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EU-Grenzen nach CoronalockerungenUrlaubspläne mit Hindernissen

Die EU-Kommission hat ein Konzept für sichere Sommerurlaube in Zeiten von Corona vorgelegt. Nur leider kann sie lediglich Empfehlungen aussprechen.

Unterhaltungen am Grenzzaun: zwischen Deutschland und der Schweiz am Bodensee in Kreuzlingen Foto: Robert Schmiegelt/imago

Fünf redselige Kommissare und fünf dickleibige Empfehlungen: Die EU-Kommission in Brüssel hat einiges aufgeboten, um nach den langen Monaten der Corona-Entbehrungen für Reisen und Urlaub in den Sommerferien zu werben. „Europa braucht eine Pause“, so der Slogan, mit dem Behördenchefin Ursula von der Leyen für ihren Plan warb.

Doch nach der gut zweistündigen Präsentation am Mittwoch in Brüssel wurde klar: Dieser Urlaub wird – wenn er denn kommt – ein Hindernislauf. „Das wird für niemanden von uns ein normaler Sommer“, räumte Vizepräsidentin Margrethe Vestager ein. „Aber wenn wir alle zusammenarbeiten, dann werden wir nicht zu Hause verharren müssen.“ Konkret schlägt die Brüsseler Behörde vor, die seit März geschlossenen Binnengrenzen wieder zu öffnen – aber nur schrittweise und nicht schon ab dem 15. Mai, wie es eine Gruppe konservativer Europaabgeordneter um den CDU-Politiker Daniel Caspary gefordert hatte. Nur dort, wo das Virus eingedämmt ist, sollen die Grenzkontrollen wegfallen.

Wo das sein könnte, wollten die Kommissare nicht verraten. Nicht einmal zu Luxemburg wollten sie sich äußern – dabei gab die Bundesregierung in Berlin am Mittwoch bekannt, dass die Kontrollen an der Grenze zum Großherzogtum aufgehoben werden. Der Grund ist einfach: Nicht die EU entscheidet über Grenzöffnungen, sondern die nationalen Hauptstädte.

Derzeit gelten im Schengen-Raum, in dem die Grenzen normalerweise nicht kontrolliert werden, in mindestens 17 Ländern Reisebeschränkungen. Sie wurden fast überall ohne Vorankündigung und ohne Rücksprache mit den Nachbarn eingeführt. Brüssel will nun dafür sorgen, dass wenigstens die Lockerung abgestimmt und einvernehmlich erfolgt. Dabei dürfe auch niemand diskriminiert werden, betonte Vestager. Es gehe nicht an, dass die Bürger eines Landes wieder nach Deutschland oder Luxemburg einreisen dürfen, aber die aus einem anderen Land mit vergleichbarem „Infektionsgeschehen“ nicht.

Die Krux der Brüsseler Urlaubspläne

Die EU-Kommission setzt sich zudem dafür ein, dass Reisende vor dem Coronavirus geschützt werden – vom Start bis zum Ziel. Die gesamte Reiseroute soll gesichert werden: mit Gesichtsmasken, Sicherheitsabständen und anderen Verhaltensregeln. Masken werden erstmals auf allen Reisen empfohlen – auch in Bussen, Zügen und Flugzeugen.

Doch auch hier liegt die Umsetzung wieder bei den nationalen Behörden. Sie sollen sich mit der europäischen Präventionsbehörde ECDC abstimmen – bisher allerdings hat das kaum geklappt. Die meisten EU-Staaten haben sich nicht einmal an die Exitstrategie gehalten, die Kommissionschefin von der Leyen im April angekündigt hatte.

Hier liegt denn auch die Krux der Brüsseler Urlaubspläne: Die EU-Kommission hat weder in der Gesundheitspolitik noch bei den Grenzöffnungen wirklich etwas zu melden; sie darf nur koordinieren und unverbindliche Empfehlungen aussprechen. Doch nicht einmal diese – bescheidene – Möglichkeit schöpft von der Leyen voll aus.

So hat die CDU-Politikerin darauf verzichtet, die Mitgliedsstaaten zur Öffnung aller Grenzen aufzufordern, wie es ihr Amtsvorgänger Jean-Claude Juncker angemahnt hatte. Von der Leyen hat sich auch nicht für eine einheitliche, europaweite Tracking-App starkgemacht, die bei Urlaubsreisen helfen könnte. Stattdessen ist bloß noch von einer abgestimmten Entwicklung die Rede. Immerhin bleibt Brüssel im Streit über die Erstattung von Urlaubsreisekosten hart. Die Verbraucher dürften nicht mit Reisegutscheinen abgespeist werden, sagte Vestager. Sie werde deshalb alle betroffenen Staaten anschreiben und zur Einhaltung des Verbraucherrechts ermahnen, so die Dänin. Deutschland steht ganz oben auf ihrer Liste.

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