piwik no script img

EU kann KlimaschutzWird Merkel doch Klimakanzlerin?

Die Europäische Union hat die notwendigen klimapolitischen Instrumente. Sie müssen nur verschärft werden.

Merkel nimmt Anliegen der Klimaaktivistinnen Thunberg und Neubauer Ernst. Doch tut sie auch genug? Foto: DPA

Berlin taz | Was ist Angela Merkels schwierigste Aufgabe bis Jahresende? Das Coronavirus besiegen? Oder CSU-Chef Markus Söder von der Kanzlerkandidatur fernhalten? Beides falsch. Die größte Herausforderung wird ein neues EU-Klimaziel. Von den derzeit minus 40 Prozent für 2030 soll Europa sich auf minus 50 bis 55 Prozent verbessern. Das hat Merkel für ihre EU-Ratspräsidentschaft versprochen.

Dabei kann die Kanzlerin jede Hilfe gebrauchen. Und die kommt nun vom Thinktank „Agora Energiewende“ in Form der Studie „Wie die Klima-Ambitionen der EU angehoben werden können“. Das Öko-Institut hat zusammengetragen, wie die EU ihr Versprechen ernst nehmen kann. Die gute Nachricht: Minus 55 Prozent sind „technisch und ökonomisch machbar“; die EU hat die notwendigen Instrumente, sie müssen nur verschärft werden. Und es gibt Vorreiterländer wie Schweden, Dänemark und Österreich.

Konkret schlägt die Untersuchung vor, den Emissionshandel zu verschärfen, also weniger CO2-Zertifikate auszugeben. Auch die Emissionen aus Verkehr und Gebäuden sollten mittelfristig in ein Handelssystem eingebunden werden. In den Mitgliedstaaten müsse mehr für die CO2-Reduzierung getan werden, aber auch die Regeln aus Brüssel (etwa die Vorschriften für Effizienz oder CO2-Limits für Autos) sollten angepasst werden.

Klar sei aber auch: Die Staaten Osteuropas wie Polen und Tschechien, bisher oft wegen ihrer Abhängigkeit von der Kohle beim Klimaschutz geschont, müssten mehr tun – und sollten dafür mit mehr Geld entschädigt werden.

Vor allem aber müsse es schnell losgehen. „Emissionsminderungen summieren sich über die Jahre und erleichtern das Erreichen von Klimaschutzzielen für 2030 und auch für 2050“, sagt Agora-Direktor Patrick Graichen. Später wären Emissionsreduzierungen viel schwerer umsetzbar.

Auch Angela Merkel braucht schnellen Erfolg. Denn die EU führt sie nur bis Dezember, und im Kanzleramt sitzt sie nur noch bis Herbst 2021. Je schneller Erfolge sichtbar sind, desto eher könnte sie noch ein bisschen von ihrem Ruf als „Klimakanzlerin“ retten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Die Europäische Union hat die notwendigen klimapolitischen Instrumente. Sie müssen nur verschärft werden."

    Notwendig wofür? Um das ausgegebene Ziel der CO2-Reduktion für 2030 zu erreichen? Wahrscheinlich.

    Allerdings ist/sind



    1. Klimaneutralität nicht dasselbe wie CO2-Neutralität. Solange eine überdimensionierte Rinderzucht in und für Europa exzessive Methanmengen freisetzt und Biogasanlagen einen merklichen Methanschlupf haben (und Fracking-Bohrlöcher auch in Europa) und solange Wälder in Europa und der ganzen Welt für unseren Holzbedarf und unsere Gier nach Fleisch etc. gerodet werden, ist eine CO2-Reduktion um ein paar Prozent nur der Tropfen auf den heißen Stein.



    2. Das Erreichen von Klimaneutralität bis 2030 "notwendig" (s.o.), um die Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten.



    3. 80% eines Problems mit 20% der Arbeit lösbar, aber für die restlichen 20% sind 80% der Arbeit notwendig. Das ist keine genaue Analyse, sondern nur eine Faustregel, die klarstellen soll, dass gerade noch nicht einmal 10% der Arbeit getan ist und dass es für die "harten Brocken", die einer Klimagasreduktion auf Null und einer nachhaltigen Wirtschaft, die keine Wälder zerstört, entgegenstehen, noch keine Lösungen gibt, schon gar keine marktwirtschaftlichen.

    Ich finde es bedenklich, wie man sich an dem ausgegeben Ziel "Bis 2050" festklammert, obwohl die Entwicklungen der letzten Jahre klar gezeigt haben, dass das nicht reicht. Der Permafrostboden taut auf und das Grönlandeis und die Polkappen schmelzen. Der weltweite Wald schrumpft auf ein für das Überleben kritisches Maß.

    Das sind exponentielle Vorgänge. Warum kapiert das die Mehrheit der Bevölkerung bei Corona, aber nicht, wenn es um die Erde geht? Warum seid ihr so gelassen, wenn es so wie jetzt nicht mehr weitergehen darf?

    Beim Grönlandeis ist jetzt schon oder zumindest in Kürze der Kipppunkt erreicht. Das bedeutet langfristig einen Meeresspiegelanstieg um 7 Meter. Und es gibt immer noch Menschen, die faseln von der Rettung des Watts.