EU-Regulierung: Großbanken behalten Privilegien
Die EU-Kommission hat Regeln für die europäischen Geldinstitute vorgelegt. Doch eine Zerschlagung wird sie wohl scheuen.
BRÜSSEL taz | Die großen Banken in Euroland genießen indirekte staatliche Subventionen von jährlich mehr als 200 Milliarden Euro. Zu diesem Schluss kommt eine unabhängige Studie, die der grüne Europaabgeordnete Philippe Lamberts in Auftrag gegeben hat. Besserung ist nicht in Sicht: Ein Vorschlag zur Neuordnung des Bankgeschäfts, den EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel vorlegen will, sieht keine durchgreifenden Reformen vor.
Dabei wären Änderungen dringend geboten, meint Lamberts. Denn bisher gehen Investoren und Spekulanten davon aus, dass große, „systemrelevante“ Banken im Fall einer neuen Krise in der Eurozone von den Staaten gerettet werden. Bei den Bankenkrisen in Irland und Spanien war dies auch der Fall, nur auf Zypern gingen die Euroretter anders vor – und zerschlugen eine Bank, allerdings eine relativ kleine.
Großbanken genießen einen Vorteil gegenüber kleinen und mittleren Geldinstituten. Sie sind „too big to fail“ – zu groß, um zu scheitern. Ihre Pleite könnte das gesamte Finanzsystem gefährden. Deshalb rechnen die Märkte damit, dass Staaten die Großbanken in jedem Fall vor der Pleite retten. Also müssen sie weniger Zinsen zahlen und kommen leichter an Kredite.
Das komme einer Subvention von jährlich 233 Milliarden Euro gleich, schätzt Lamberts. „Dies ist einer der großen Funktionsfehler, den die Krise offengelegt hat“, sagt er. Es sei unverständlich, dass er noch nicht ausgeräumt wurde – schließlich liegen genug Vorschläge auf dem Tisch.
Ursprünglich war geplant, dass große, „systemrelevante“ Finanzinstitute wie die Deutsche Bank aufgespalten werden: in das konservative Privatkundengeschäft auf der einen und das riskante Investmentbanking auf der anderen Seite. So hatte es eine Expertengruppe um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen 2012, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, vorgeschlagen. Ziel der Spaltung: Risiken mindern, Privatkunden schützen. Barnier schreckt vor einem solchen Schritt zurück. Deshalb können die Geldhäuser nach Ansicht von Kritikern weiter riskante Geschäfte betreiben.
Das Europaparlament droht schon mit Ablehnung. Lamberts grüner Kollege Sven Giegold nannte den Vorschlag inakzeptabel. „Das Ganze verbleibt im Reich des Symbolischen“, so Giegold. Wegen der vielen Ausnahmen hätten die Pläne kaum positive Auswirkungen; die Finanzmärkte würden so nicht stabiler.
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