leone ist die Zahl der Ebola-Fälle innerhalb von drei Tagen um fast 200 auf 3.896 gestiegen. Dort starben 22 weitere Menschen an der Krankheit, berichtete die WHO in Genf.
Unterdessen müssen US-Ärzte und -Krankenschwestern, die Ebolakranken in Westafrika geholfen haben, sich bei ihrer Rückkehr in den Raum New York einer dreiwöchigen Quarantäne unterziehen. Betroffen von der neuen Vorschrift seien Mediziner und Pfleger, die auf dem JFK Flughafen in New York oder dem Newark Liberty International Airport im benachbarten Bundesstaat New Jersey landen. Das bestätigte die für beide Flughäfen zuständige Behörde, die Port Authority, am Samstag. Der Bundesstaat Illinois zog mit einer ähnlichen Regel nach.
Als erster Fall wurde die Krankenschwester Kaci Hickox nach ihrer Landung in New Jersey am Freitag in eine Universitätsklinik eingewiesen. Dort wurde bei ihr Fieber festgestellt. Inzwischen ergaben Tests, dass sie nicht mit Ebola infiziert ist.
Keiner habe erklärt, was los sei
Hickox kritisierte inzwischen die Art und Weise, wie sie bei ihrer Rückkehr behandelt wurde. In der Samstagsausgabe der Zeitung Dallas Morning News schrieb sie, keiner der Beamten habe ihr erklärt, was los sei und was mit ihr geschehen werde.
Die Exekutivdirektorin von Ärzte ohne Grenzen, Sophie Delaunay, kritisierte, die Regeln seien unklar. Hickox sei keine Quarantäneanordnung ausgehändigt worden, in der die Dauer ihrer Isolation vermerkt werden müsste. Zudem werde sie in einem unbeheizten Zelt festgehalten. Ärzte ohne Grenzen mahnte eine „faire und vernünftige Behandlung“ von Fachpersonal an, das gegen die Ebola-Epidemie kämpfe.
Ähnlich kritisch äußerte sich auch der Leiter des US-Verbands für Bürgerrechte ACLU, Udi Ofer. Zwangsmaßnahmen wie die nicht medizinisch notwendige Isolation von Menschen, die keine Ebola-Symptome aufwiesen, werfe ernsthafte verfassungsrechtliche Bedenken über staatlichen Machtmissbrauch aus, sagte er.
Der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, erklärte in einer Reaktion, er fühle zwar mit Hickox, doch müsse er alles tun, um die öffentliche Gesundheit zu gewährleisten.
„Sicherheitskontrollen nur Aktionismus“
Die Sprecherin des Robert Koch-Instituts (RKI), Susanne Glasmacher, sprach sich gegen zusätzliche Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen aus. Bei allen Reisenden die Körpertemperatur zu messen, gleiche der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, sagte sie am Samstag im Interview mit dem WDR 5 Morgenecho: „Es gibt keine guten Daten, die belegen würden, dass das mehr als Aktionismus ist.“
In Sierra Leone, Liberia und Guinea starten keine Direktflüge nach Deutschland. Glasmacher geht davon aus, dass es in Deutschland höchstens einzelne Ebola-Fälle geben wird. „Die Infektion ist nur übertragbar durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten. Also man muss jemanden schon wirklich anfassen und derjenige muss auch sichtbar erkrankt sein.“
Pflegeschwester wieder gesund
Eine mit Ebola infizierte Pflegeschwester in den USA hat die Krankheit überstanden. Das Virus sei bei ihr nicht mehr nachweisbar, teilte die US-Gesundheitsbehörde NIH National Institutes of Health) am Freitag mit. Sie sei aus der Klinik entlassen worden. Die Frau hatte sich in einem Krankenhaus in Dallas im US-Bundesstaat Texas bei einem Mann aus Liberia angesteckt.
Auch eine zweite Krankenschwester hatte sich bei ihm infiziert. Sie hat die Krankheit nach Angaben ihrer Familie inzwischen ebenfalls überstanden. Am Freitag war der erste Ebola-Fall in New York registriert worden. Der 33-jährige Mediziner der Organisation Ärzte ohne Grenzen war vor wenigen Tagen aus Westafrika zurückgekommen.
Erster Ebola-Toter in Mali
Dagegen ist in Mali ein mit Ebola infiziertes Kleinkind in Mali gestorben. Dies bestätigte der Direktor des Krankenhauses, in dem das Mädchen behandelt wurde, dem französischen Auslandssender RFI am späten Freitagabend. Es war der erste registrierte Ebola-Fall in dem afrikanischen Land während der aktuellen Epidemie. Das Mädchen war nach Medienberichten zuvor in Guinea gewesen, das stark von der Seuche betroffen ist. Die Eltern waren beide an Ebola gestorben.
Die Behörden Maili stellten 43 Menschen unter Beobachtung. Die WHO warnte, es könnten noch viel mehr Menschen hochriskanten Kontakt mit der Kleinen gehabt haben. Ein Flugzeug brachte am Freitag eine Tonne medizinischer Güter nach Mali. Die Ladung umfasste unter anderem Schutzanzüge, Handschuhe, Gesichtsmasken und Eimer, wie das Welternährungsprogramm mitteilte. Diese UN-Organisation ist für die Hilfstransporte zuständig.
Die WHO zeigt sich über den ersten Ebola-Fall in Mali auch deshalb so alarmiert, weil das inzwischen verstorbene Mädchen mit seiner Großmutter in Bussen von Guinea in das Land gereist war und dabei aus der Nase geblutet habe. Dadurch könnte das Kind viele Menschen angesteckt haben - das Virus überträgt sich über Körperflüssigkeiten. Mali ist das sechste Land Westafrikas, das von Ebola erfasst wurde.
Samantha Power reist nach Westafrika
Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power reist am Sonntag in das Ebola-Gebiet in Westafrika, um für mehr Unterstützung im Kampf gegen die Seuche zu werben. Sie wolle sich ein Bild vor Ort machen und die Erkenntnisse dazu nutzen, andere Länder aufzufordern, mehr zu tun, sagte Power am Samstag vor ihrem Abflug.
Power wird zunächst in Guinea erwartet. Anschließend will sie auch Liberia und Sierra Leone sowie der Zentrale der UN-Mission für einen Notfall-Einsatz gegen Ebola (Unmeer) in Ghana einen Besuch abstatten. "Der Vorteil von Kenntnissen aus erster Hand überwiegt das nahezu gegen Null tendierende Risiko, in diese Länder zu reisen, vorausgesetzt ich halte mich an die richtigen Vorsichtsmaßnahmen", sagte Power.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!