piwik no script img

EZB-Test und die italienischen BankenNicht stressresistent

Vor allem italienische Banken haben beim Belastungstest der EZB versagt. Paradox: Eine vermeintlich sichere Anlagepolitik wurde ihnen zum Verhängnis.

Beim EZB-Belastungstest durchgefallen: die italienische Banca Monte dei Paschi di Siena. Bild: ap

ROM taz | Katastrophal gestaltete sich am Montag der Börsenauftakt für die beiden italienischen Banken, die beim EZB-Stresstest durchgefallen waren. Monte dei Pasci di Siena (MPS) hatte am Wochenende von der EZB eine Kapitallücke von 2,1 Milliarden Euro bescheinigt bekommen – woraufhin der MPS-Kurs um 20 Prozent abstürzte. Nicht viel besser erging es der Cassa di Risparmio di Genova. Auf das von der EZB attestierte Manko von 811 Millionen folgte ein Kurssturz um gut 13 Prozent.

Ein Negativurteil über die beiden Banken war im Vorfeld zwar erwartet worden – nicht aber, dass es so hart ausfällt. Und wenige in Italien hatten damit gerechnet, dass gleich neun der 25 europäischen Banken, die in den Augen der EZB zum Stichtag 31. Dezember 2013 das Klassenziel verfehlt hatten, italienische Institute sind.

Gewiss, das Land steckt seit 2008 in einer tiefen Krise. Doch bisher galt die Ansage: „Unsere Banken sind gesünder als die meisten anderen in Europa.“ Es stimmt ja auch: Die italienischen Geldhäuser hatten weder am großen Rad des Derivatehandels gedreht, noch hatten sie – wie in Spanien oder Irland – eine gigantische Immobilienblase aufgepumpt.

Die Konsequenz rechnet die Wirtschaftstageszeitung Il Sole 24 Ore vor: Mit vier Milliarden Euro seien in Italien lächerlich geringe Staatshilfen in den Bankensektor geflossen, während der Staat in Deutschland 250, in Spanien 60, in Irland und den Niederlanden je 50 Milliarden Euro habe lockermachen müssen.

Trotzdem tief in der Rezession

Doch Italien steckt tief in der Rezession. Seit 2007 gingen elf Prozent des BIP verloren. Die Industrieproduktion brach seither um etwa 25 Prozent ein. Drei Millionen Menschen sind ohne Arbeit, Arbeitsmarktforscher gehen von bis zu sechs Millionen aus, wenn man die „Entmutigten“ mitrechnet: alle jene, die die Suche nach einem Job aufgegeben haben, weil sie sich null Erfolgsaussichten ausrechnen.

Befeuert wird die Rezession nicht zuletzt von der Austeritätspolitik: Seit 2010 folgt ein Sparhaushalt dem anderen, wurden Steuern erhöht, Renten oder die Gehälter im öffentlichen Dienst eingefroren.

Die Folgen in den Bankbilanzen blieben nicht aus. Im August 2014 hatten die Institute insgesamt etwa 1,8 Billionen Euro an Krediten vergeben. Eine Summe von 172 Milliarden – ausgereicht an Privat- ebenso wie an Firmenkunden – galt als notleidend. Vor der Krise, 2007, hatten die faulen Kredite gerade einmal 2,8 Prozent ausgemacht, mittlerweile sind es 9 Prozent.

Besonders beunruhigt die Bankvorstände der rasante Zuwachs – um gleich 23 Prozent legte der Wert der notleidenden Kredite gegenüber 2013 zu. Mittlerweile wurde ein Gutteil schon abgeschrieben – aber immer noch stehen am Ende wohl uneinbringliche Forderungen in Höhe von fast 80 Milliarden Euro in den Büchern.

Ein Nein am Schalter

Die Banken reagieren mit einer strengeren Kreditvergabepolitik. Das bedeutet für Privatkunden, die eine Wohnung kaufen wollen, genauso wie für Unternehmer, die Darlehen für Investitionen brauchen, dass ihnen am Schalter oft ein Nein entgegenschallt. Stattdessen investieren Italiens Geldhäuser lieber in Staatsanleihen. Da wird Geld bei der EZB zum Zins von 1 Prozent besorgt und dann in Schatzbriefe gesteckt, die zwischen 4 und 5 Prozent bringen.

Diese Anlagepolitik bescherte zum Beispiel der MPS jetzt beim Stresstest große Probleme. Unter der Testannahme, dass Italien in den kommenden Jahren wieder eine tiefe Rezession erlebt, fänden sich auch diese Anlagen auf dem Niveau von Ramschpapieren. Italiens Banken sind daher erst dann wieder auf der sicheren Seite, wenn das Land den Weg heraus aus Rezession und Stagnation schafft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!