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EU-Verhandlungen über BrexitOffen für verlängerte Übergangsphase

Die EU soll Großbritannien eine längere Übergangszeit für den Brexit angeboten haben, berichten Medien. Eine Grenze in Nordirland soll vermieden werden.

Nicht alle Briten sind mit dem Brexit einverstanden: Protest in London Foto: ap

Brüssel/Berlin rtr | Der EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier ist einem Medienbericht zufolge offen für eine Verlängerung der Brexit-Übergangsphase um ein Jahr. Die Financial Times berichtete am Dienstag unter Berufung auf EU-Diplomaten, eine Verlängerung werde als Gegenleistung für ein Entgegenkommen der britischen Premierministerin Theresa May im Bemühen um eine Vermeidung einer Grenze in Nordirland erwogen.

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete vorab, die EU habe Großbritannien angeboten, länger als bislang geplant im Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben zu können. Die EU-Kommission habe „den Versuch unternommen, Großbritannien möglichst weit entgegen zu kommen, etwa indem sie eine Verlängerung der Übergangsperiode ins Spiel gebracht habe“, zitiert die FAZ aus dem Bericht der Bundesregierung über die am Sonntag vorläufig abgebrochenen Verhandlungen.

Eine Verlängerung der Übergangsperiode würde den Parteien mehr Zeit für eine Lösung besonders schwieriger Fragen – darunter die nach künftigen Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland – geben. Die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Staaten wollen bei ihrem Treffen am Mittwoch und Donnerstag darüber befinden, ob der jetzige Stand der Gespräche ausreicht, um wie geplant einen Sondergipfel im November anzusetzen.

Barnier zufolge muss bis spätestens Dezember ein Austrittsabkommen stehen, um einen ungeordneten Brexit noch zu vermeiden. Dezember sei die „endgültige deadline“, sagte Barnier nach Teilnehmerangaben bei einem Treffen europäischer Minister am Dienstag in Luxemburg. Gelinge dies nicht, bleibe nicht genug Zeit für die nötigen Ratifizierungen durch das Parlament in London und das Europäische Parlament vor dem Austrittsdatum 29. März.

Die Verhandlungen über einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU stehen nach Einschätzung von Ratspräsident Donald Tusk auf der Kippe. Vor Beginn eines EU-Gipfels zum Brexit sagte Tusk, das Szenario eines harten Ausstiegs sei „wahrscheinlicher als jemals zuvor“. Der von Barnier vorgestellte Fortschrittsbericht und die Parlamentsdebatte in Großbritannien am Montag gäben „keinen Grund zum Optimismus“, sagte Tusk.

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3 Kommentare

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  • Die Brexit-Verhandlungen mausern sich zum Paradebeispiel für die Prokrastination in den Gremien der Europäischen Union. Das Referendum fand vor mehr als zwei Jahren statt.

    • @jhwh:

      Die Verzögerungen haben ihre Ursache in den Machtspielen der Torries. Die Entscheidungsprozesse der Eu mögen langsam und bürokratisch sein aber beim Brexit weiß die EU schon sehr lange was sie will.

  • Was für Luschen! Kann man sich noch lächerlicher machen, wenn an diesem Angebot eines deutlich wird, dann doch wir hier wirklich das sagen hat. Während die Mitgliedsstaaten vorn den Harten gespielt haben, hat unter der Hand die Industrie interveniert. Der langfristige Schaden den die EU dabei nimmt ist den Lobbyisten vollkommen egal, wenn nur die Investitionen irgendwie kurzfristig gesichert werden können.

    Kein Ergebnis und ein harter Schnitt, wären ein Beschleuniger für ein danach zu schließendes Handelsabkommen gewesen.

    Wenn es nun so kommt, wäre es deutlich klüger gewesen den Briten von Anfang an, mehr Zeit einzuräumen. Das hätte in England auch innenpolitisch viel Dampf vom Kessel genommen.