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EU zu Krebsrisiken von FarbstoffWarnung vor Titandioxid kommt

Der weiße Farbstoff Titandioxid in Pulverform muss künftig als krebserregend gekennzeichnet werden. Das kündigte die EU-Kommission an.

Weiße Kreide könnte demnächst nicht mehr Titandioxid enthalten Foto: dpa

Brüssel taz/dpa | Wegen Krebsrisiken soll der sehr weit verbreitete Farbstoff Titandioxid in Pulverform künftig einen Warnhinweis tragen. Dies kündigte die Brüsseler Behörde am Donnerstag an. Die Festlegung habe man nach letzten Gesprächen mit den EU-Staaten und Interessenvertretern getroffen. Die formale Entscheidung solle im Oktober fallen, hieß es. Danach folgen aber noch mindestens 20 Monate Vorlauf, bis die neue Pflicht gilt.

Titandioxid wird unter anderem zur Herstellung von Farben, Lacken, Putz oder Mörtel verwendet. Die EU-Kommission folgt einer Beurteilung der europäischen Chemikalienagentur ECHA von 2017, wonach der Stoff in Pulverform krebserregend ist, wenn er eingeatmet wird. Ein Kommissionssprecher stellte klar, dass Titandioxid nicht verboten wird, sondern künftig einen Hinweis auf die Krebsgefahr tragen muss.

Der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie warnte jedoch, nach der neuen Einstufung könnte die Nutzung in Deckmal-Farbkästen und Straßenmalkreiden für Kinder womöglich ausgeschlossen werden. Die Organisation und der Verband der Chemischen Industrie hatten die Pläne schon Anfang der Woche als überzogen kritisiert und an der wissenschaftlichen Grundlage gezweifelt. Die ausschlaggebende Studie sei mehr als 20 Jahre alt, und dabei hätten Ratten über einen sehr langen Zeitraum staubförmiges Titandioxid einatmen müssen.

Unabhängig von der Nutzung in Lacken, Farben und Baumaterialien läuft auf EU-Ebene auch eine Debatte über Titandioxid in Lebensmitteln. Der weiße Farbstoff kommt zum Beispiel in Kaugummis, Zahnpasta oder Mozzarella vor. Hier geht es nicht um Gefahren durch Einatmen, sondern die mögliche Aufnahme von Nanopartikeln. Frankreich will den Stoff ab 2020 in Lebensmitteln nicht mehr zulassen. Eine einheitliche Haltung der EU gibt es aber noch nicht.

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8 Kommentare

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  • Titandioxid-Nanopartikel induzieren in vivo bei Mäusen DNA-Schäden und genetische Instabilität, siehe www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19887611.



    Titandioxid führt zu Rhythmusstörungen und veränderten EKG Werten, wie sie für Herzerkrankungen typisch sind, vgl. www.iww.de/mr/inne...enz-und-ekg-f53333 und



    www.tum.de/nc/die-...gen/details/31077/. Herzrhythmusstörungen führen übrigens oft zu Schlaganfällen und zum Tod.

  • Wenn Titan in den Körper eingebracht wird, oxidiert es permanent. Die etwa bakteriengroßen Titanoxidpartikel werden dann vom Immunsystem als fremd angesehen und von den sogenannten Makrophagen (Fresszellen) gefressen. Mehr als 15 Prozent der Patienten entwickeln bei der Versorgung mit Titanimplantaten Entzündungen. „Wenn es erst einmal so weit kommt, ist es unheimlich schwer, solchen Patienten zu helfen“ (Quelle: www.welt.de/gesund...lantate-sein.html).

  • Ihr schreibt:

    Zitatanfang:



    Die EU-Kommission folgt einer Beurteilung der europäischen Chemikalienagentur ECHA von 2017, wonach der Stoff in Pulverform krebserregend ist, wenn er eingeatmet wird.



    Zitatende.

    Das ist falsch.

    Richtig ist: Die ECHA, genaugenommen der wissenschaftliche Ausschuss RAC der ECHA, hat Titandioxid als potenziell krebserregend nach Inhalation beurteilt und entsprechend die Kategorie Carc 2 vorgeschlagen.

    Vor einem Jahr hat das die Taz, genaugenommen Heike Holdinghausen, noch hinbekommen, den Sachverhalt richtig zu beschreiben. Ich zitiere aus dem Artikel vom 2.10.2018:

    Zitatanfang:



    2017 hatte ein wissenschaftliches Gremium der Europäischen Chemikalienagentur Echa die Staubform von Titandioxid als potenziell krebserregend eingeschätzt …



    Zitatende.

    Warum beschreibt die Taz im Jahr 2019 den Sachverhalt falsch?

    Das interessiert mich als Taz-Genosse und Hochschullehrer. Ihre Antwort oder Ihre Zensurmaßnahmen werde ich für die Wissensvermittlung an junge Wissenschaftler/innen verwenden.

  • Nur eins: "Die ausschlaggebende Studie sei mehr als 20 Jahre alt…, "



    Na, dann ist ja klar, dass das Zeugs gar nicht giftig oder krebserregend sein kann… Im Fach Logik lebenslang gefehlt.



    Grundsätzlich:



    Es sollte ausreichend sein, wenn etwas in "Verdacht" gerät. Dann liegen beriets genug Zweifel vor, um SOFORT ein Verbot auszusprechen, bis zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass eine 100%ige Bedenkenlosoigkeit vorliegt.



    Was soll denn immer dieses Gezerre?



    ☎️ Geht's um Verbraucherschutz oder um den Schutz der Unternehmen VOR dem Verbraucher? ☎️ .



    Immer der gleiche, die Gesundheit gefährdende Schwachsinn.

    • @Frau Kirschgrün:

      "Es sollte ausreichend sein, wenn etwas in "Verdacht" gerät... um SOFORT ein Verbot auszusprechen, bis zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass eine 100%ige Bedenkenlosigkeit vorliegt."



      Zweifelfrei 100% Bedenkenlos Nachweisen läßt sich nur der Tod und auch der erst nach Eintritt der Gammelphase.



      N.B. Es ist genau dass passiert, was vor ca 10-15 Jahren mit dem ersten Nanopartikelhype (NanoSilber, NanoAlu... NanoAhnung) befürchtet wurde: Erst wild rauf los verwenden und dann das Bad mit dem Kinde ausschütten-also TiO2 allgemein verteufeln, obwohl es um Fein- und Nanostäube geht. Hundert pro werden jetzt überall massig Versuchstiere mit Unmengen an Ersatzpulvern bestaubt. Und bei Medizinprodukten muss der unglaubliche auch zeitliche Zulassungsaufwand Aufwand beachtet werden, den jede Änderung bedeutet. Schon nur die Tinte auf der Umverpackung zu ändern dauert ca 2 Jahre - weis ich, habe ich gerade gemacht - nein, es waren keine vierbeinigen Laborratten beteiligt :)

  • Und was will die EU-Kommission damit erreichen? Allgemeine Verunsicherung?

    Entweder entscheidet man auf Grund der vorliegenden Daten, dass TiO2 nicht oder nur in bestimmten Formen und für bestimmte Anwendungen zulässig ist.

    Wie soll ein Verbraucher beurteilen, ob das Risiko, mit TiO2-gefärbte Mozarella zu essen, akzeptabel ist, wenn die EU-Kommission und ihre Experten das nicht können? Welcher Verbraucher kann entscheiden, ob die Menge TiO2, die von der weißen Wandfarbe im Wohnzimmer abgegeben wird, bei ihm Lungenkrebs verursachten könnte oder nicht?

    Ausgerechnet TiO2 wird schon lange genug verwendet, dass man die Gefährlichkeit über epidemiologische Daten aus der Bevölkerung abschätzen könnte.

    Um dann relevante Entscheidungen zu treffen anstatt die Bevölkerung mit unsinnigen Beschreibungen zu verunsichern.

  • In Mozzarella?? Echt jetzt??

  • 0G
    06227 (Profil gelöscht)

    Als unlöslicher Feststoff ist TiO2 ein Pigment, kein Farbstoff (beides Unterkategorien der Farbmittel). Nicht um den Besserwisser raushängen zu lassen, aber es ist doch eher unglücklich wenn die Berichterstattung derart Laienhaft daherkommt.