EZB-Hilfen für Italien und Griechenland: Vermeidbare Panik
An der Fast-Eurokrise hat die EZB Schuld. Sie hatte Zweifel an Staatsanleihen aus Ländern wie Italien oder Griechenland gesät.
D ie Eurokrise war nie vorbei. Sie kann jederzeit aufflackern, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) falsch kommuniziert. Diesmal begann das Drama, als die EZB in der vergangenen Woche bekannt gab, dass sie im Juli die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte anhebt. So weit, so gut. Gleichzeitig teilte die Zentralbank jedoch mit, dass sie keine weiteren Staatspapiere mehr aufkaufen werde – ohne klar zu sagen, was die bisherigen Programme ersetzt. Nebulös verkündete EZB-Chefin Christine Lagarde, man werde „bei Bedarf“ mit „neuen Instrumenten“ gegen eine „Fragmentierung“ im Euroraum vorgehen.
Prompt wurden die Finanzanleger nervös und bevorzugten europäische Staatsanleihen, die als bombensicher gelten. Beliebt sind etwa Papiere aus Deutschland. Solche aus Italien, Spanien oder Griechenland wurden hingegen verschmäht, weil nicht mehr klar war, ob sie von der EZB noch gestützt würden. Unter den Investoren grassierte erneut die Angst, dass die südlichen Länder in die Pleite rutschen könnten. Also schossen die Risikoprämien in die Höhe, was die Schulden für die betroffenen Länder schon bald unbezahlbar gemacht hätte. Es drohte ein Teufelskreis: Die panischen Anleger provozierten genau jenen Staatsbankrott, den sie selbst so fürchteten.
Eine Woche währte das verheerende Börsenspiel, dann griff die EZB ein: Am Mittwoch traf man sich zu einer Sondersitzung und stellte klar, dass die Staatsanleihen des Südens auch weiterhin aufgekauft werden, um die Zinsen zu drücken. Diese Notsitzung hätte man sich sparen können – wenn Lagarde von Anfang an deutlich kommuniziert hätte.
Trotzdem bleibt ein Schaden. Fahrlässig hat die EZB den Eindruck erzeugt, dass die südlichen Staatsanleihen nicht sicher sein könnten. Das werden sich die Investoren merken – und bei nächster Gelegenheit erneut testen, ob die Zentralbank hinter allen Euroländern steht. Die Eurokrise ist erst vorbei, wenn die EZB daran keinen Zweifel mehr lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los