EU-Parlament will Google aufspalten: Die Übermacht brechen
Die Marktmacht von Google wird auch in Brüssel mit Skepsis betrachtet. Nun regt die EU eine Abspaltung der Suchmaschine von anderen Geschäftssparten an.
BRÜSSEL rtr | Das EU-Parlament zieht offenbar mit einem Antrag zur Aufspaltung von Google gegen die Dominanz der Internet-Suchmaschine ins Feld. Abgeordnete bereiten hierzu einen nicht-bindenden Beschluss vor, den Reuters in der Nacht zum Samstag einsehen konnte. In dem Text wird zwar Google nicht namentlich erwähnt, aber der US-Konzern wickelt zum Unwillen zahlreicher Parlamentarier rund 90 Prozent aller Suchanfragen in Europa ab.
Ein öffentlichkeitswirksamer Aufruf zur Abspaltung der Suchmaschine von den übrigen Geschäftssparten wäre der bislang weitreichendste Vorstoß, um Googles Übermacht zu brechen. Er würde den Druck auf die EU-Kommission beträchtlich erhöhen, entschiedener gegen den Platzhirsch vorzugehen.
Die Parlamentarier rufen die EU-Kommission in dem Entwurf dazu auf, „als eine mögliche langfristige Lösung Vorschläge zu prüfen, die die Entflechtung von Suchmaschinen von anderen gewerblichen Diensten zum Ziel haben“. Google steht in Europa wegen einer ganzen Reihe von Geschäftspraktiken in der Kritik. Dabei geht es unter anderem um die Steuertricks des Konzerns sowie um den Schutz der Privatsphäre. Das EU-Parlament kann jedoch selbst keine Gesetzgebungsverfahren in Gang setzen und auch keine Firmen aufspalten.
US-Rechtsanwalt Gary Reback, der im Auftrag anderer Firmen Beschwerden gegen Googles Suchmaschine geführt hat, nannte den Beschluss einen „deutlichen Ausdruck der Tatsache, dass sich die Dinge ändern werden“. Und weiter: „Das Parlament kann natürlich die Kommission nicht verpflichten, aber sie muss zuhören.“
Konsens zwischen Konservativen und Linken
Initiatoren der Entschließung sind der deutsche Christdemokrat Andreas Schwab sowie der Spanier Ramon Tremosa. Schwab nannte es „sehr wahrscheinlich“, dass der Beschluss vom Parlament angenommen werde, da sowohl konservative als auch eher linksgerichtete Lager dafür seien. Nach Ansicht der Befürworter hat Google im laufenden EU-Wettbewerbsverfahren keine ausreichenden Zugeständnisse gemacht und unterbindet dadurch den freien Wettbewerb – zum Schaden europäischer Verbraucher und Firmen.
„Falls sich das Verfahren gegen Google ohne zufriedenstellende Entscheidungen fortsetzt und damit auch das gegenwärtige wettbewerbsschädigende Verhalten anhält, sollte eine Regulierung der dominanten Online-Suchmaschine anvisiert werden“, erklärten beide am Mittwoch.
Derzeit prüft die EU-Kommission, ob Google seine Marktstellung bei Suchmaschinen missbraucht. Die neue Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte unlängst vor den Parlamentsabgeordneten erklärt, sie brauche mehr Zeit, um das weitere Vorgehen in dem seit vier Jahren laufenden Verfahren zu prüfen. Sie werde sich nur mit Fragen des Wettbewerbs befassen, sagte Vestager. Kritiker fordern indes, auch der Datenschutz müsse einbezogen werden.
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