EU reguliert Jagd in Feuchtgebieten: Schrot nur noch ohne Blei
Die EU verbietet bleihaltige Munition bei der Jagd in Feuchtgebieten. Doch es gibt einen Haken: die Übergangsfrist.

Jäger mit totem Hasen Foto: Erik Arndt/imago
BERLIN taz | Bleihaltige Schrotmunition soll bei der Jagd in Europas Feuchtgebieten zukünftig verboten sein. Darauf einigten sich Vertreter*innen der EU-Mitgliedsstaaten am Donnerstag bei einem virtuellen Treffen des zuständigen REACH-Ausschusses. Nach Inkrafttreten der Regelung gilt eine Übergangsfrist von 24 Monaten.
In 14 Bundesländern ist die Jagd mit Blei an Gewässern bereits verboten, ebenso im Bundesforst. Nun kommen allgemein Feuchtgebiete hinzu. Bei einer Abstimmung im Juni hatte Deutschland noch gegen das Vorhaben gestimmt.
Nun habe man die Entscheidung mitgetragen, so das zuständige Agrarministerium, obwohl die Bundesregierung lieber eine dreijährige Frist gesehen hätte. Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger begrüßte den „längst überfälligen Schritt“ und forderte ein „generelles Bleiverbot in Jagdmunition“. Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament sagte im Vorfeld, der „Schutz von Natur und Gesundheit“ müsse „vor den Interessen einiger weniger, besonders deutscher, Munitionshersteller stehen.“
Nach Schätzungen der Europäischen Chemikalienagentur gelangen jährlich mehr als 21.000 Tonnen Blei durch Munition in die Umwelt. Das führe zum Tod von mehr als einer Million Wasservögeln pro Jahr in Europa und müsse „dringend ein Ende haben“, so Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).
Vergiftung durch Munitionssplitter
Bleivergiftungen sind die häufigste Todesursache des gefährdeten Seeadler, der das Blei in Form von Munitionssplittern aufnimmt. Blei ist für Vögel ein Nervengift, das bei kleiner Dosis Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmung beeinträchtigt. Die Weltgesundheitsorganisation zählt es zu den zehn der für Menschen gefährlichsten Stoffe.
Nun müssen noch EU-Parlament und Rat dem Beschluss zustimmen, was als Formsache gilt. Kommt binnen drei Monaten kein Einspruch, trifft die EU-Kommission die letzte Entscheidung. Danach kann die Neuerung in Kraft treten und die Übergangsfrist starten.
Leser*innenkommentare
Unbequeme Wahrheit
„Die Jagd ist eine Nebenform menschlicher Geisteskrankheit" - Theodor Heuss
Normalo
Kann mir mal jemand erklären, warum ein Munitionshersteller in besonderes Interesse daran haben sollte, weiterhin - teilweise - Blei verwenden zu dürfen? Schrottürme sind schon lange passé, und die Produktionskapazitäten für Stahlmunition mussten aufgrund der bestehenden Verbote eh bereits geschaffen werden. Es legt ein wenig den Verdacht nahe, dass hier mehr aus Reflex "die Wirtschaft" als Verzögerer hingestellt wird.
Ich denke, es sind eher die Jäger, die aufgrund der höheren Dichte von Blei mit besserer Trefferwirkung rechnen. Eine Bleigarbe tötet nach dieser Theorie schneller und schmerzloser.
Usch Bert
hihihi, von den Anglern reden wir besser nicht
Hanne
Da wird endlich mal was sinnvolles vom Markt genommen - hoffentlich. Darüber geredet wird mindestens schon seit 35 Jahren.
Derzeit nimmt die EU ja gerne natürliche Pflanzenprodukte aufgrund der sog. Novel Food-Verordnung vom Markt, wie z.B. Kräuterauszüge aus Artemisia annua oder Öl aus (biologischen) Basilikumsamen. Eine notwendig zu beantragende Zulassung für solche einfachen Produkte kosten sehr viel Geld und Zeit - das könn(t)en nur sehr große Firmen.
Das ist so absurd wie damals mit den formgenormten Äpfeln und Gurken, die anders nicht verkauft werden durften.
Hanno Homie
Mich irritiert ja immer, wer dieses Zeug überhaupt benutzen will, auch ohne Verbot: Ich kann verstehen, dass man jagen will. Aber wie kann man im Jahr 2020 auf die Idee kommen, Blei in die Landschaft zu schießen???
Aber die Leute benutzen ja auch iPhones oder SUVs oder PVC-Böden. Das ist alles auf dem gleichen bewusstlosen Niveau.
Mitch Miller
Allerhöchste Zeit - dass das überhaupt verwendet werden darf!? [...]
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