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EU-Außenminister in der UkraineKlassentreffen in Kyjiw

Beim Treffen der EU-Außenminister wurden keine Beschlüsse gefasst. Dafür gab es Diskussionen – etwa zum möglichen Beitritt der Ukraine in die Union.

Sieht die EU bald „bis Luhansk“: Bundesaußenministerin Baerbock am Montag in Kyjiw Foto: Valentyn Ogirenko/rtr

Brüssel taz | Es war eine Premiere: Zum ersten Mal haben sich die EU-Außenminister am Montag in Kyjiw getroffen – und damit in einem Land, das sich nicht nur im Krieg mit Russland befindet, sondern auch außerhalb der Europäischen Union. „Historisch“ sei das, freute sich EU-Chefdiplomat Josep Borrell. Das Treffen sei ein Bekenntnis zum Beitritt der Ukraine, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Die EU werde schon bald „von Lissabon bis Luhansk“ reichen.

Doch Beschlüsse wurden bei dem informellen Treffen nicht gefasst. Es nahmen auch nicht alle 27 Außenminister teil. Polen, Ungarn und Lettland schickten nur Stellvertreter zur Klassenreise in die ukrainische Hauptstadt. Ob die fehlenden Minister erkrankt waren, wie es in Warschau hieß, oder aus politischen Gründen fernblieben, wie in Brüssel vermutet wurde, blieb offen. Ungarn hat der Ukraine schon mehrfach die Solidarität verweigert, zuletzt war auch Polen auf Distanz gegangen.

Vor allem die Frage der Waffenlieferungen sorgt immer mehr für Spannungen. Am Wochenende hatte der mögliche Bald-Regierungschef der Slowakei, Robert Fico, erklärt, dass er keine Waffen mehr in die Ukraine liefern will. Vor diesem Hintergrund wollten die EU-Außenminister ein Zeichen setzen, dass sie trotz zunehmender Kriegsmüdigkeit weiter zu Kyjiw halten. Entscheidungen standen nicht an, also machten sie Symbolpolitik.

Es gehe darum, „unsere Solidarität und unsere Unterstützung für das ukrainische Volk auszudrücken“, sagte Borrell. Deutschland und die EU müssten dem Land nun mit einem „Winterschutzschirm“ beistehen, forderte Baerbock. Besorgt klang Gastgeber Dmytro Kuleba. Die europäischen Verbündeten müssten geschlossen bleiben, forderte der ukrainische Außenminister. Ähnlich äußerte sich Präsident Wolodimir Selenski. Der Sieg der Ukraine hänge „direkt“ von der Zusammenarbeit mit der EU ab, betonte er.

„Nur eine Frage der Zeit“

Fast klang es so, als wollte Selenski die fehlenden Erfolge an der Front auf die Europäer schieben. Zugleich erhöhte er den Druck in Sachen EU-Beitritt: Die Aufnahme sei „nur noch eine Frage der Zeit“, erklärte er. Allerdings haben bisher noch nicht einmal die Beitrittsverhandlungen begonnen. Dafür müssen die 27 EU-Staaten einen einstimmigen Beschluss fassen.

Zuvor muss die EU-Kommission eine entsprechende Empfehlung geben. Dies soll jedoch erst im November geschehen. Erst dann wird sich auch zeigen, ob die Ukraine wichtige Bedingungen etwa im Kampf gegen die Korruption erfüllt – und ob alle 27 mitziehen. Derzeit sieht es nicht danach aus.

So erklärte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, vor dem Beginn von Verhandlungen seien noch „sehr lange und schwere Fragen“ zu klären. Andere EU-Staaten haben wegen der weit verbreiteten Korruption große Bauchschmerzen. Dies wissen natürlich auch die Außenminister. Doch bei ihrem Besuch in Kyjiw setzten sie sich kurzerhand über alle Bedenken hinweg.

Die Ukraine sei „Mitgliedskandidat und künftiges Mitglied“, sagte Borrell in Kyjiw. Es war nicht nur eine Premiere, sondern auch ein Tabubruch. So weitgehende Versprechen hat die EU nämlich noch nie gemacht. Dabei warten Länder wie Albanien oder Bosnien-Herzegowina bereits seit mehr als 20 Jahren auf feste Zusagen aus Brüssel. Nun müssen sie mitansehen, wie sie von der Ukraine überholt werden.

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1 Kommentar

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  • Ich fürchte es wird sich später als Fehler erweisen, der Ukraine die EU-Mitgliedschaft geradezu hinterhergetragen zu haben. Für mein Empfinden mutet es zum Teil peinlich an, wie Herr Selenski von einigen führenden EU-Politiker*innen geradezu "hofiert" wird.







    Natürlich schafft der Krieg eine Ausnahmesituation in der Unterstützung notwendig ist.

    Allerdings ist festzustellen, dass die Ukraine nicht um Unterstützung (egal ob militärisch oder wirtschaftlich) gebeten hat - sondern die Hilfen wurden von Anfang an massiv gefordert. Es wurde moralischer Druck aufgebaut und auch nicht davor zurückgeschreckt, einzelne westliche Politiker die zögerten, verächtlich zu machen und zu beleidigen. (z.B. Bundeskanzler/beleidigte Leberwurst)

    Das alles kann natürlich der Kriegsbedingten Anspannung geschuldet sein - ich fürchte allerdings dass das auch eine grundsätzliche Haltung widerspiegelt, wie sie u.a. auch beim EU-Mitglied Polen anzutreffen ist.



    Es wäre Fatal, wenn die EU nur aus einem "Gefühl der Zuneigung und Solidarität" den nächsten Forderer und Blockierer im Schnellverfahren aufnehmen sollte.