EU-Beitritt Albanien und Nordmazedonien: Streit um Westbalkanländer
Frankreich sperrt sich gegen den Start der Verhandlungen. Bundeskanzlerin Merkel will versuchen, Präsident Macron noch umstimmen.
Merkel gebe die Hoffnung nicht auf, Macron umstimmen zu können, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin. „Das ist kein Thema, was wir unter ferner liefen verhandeln“, fügte er hinzu. Es gehe um eine „entscheidende strategische Frage“ für die EU. Ohne Beitrittsperspektive, so die Sorge, könnten Russland oder China mehr Einfluss auf dem Balkan gewinnen.
Auch die Türkei und die USA werben um die Region, die seit den Balkankriegen nach neuen Perspektiven sucht. Bisher hatte die EU jedoch die Nase vorn. Zuletzt war es ihr gelungen, den uralten Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien zu lösen.
Weniger Erfolg hatte die EU in Albanien. Das Land hat kein funktionierendes Rechtssystem; das Verfassungsgericht ist derzeit nur mit einer einzigen Richterin besetzt. Auch am Wahlsystem gibt es erhebliche Zweifel. Die Wahlen werden regelmäßig von Manipulationsvorwürfen überschattet.
Massive Vorbehalte in den Niederlanden
Der Beitritt Albaniens ist in der EU alles andere als populär. Massive Vorbehalte gibt es unter anderem in den Niederlanden. Der größte Widerstand kommt allerdings aus Frankreich. Macron begründet sein Veto damit, dass die EU nicht für die Aufnahme neuer Länder gerüstet sei, und der gesamte Beitrittsprozess neu geordnet werden müsse. „Diese Länder werden eines Tages Mitglieder der EU sein, aber es ist zu früh, den rechtlichen Weg zu beschreiten“, sagte ein Vertreter des französischen Präsidenten in Brüssel.
Mit Rücksicht auf Frankreich und die Niederlande war die Entscheidung in Brüssel auf die Zeit nach der Europawahl verschoben worden. Doch auch im neuen Europaparlament stößt die Beitrittsperspektive nicht auf Begeisterung. Albanien erfülle die EU-Kriterien selbst dann nicht, „wenn man beide Augen zudrückt“, kritisierte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber.
Für Beitrittsgespräche sei es deshalb definitiv zu früh. Es liege zwar im geopolitischen Interesse der EU, die Balkanstaaten an sich zu binden, so Ferber. Man dürfe jedoch keine falschen Hoffnungen wecken. Demgegenüber werben die Grünen für einen Start der EU-Gespräche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag