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EU nach US-WahlTrumps Sieg kommt Orbán wie gerufen

Ungarns Premier Orbán will beim EU-Gipfel in Budapest die Mitgliedstaaten auf den Kurs des neuen US-Präsidenten Trump bringen – auch in puncto Ukraine.

Lässt die Korken knallen: Viktor Orban Foto: Matthias Röder/dpa

Brüssel/Berlin taz | Auf diesen Moment hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán lange hingearbeitet. „Ich weiß, was wir tun werden. Wir werden mehrere Flaschen Champagner öffnen“, erklärte Orbán schon Anfang Oktober im Europaparlament in Straßburg, als er auf einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump angesprochen worden war.

Nun ist es so weit – und der amtierende EU-Ratspräsident Orbán lässt es sich nicht nehmen, Trump als Erster zu gratulieren. Der Rechtsnationalist aus Budapest bescheinigte dem Populisten aus Washington am Mittwoch „das größte Comeback“ in der Geschichte der USA.

Für Orbán kommt Trumps Wahlsieg gerade recht. An diesem Donnerstag leitet er einen EU-Sondergipfel in Budapest, dort will er Europa auf Trump-Kurs bringen. Vor allem die Ukraine-Politik müsse neu justiert werden, fordert Orbán, die EU könne die Kosten des Krieges nicht allein tragen.

Äußerst ungelegen kommt Trumps Triumph dagegen für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie bastelt immer noch an ihrem Team. Fünf Monate nach der Europawahl haben gerade erst die Anhörungen der neuen Kommissare begonnen, die EU-Behörde ist noch nicht arbeitsfähig.

Trump ist alles, nur kein Transatlantiker

Doch das ist nicht das einzige Problem. Während Orbán über einen direkten Draht zu Trump verfügt, muss von der Leyen erst noch Kontakt suchen. Sie versucht es mit „herzlichen“ Glückwünschen und einer ziemlich direkten Aufforderung: „Lassen Sie uns gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda arbeiten“, fordert sie.

Das dürfte jedoch ein frommer Wunsch bleiben. Denn Trump ist alles, nur kein Transatlantiker. Und ein EU-Fan ist er erwiesenermaßen auch nicht – ganz im Gegenteil: Europa sei eine Art „Mini-China“, klagte er vor der US-Präsidentschaftswahl. „Sie nehmen unsere Autos nicht, sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Produkte nicht, sie nehmen gar nichts.“

Um das zu ändern und Amerika wieder „great“ zu machen, hat Trump bereits Strafzölle von 10 oder 20 Prozent auf alle Importe aus der EU ins Spiel gebracht. Sollte ein Zoll von 20 Prozent kommen, würde das allein für Deutschland einen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro bedeuten, schätzt das Ifo-Institut.

Arbeitsgruppe eingesetzt

Was aber tun? Ähnlich wie von der Leyen versucht es auch Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Charme­of­fen­sive. „Donald Trump hat die Wahl klar gewonnen. Dazu gratuliere ich ihm“, erklärte Scholz. „Sicher wird vieles unter einer von Trump geführten Regierung anders.“ Deutschland bleibe aber ein zuverlässiger transatlantischer Part­ner.

Auf nette Worte allein will man sich aber weder in Berlin noch in Brüssel verlassen. Von der Leyen hat bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um notfalls zurückschlagen zu können, wenn Trump mit seiner Ankündigung Ernst macht. Eine Liste mit US-Produkten, die mit europäischen Gegenzöllen belegt werden könnten, liegt schon fertig in den Schubladen der EU-Kommission.

Das weitere Vorgehen soll beim Sondergipfel in Budapest abgestimmt werden. Die EU wollte dort ursprünglich nur einen „neuen europäischen Deal für Wettbewerbsfähigkeit“ ausrufen, wie es in dem Gipfelentwurf heißt. Nun müssen die 27 EU-Mitgliedsländer auch noch eine gemeinsame Position gegenüber Trump und dem amerikanischen Protektionismus finden.

Das wird nicht leicht werden. Zwar arbeiten von der Leyen, Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zusammen. Man spreche sich eng mit Paris ab, heißt es in Berlin. Allerdings ist Scholz durch die Krise der Ampel-Koalition geschwächt. Ein neues EU-Schuldenprogramm, wie es Macron zur Ankurbelung der Wirtschaft fordert, wird der SPD-Politiker in Budapest wohl kaum mittragen.

Gipfel in Budapest mit Spannung erwartet

Rückenwind verspürt dagegen Orbán. Seit dem Beginn der ungarischen EU-Präsidentschaft im vergangenen Juli stand er allein auf weiter Flur. Nun kann er auf neue Mitstreiter hoffen. Denn auch Regierungschefin Giorgia Meloni in Italien und Geert Wilders in den Niederlanden wollen einen Politikwechsel à la Trump.

„Nie aufhören, immer weiterkämpfen und Wahlen gewinnen“, forderte Wilders nach Trumps Wahlsieg. „Die USA und Italien sind Schwesternationen“, frohlockte Meloni. Der Gipfel in Budapest wird zur Bewährungsprobe für die EU, wieder einmal.

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7 Kommentare

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  • "die Mitgliedstaaten auf den Kurs des neuen US-Präsidenten Trump bringen – auch in puncto Ukraine. "



    Und wie verträgt sich das "Auf-Kurs-Bringen" mit Orbans Forderung, dass die EU weniger Unterstützung für die Ukraine leisten soll?



    Vor allem: Was sind denn überhaupt Trumps Pläne bezüglich der Ukraine? Das weiß momentan wohl noch nicht mal Trump genau. Bislang nichts als populistische Sprüche (den Krieg beenden in 24 Stunden) und abstrakte Planspiele von Beratern, die den wichtigsten Aspekt einfach ausblenden: Dass dieser Krieg naus demselben Grund immer noch andauert, aus dem er angefangen wurde: Weil Wladimir Putin die Ukraine erobern und als Staat vernichten will und weiterhin überzeugt ist, dass er dieses Ziel erreichen wird.



    Was Putin will, kann Trump ihm überhaupt nicht geben, selbst wenn Trump sich verbiegen sollte bis zur Selbstverblödung (womit bei seiner narzistischen Persönlichkeit nicht zu rechnen ist).



    Trumps fixe Idee, dass Druck auf die Ukraine der Schlüssel ist, wird ziemlich bald an der Wirklichkeit zerschellen.

  • Wie schade, dass man diesen Querulanten, diesen Demokratiefeind nicht einfach so aus der EU rausschmeissen kann. Er schadet seinem Land, doch das scheint ihm gleichgültig zu sein - wenn er nur die Macht behält. Meine Möglichkeiten sind begrenzt, doch in Urlaub nach Unagen oder Produkte aus dem Land? Nicht solange der Im Amt ist.

  • Orban glaubt, dass er mit Trump auf einer Linie liegt. Aber das ist ein Missverständnis, Trump ist Ungarn scheißegal, ein aggressiver, expandierender Putin wird auch für Ungarn schnell zum Megaproblem.

    Und die EU wird sich straffen und stabilisieren müssen, Orban und sein Kurs sind unter solchen Bedingungen nicht mehr tolerierbar.



    Insofern glaube ich, dass Orban sich irrt, America great again, heißt auch Fuck everybody Else.

    Trump geht in die Politik wie ins Business, und zwar rücksichtslos, er wird versuchen, die Europäer zu höheren Rüstungsausgaben zu bringen, auch Orban. Er wird wahrscheinlich die Ukraine aufgeben, er wird evtl eine massive Instabilität herstellen.

    Das Geld für die Verteidigung wird Orban dann selber aufbringen müssen und Russland ist auch kein verlässlicher Partner mehr, das gilt auch für Ungarn, das Öl und Gas hat den Preis der Abhängigkeit. Trump wird Ungarn nicht beschenken.

  • Jetzt will der Schwanz mit dem Hund wedeln?



    Ungarn hat ein paar Einwohner weniger als Hessen und Berlin und ein rechtes Großmaul an der Regierung. Problematisch wird es doch erst dass "konservative" Kräfte in der EU mit dem zusammenarbeiten. Da sinkt demnächst auch die Hemmschwelle der Union, weil man ja in in ganz vielen "sachlichen" Punkten gleicher Meinung ist z.b. auch mit der AgD. Dann findet man auch Putin auch nicht so schlimm und man schenkt ihm Osteuropa für ein bischen Frieden und damit die Wirtschaft wieder billiges Gas bekommt ....

    • @Axel Schäfer:

      Nun es sind noch um mehr als die Hälfte mehr als Dänemark sowie ein paar hunderttausend mehr als Österreich. Luxemburg dagegen hat ein bißchen mehr als Leipzig. So ganz unbedeutend ist Orban-Land dann doch nicht ganz. Seine Relevanz erlangt es aber durch wechselseitige Kooperation wie dazumal mit der PiS-Regierung.

  • Dann kann Trump ja für Ungarn bezahlen, da spart die EU ein Haufen Geld. Und die Kriegskosten? Trump wollte den Krieg in einem Tag beenden.

    • @Stoffel:

      Trump wird für Ungarn nichts locker machen, warum? Der wird Orban dazu auffordern, für die eigene Verteidigung aufzukommen, wie Deutschland, Frankreich oder Belgien. Es wird keine Ausnahmen bei Trump geben. Er tritt für einen Rückzug der USA aus Europa an. Alles natürlich im Bündnis und in guter Freundschaft, aber jeder zahlt für sich selbst....