piwik no script img

EU verbietet bestimmte Tattoo-FarbenNur noch schwarze Tattoos

Laut einer neuen EU-Regelung werden gesundheitsschädigende Farben aus den Tattoo-Studios verbannt. Die Betreiber befürchten Umsatzverluste.

Prallbunte Tattoos? Könnte schwierig werden Foto: picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Berlin taz | „Ich verstehe nicht, warum ich mir an jeder Ecke ganz legal Zigaretten kaufen kann, aber Tattoo-Farbe jetzt wegen einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr verboten wird“, klagt der Inhaber des Pankower Tattoo-Studios Farbsturm.

Berlin ist nach Angaben des Vereins Deutsche Organisierte Tätowierer (DOT) Spitzenreiter in Deutschland, wenn es um die Anzahl tätowierter Menschen und Tattoo-Studios geht. Jetzt soll eine neue EU-Vorgabe den Einsatz bestimmter Tattoo-Farben wegen deren Inhaltsstoffen verbieten. Angekündigt war dieses Verbot schon seit Längerem (taz berichtete).

Die Europäische Chemikalienverordnung „Reach“ soll dazu beitragen, dass gefährliche Stoffe in Produkten erkannt und entsprechend verboten oder angepasst werden. Nach der neuen Reach-Anpassung sind Tattoo-Farben mit bestimmten Konservierungs- oder Bindemitteln ab sofort verboten, da sie allergische Reaktionen auslösen könnten. Die Europäische Che­mikalienagentur betont dabei auf ihrer Webseite, dass das Ziel der Vorgabe nicht sei, Tätowierungen zu verbieten, sondern Tätowierfarben sowie Permanent-Make-up sicherer zu machen.

Ab 2023 sollen zudem bestimmte blaue und grüne Farbpigmente untersagt werden, da diese unter Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Teile der Tattoo-Branche fürchten Chaos und Umsatzeinbrüche.

„Industrie von Außenseitern“

Tätowierer in einem Kreuzberger Studio, die nicht genannt werden wollen, sind sauer: „Dieses Verbot macht mal wieder deutlich, dass wir eine Industrie von Außenseitern sind. Wir haben keine riesige Lobby hinter uns.“ Das kleine Studio wurde in der Pandemie eröffnet und startete schon mit großen Schwierigkeiten. Circa 60 Prozent ihrer Kun­d*in­nen möchten nach den Angaben des Studios Tattoos mit Farbe.

Einer der Tätowierer befürchtet daher, dass sie Termine absagen oder verschieben müssten und die neue EU-Vorgabe somit ihrem Geschäft enorm schaden wird. Ein weiterer Tattoo-Künstler des Studios meint: „Die Kun­d*in­nen müssen doch sowieso ihre Zustimmung geben, bevor sie tätowiert werden. Warum können sie nicht über die Risiken aufgeklärt werden und dann selbst entscheiden?“ Weiter sagt er, dass es sehr lange gedauert habe, bis sie die Farben gemischt hätten, mit denen sie zufrieden waren. Wenn nun alternative Farben auf den Markt kommen, die mit den EU-Vorgaben konform sind, würde es lange dauern, neue Farbtöne zu mischen.

Daniel Rust, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Tattoo, geht nicht von dem endgültigen Ende der bunten Tattoos aus, wie er gegenüber der dpa am Mittwoch konstatiert. Er sehe eher, dass nach einer gewissen Durststrecke eine neue, regelkonforme Farbpalette auf den Markt kommen werde. Vor dieser Durststrecke haben die Tattoo-Künstler*innen Angst. Zumindest in dem Tattoo-Studio im Kreuzberger Bergmannkiez hätte man sich mehr ­Forschung und ausführliche Studien gewünscht, bevor es an ein EU-weites Verbot der Farben ging. Die Farbreste könne das Tattoo-Studio jetzt nur noch „zum Malen“ benutzen. Geld werde ihnen das vermutlich nicht mehr einbringen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das ist ja blöd gelaufen ...



    Offenbar haben die Tintenhersteller keine guten Freunde in der Tabakindustrie oder in der Lebenmittelindustrie - denn diese Branchen dürfen ja nach Herzenslust gesundheitsschädliche Produkte verkaufen und großflächig bewerben.