EU-Finanzminister zu Bankenpleiten: Besitzer haften, nicht die Staaten
In Zukuft sollen bei einer Bankenpleite zunächst Besitzer, Gläubiger und Großanleger zahlen. Darauf einigten sich die europäischen Finanzminister und sind zufrieden.
BRÜSSEL afp | Die EU-Finanzminister haben neue Regeln zur Abwicklung von Banken beschlossen, damit künftig nicht mehr die Steuerzahler für die Pleite von Geldhäusern zahlen müssen. „Die Einigung ist ein Meilenstein in unseren Bemühungen, den Teufelskreis zwischen Banken und Staaten zu zerschlagen“, sagte der irische Finanzminister Michael Noonan am Donnerstagmorgen in Brüssel.
Künftig sollen zunächst Besitzer, Gläubiger und Großanleger bei einer Bankenpleite zur Kasse gebeten werden. Es gelte in der gesamten EU nun das „Prinzip, dass wir in Zukunft, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten, nicht die Steuerzahler in erster Linie bezahlen lassen“, erläuterte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „In erster Linie haften die Eigentümer, die Gläubiger der Banken in der Hierarchie der unterschiedlich riskanten Papiere, und dann muss der Mitgliedstaat seine Verantwortung übernehmen.“
Neben dieser sogenannten Haftungskaskade, an deren Ende erst der Steuerzahler steht, ist ein Hauptpunkt der ab 2018 geltenden neuen Richtlinie, dass die Banken in nationale Abwicklungsfonds einzahlen müssen.
Die EU zieht damit die Lehren aus der Finanzkrise: Die EU-Kommission genehmigte in den Jahren 2008 bis 2011 Staatshilfen in Höhe von 4,5 Billionen Euro für angeschlagene Finanzinstitute. Durch die milliardenschweren Finanzspritzen gerieten Staaten wie Irland oder Spanien selbst in Bedrängnis. Der Beschluss sehe daher vor, dass die Aufsichtsbehörden frühzeitig bei maroden Banken eingreifen können, sagte Noonan, der als Vertreter der irischen Ratspräsidentschaft die schwierigen Verhandlungen leitete.
Guthaben unter 100.000 sind gesichert
Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro werden von der Haftung bei Bankenpleiten ausgenommen. „Wir haben die Einlagensicherung, auf die kann sich jeder nicht nur in Deutschland, sondern in Europa verlassen, so dass das für die normalen Anleger und Sparer eher eine theoretische Übung ist", sagte Schäuble. Kleine und mittlere Unternehmen sowie natürliche Personen sollen auch bei höheren Einlagen der Möglichkeit nach geschont werden.
Die Richtlinie zur Bankenabwicklung ist eine wichtige Säule für die europäische Bankenunion, zu der auch eine gemeinsame europäische Aufsicht über die Finanzinstitute in der Eurozone gehört. „Für die Stabilität im Finanzsektor als Ganzes ist es ein wichtiger Schritt“, sagte Schäuble. Eine bis Jahresende angestrebte Einigung mit dem Europaparlament auf die neuen Haftungsregeln ist auch eine Voraussetzung dafür, dass Banken in Zukunft unter strengen Auflagen direkte Hilfszahlungen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM erhalten können.
Bei einem ersten Treffen am vergangenen Freitag hatten die Minister trotz Nachtsitzung keine Einigung erzielt, da - wie auch noch bei der zweiten Runde - umstritten war, wie viel nationalen Spielraum die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Haftungsregeln bekommen. Deutschland pochte etwa auf strikte Vorgaben, Frankreich beispielsweise wollte Ausnahmen gewähren können und das benötigte Geld bei einer Pleite auch aus den nationalen Abwicklungsfonds sowie dem ESM nehmen.
Solche Ausnahmen sollen nun erst möglich sein, wenn durch die Beteiligung von Eigentümern, Gläubigern und Anlegern ein Betrag in Höhe von mindestens acht Prozent der gesamten Verbindlichkeiten einer Bank zusammenkommt. „Dieser Abend ist ein schöner Erfolg“, begrüßte der französische Finanzminister Pierre Moscovici den Beschluss.
Leser*innenkommentare
Feldmann
Gast
Warum werden Banken nicht genau so liquidiert wie jede andere Pleitefirma? Insolvenzverfahren etc....
Wenn Banken Systemrelevant sind, dann ist das System krank.
Bin kein Spezialist, aber eine Bank ist doch eigentlich nur eine Firma die eine Datenbank führt. Warum kann das nicht einfach die NSA gegen eine kleine Gebhr machen, die entsprechenden Supercomouter und Internetzugänge haben die eh.
Das Bankenwesen sollte eine einfache staatliche Dienstleistung sein, genauso wie die Börse.
Oberschicht
Gast
So zu tun, als wären Geldvermittler für alle Probleme auf dieser Welt verantworltich ist lächerlich!
So zu tun, als würden die Besitzer der Banken nur Aktien von einem einzigen Unternehmen bzw. einer Bank halten ist ebenso lächerlich!
So zu tun, als hätten diese Kapitalbesitzer durch den Verlust eines einzelnen Unternehmens bzw. einer Bank einen nachhaltigen Schaden erlitten, übertrifft jedoch alles!
Nehmt es endlich wahr! Die obersten 10% insbesondere die obersten 0,1% haben von der Politik, die in den letzten Jahren durch das Volk legitimiert wurde, übermäßig profitiert, nicht die jetzt arbeitlosen kleinkriminellen Bankster!
Irmi
Gast
27.06.2013 11:15 UHR
von Marion:
"Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro werden von der Haftung bei Bankenpleiten ausgenommen." Warum? Sind Sparer nicht auch Kapitalisten?
Die haben vielleicht ihr Leben lang gearbeitet und gespart ?? Das gesparte Geld ist auch längst versteuert zuerst mal durch ein Gehalt und dann noch die Zinsertragssteuern bzw. Vermögenssteuer. Nur kein Neid.
Vorschlag:
Es gibt doch kaum noch Zinsen auf Spareinlagen, dann bunkert doch lieber das Geld daheim im sicheren Safe, dann kann es der Staat nicht wegnehmen.
Es ist ja pervers, das der deutsche Staat Banken mit Milliarden Steuerzahlergeld rettet und die Typen sich dennoch super Gehälter und Millionen Bonis jedes Jahr auszahlen, sich Bankpaläste baut, und mit dem Geld der dummen Sparer zockt.
Toll, das aufgedeckt wurde, das über Deutschlands Aktionäre gelacht wird, das scheiß Geld von den scheiß Deutschen.
Wer sein Geld bei der Bank spart ist selber schuld. Ich hab kein Geld das ich wegsparen könnte, bin froh wenn ich um die Runden komme, mit dem was ich habe.
KalleK
Gast
Ist ja wieder mal eine schöne Augenwischerei ...
Erst die Besitzer ... die sind ja schon pleite !
Also der Staat (=der Steuerzahler)
und dann der Steuerzahler.
Wer zahlt also im Endeffekt ?
Aber schön, daß sich eine Kommission für viel Geld mal einen Kopf darum gemacht hat, wie man dem "kleinen Mann" seine eigene Blödheit mal
wieder vor Augen führen kann.
sommerliche grüsse
antares56
Gast
Und ganz am Schluss soll doch der Steuerzahler zahlen! Warum eigentlich? Die Banken beteiligen uns auch nicht an ihren Gewinnen!
friedbert
Gast
Diese Einigung ist ein Witz.
Die Anleger+Gläubiger+Eigentümer-Gruppe mit ihren Hang zu hochriskanten
und renditestarken Investionen sollen
nur maximal 8% des Gesamtschuldenstandes
der eigenen Banken bezahlen.
Für 92% soll die Allgemeinheit bürgen,
welcher Mensch spricht hierbei von Fortschritten?
Das ist Barbarei.
Dann wird das Risiko eben noch höher geschraubt,
um auf vergleichbare Renditen zu kommen.
Für wie blöd läßt sich die deutsche Politik
eigentlich verkaufen???
Die Anleger, da fallen doch die Kleinanleger,
als die fast Finanzunmündigen mit drunter!
Die Eigentümer und Gläubiger sind aber
die Hauptrisikotreiber!!!
Es ist völlig unklar und sicherlich extrem
unwahrscheinlich, dass die Hauptrisikotreiber
auch das höhste Verlustrisiko bekommen!!!!!
Die Eigentümer+die Gläubiger, wenn es sich um
Verluste aus Hochfrequenzhandel, Hedgefonds,
CDOs handelt, das volle Risiko selbst zu tragen!!!!!!
Die Leute, die die Verluste durch idiotische
Geschäfte außerhalb der Realwirtschaft verursachten,
sollten zuerst und überproportional bezahlen.
92% legitimierte Kapitalhaftung durch die Allgemeinheit ist ein Verbrechen!!!!
Das ist eine Volks-und Demokratieentmachtung!
Herr Moscovici sollte einmal auf mafiöse
Umtriebe und Geheimdienstaktivitäten kontrolliert.
Er bringt mit so einer dämlichen Politik
das europäische Modell zum Zusammenbruch.
Nichts aber auch gar nicht wurde annähernd
vernünftig gelöst!!
Eine Schande ist dieser Verein!
Zuerst müßten einmal die tatsächlichen Verursacher
geschnappt werden.
Auch dann wenn die bereits ihre Anteile bzw.
Eigentumsrechte bereits abgestoßen haben!!!!
Und dann müßte deren Besitz offengelegt werden.
Und wenn wird das Verhältnis genau umgekehrt.
Die Leute gehen mit 100% ihres Besitzes ins Risiko!!
Das ist noch sehr gnädig.
Auch Firmenbesitzer haften in UNBESCHRÄNKTER
Höhe, bevor sie Insolvenz beantragen!!!!
Um wieviel mächtiger sind dabei Bankvorstände
und Bankeneigentümer bevorteilt.
Für wie blöd hält die Politik eigentlich ihre
Bürger?????????????!!!!!
Es wird wirklich Zeit für neue Parteien.
Das ist eine Zumutung!!!
Stevo
Gast
ich wäre für 92% in der ersten Kaskadenstufe, da brauch ich in der letzten Kaskade nur zwei Kästen Pfand wegbringen...
Informatiker
Gast
Mir drängt sich die Frage auf, ob damit auch eine Verpflichtung der Staaten zur Rettung beschlossen wurde, der Artikel liest sich so, und ob es so eine vorher noch nicht gab, die Initiative also eher ein Rückschritt wäre.
Weiter wäre interessant, zu wissen, wie denn die Regelung "zuerst die Eigentümer" aussieht. Bis die nichts mehr haben? Oder bis mit der Kohle der Gläubiger und Großanleger noch die 8 % erreicht sind?
Wie so oft tuckert dieser Artikel also nur seicht auf der Oberfläche dahin und gibt größtenteils nur die Sprechblasen der Politiker wieder...
Das kann die taz doch auch besser!
Marion
Gast
"Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro werden von der Haftung bei Bankenpleiten ausgenommen."
Warum? Sind Sparer nicht auch Kapitalisten? Mitgefangen, mitgehangen! Wäre nämlich sehr schön wenn alle mal spüren wie es ist wenn kein Geld mehr auf dem Konto ist!
Grüße von einem Hartz4-Bezieher
pessi M I S T
Gast
bis 2018 halten die wenigsten angeschlagenen banken durch.
bis dahin ist der bankenmarkt bereinigt und die steuerzahler wurden mit hunderten milliarden in der zwischenzeit zur sanierung bzw. zur abwicklung der pleitebanken herangezogen
im übrigen werden durch derart lange fristen, bankenrettungs wettbewerbe der einzelnen mitgliedsländer nach dem windhundprinzip ausgelöst.
die rettungsmilliarden könnten ja ausgehen.
plumpe bürgerver rsche.....
Harry
Gast
Ich habe nicht viel Ahnung vom Finanzmarkt und hierbei relevantem Finanzrecht und relevanter -politik. Zudem begrüße ich die zunächst positiv erscheinende Meldung, nun SteuerzahlerInnen nicht weiter "in erster Linie" in Haftung zu nehmen.
Dennoch begreife ich nicht, dass eine Bankenpleite nicht wie eine sonstige Firmenpleite behandelt wird: Das verbleibende Kapital der Firma wird auf die Gläubiger verteilt. Ist das Geld verteilt, bleiben die restlichen Forderungen offen. Wenn ich es richtig verstehe, werden bei einer Bankenpleite hingegen die noch offenen Rechnungen durch Steuergelder getilgt.
Dieses Vorgehen vermindert meines Erachtens eine gesunde Skepsis gegenüber Banken, die hochspekulative Geschäfte abwickeln und demnach eher pleite gehen können. Würden im Falle einer Pleite die restlichen offenen Forderungen nicht getilgt, wären solche Banken unattraktiver für GeldanlegerInnen und aufgrund dessen nicht so gefragt. Das Problem maroder Banken würde sich in diesem Fall von selbst erledigen.
Liege ich da falsch?