EU-Urheberrechtsreform in der Kritik: Wikipedia will die Memes retten
Aus Protest gegen Uploadfilter war Wikipedia abgeschaltet. Am Wochenende soll es europaweit Demonstrationen geben.
Auf andere Weise drückten bereits über fünf Millionen Menschen ihren Unmut über diese Reform aus. Sie unterschrieben die in zehn Sprachen verfügbare Petition zur Rettung des Internets – die weltweit erfolgreichste Petition, die je auf der nach eigenen Angaben größten Kampagnenplattform change.org gestartet wurde. Der Großteil der Unterschriften kommt aus Deutschland: 1,5 Millionen. Es folgen Frankreich und Italien.
Der Anlass für das Aufbegehren der Internetcommunity? Die umstrittene EU-Reform, die das Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen und Rechteinhaber*innen stärken soll. Sie sieht vor, dass Onlineplattformen zukünftig haften, wenn urheberrechtlich geschütztes Material auf ihren Seiten hochgeladen wird. Der CDU-Politiker Axel Voss, Verhandlungsführer des EU-Parlaments, sagte, „das Wildwest im Internet“ werde somit endlich beendet.
Von Uploadfiltern steht in dem Entwurf zwar nichts, aber sie sind laut den Kritiker*innen die einzige Möglichkeit, die unzähligen Inhalte, die Nutzer*innen hochladen, noch vor der Veröffentlichung zu prüfen. Befürchtet wird die Zensur des Netzes. Das Problem: Die Algorithmen erkennen keine Ironie oder Satire.
Die Suche nach der Meme-Rubrik
Das würde unter anderem Memes betreffen, sagt Dominic Kis. Er ist Mitbegründer der Initiative „Save the Internet“, die die Petition ins Leben gerufen hat. Memes sind Bilder oder Videos, die kreativ mit Text kombiniert werden. Sie sind eigentlich von der Regelung ausgenommen – doch wie das funktionieren soll, weiß niemand so genau. Axel Voss sagte dazu in einem Interview mit Vice: „Aber bei Google, da gibt's ja noch die Seite, wo man Memes anklicken kann, eine richtige Rubrik.“ Nach dieser Rubrik sucht das Netz seit dem vergeblich.
Einige Memes kritisieren mittlerweile selbst die Urheberrechtsreform, auf der Website von „Save the Internet“ findet sich eigens eine Rubrik dafür: Hier zeigt ein kurzes Video zwei Pandas im Zoo. Der große, auf dessen Hintern die EU-Flagge prangt, kickt den kleinen, auf dem „Memes“ steht, lässig einen Hügel runter.
Um das zu verhindern, hat „Save the Internet“ zu einem europaweiten Aktionstag am Samstag aufgerufen. 80 Demonstrationen sind angekündigt – in Berlin, aber auch in Warschau, Amsterdam, Prag, Stockholm, Lissabon, Athen, Ljubljana und Bielefeld. Bereits in den vergangenen Wochen liefen Tausende Demonstrant*innen durch deutsche Städte und schwenkten dabei „Rettet das #Neuland“- oder „Ich bin kein Bot“-Schilder.
Empfohlener externer Inhalt
Abstimmung am 26. März
Die Initiative hat laut Dominic Kis inzwischen mehr als 8.000 internationale Mitglieder. „Wir sind für ein faires Urheberrecht für alle Beteiligten. Aber die Reform ist ein Schritt in die falsche Richtung.“ Deswegen initiierten sie im Juni 2018 die Petition. Diese wurde den Europaabgeordneten Anfang Juli, vor der ersten Abstimmung über die Reform, mit damals 700.000 Unterschriften überreicht. Daraufhin wurde der Gesetzentwurf zunächst abgelehnt. „Ich bin optimistisch, dass das jetzt wieder der Fall sein wird.“
Voraussichtlich am 26. März wird im Europäischen Parlament über die Änderung des Urheberrechts abgestimmt. Am Tag zuvor sollen die Unterschriften wieder an die Abgeordneten übergeben werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche