EU-Zölle auf Agrarimporte aus Ukraine: Sinnlose Beruhigungspille
Die neuen EU-Zölle auf Agrarimporte aus der Ukraine werden die Einfuhren kaum verringern. Gut so. Die Ukraine braucht die Einnahmen.
D ie EU-Einigung auf Zölle für manche ukrainischen Agrarimporte ab bestimmten Mengen ist sinnlos. Sie soll eine Beruhigungspille für Wutbauern in der Europäischen Union sein, die zu Unrecht die Konkurrenz durch ukrainische Einfuhren kritisieren. Aber sie wird die Bauern kaum besänftigen.
Denn die Einigung zwischen Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments schreibt nur den Status quo fest: Die Ukraine darf weiter Weizen in unbegrenzter Menge zollfrei in die EU exportieren. Auf Geflügel, Eier, Zucker, Hafer, Mais, Grütze und Honig soll erst dann eine Importsteuer fällig werden, wenn die Mengen den Durchschnitt der Jahre 2022 und 2023 überschreiten. Damals herrschte ja komplette Zollfreiheit. Kein Wunder, dass die ukrainische Regierung die neuen Regeln als akzeptabel bezeichnet.
Die Ukraine muss unbedingt weiterhin so viel in die EU exportieren dürfen wie bisher, um mit den Einnahmen ihre Verteidigung gegen den russischen Überfall zu finanzieren. Schließlich ist die Landwirtschaft ihr wichtigster Exportsektor.
Erboste Bauern in der EU werden wegen der Zölle auf ukranische Importe nicht von den Barrikaden steigen. Das liegt nicht nur daran, dass die Einfuhren kaum sinken werden. Es liegt vor allem daran, dass es vielen Demonstranten gar nicht ausschließlich um die ukrainische Billigkonkurrenz geht. Die ist minimal. Zwar stimmt es, dass die Weizenpreise in den vergangenen Monaten gefallen sind. Aber nicht nur in der EU, wo jetzt mehr ukrainische Ware unterwegs ist. Sondern weltweit. Das rührt etwa daher, dass ausgerechnet Russland immer mehr Getreide auf den Weltmarkt wirft.
Grund für die Wut der Bauern ist ein anderer
Nein, viele Wutbauern kämpfen in Wirklichkeit dagegen, dass sie zum Beispiel Umwelt- und Tierschutzregeln beachten müssen, wenn sie Agrarsubventionen von der EU erhalten. Um dagegen Druck aufzubauen, nutzen sie Ressentiments gegen die Unterstützung der Ukraine. Das ist schäbig und schon deshalb sollte die Politik dieser kleinen Minderheit nicht nachgeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück