EU ringt um Klimapaket: Noch nicht fit for 55
Bald will die EU-Kommission ihre Klimaschutzpläne vorstellen. Jetzt sind erste widersprüchliche Details bekannt geworden.
Die der taz vorliegenden Entwürfe zeigen, dass Brüssel noch um den richtigen „Mix“ zwischen marktwirtschaftlichen Instrumenten und politischen Regulierungen ringt. Die Kommission will die Ausgabe von CO2-Verschmutzungsrechten verringern, zugleich aber die damit verbundene Erhöhung der Preise abfedern und die Industrie schonen.
Dies führt nach den – noch vorläufigen – Plänen zu merkwürdigen Verrenkungen. So soll der Emissionshandel auf den Straßenverkehr und auf Gebäude und Wohnungen ausgeweitet werden. Damit die Preise für Sprit, Heizöl und Gas nicht zu schnell steigen, will Brüssel aber mit einem niedrigen CO2-Preis anfangen. Erst ab 2026 sollen alle Emissionsrechte versteigert werden, was den Preis hochtreiben dürfte. Damit es aber keinen Aufstand nach Vorbild der Gelbwesten in Frankreich gibt, erwägt die EU-Behörde auch einen Sozialfonds. Damit könnten soziale Härten durch steigende Benzin- und Heizölpreise abgefedert werden.
Diese „Climate Action Social Facility“ ist laut Entwurf jedoch noch nicht rechtsverbindlich. Bei den Plänen von Klimakommissar Frans Timmermans handele es sich um ein „weiches Instrument“, heißt es in Brüssel. Auch die Finanzierung – vermutlich durch Einnahmen aus dem Emissionshandel – steht noch auf wackligen Füßen.
Kritik aus dem Parlament
Reichlich vage fallen auch die Pläne für erneuerbare Energien aus. So fehlen noch die Zahlen. Zuletzt war von einer Zielvorgabe von 38 bis 40 Prozent für „Renewables“ die Rede. Offen ist auch noch, wie verbindlich die Vorgaben am Ende ausfallen werden. Dies führt schon jetzt zu Kritik aus dem Europaparlament.
„Wir müssen uns mit voller Kraft dem Ausbau der erneuerbaren Energien widmen“, sagt Tiemo Wölken, der für die SPD im Umweltausschuss sitzt. Dafür seien höhere Ziele, eine verbindliche Umsetzung und ein erweiterter Anwendungsbereich nötig. „Im Jahr 2030 sollten europaweit mehr als 45 Prozent des Gesamtbedarfs aus Erneuerbaren gedeckt werden“, so Wölken.
Mehr Ehrgeiz fordert auch Michael Bloss von den Grünen. „Was auf dem Tisch liegt, ist ein klares Weiter-so. Die Industrie soll immer noch keinen CO2-Preis bezahlen, zugleich aber durch einen CO2-Grenzausgleich geschützt werden.“ Hier müsse die EU-Kommission noch kräftig nachbessern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken