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E-Autos zum AusprobierenProbefahrt mit Paten

Wie fahren sich Elektroautos? Das kann man selten ausprobieren, ohne mit Werbung genervt zu werden. In Baden-Württemberg lassen sie sich testen.

So geht das mit dem Laden: E-Auto-Pate und Interessent vor einer Ladesäule Foto: Steve Przybilla

Lauchringen taz | Nach 30 Autominuten im Schwarzwald fährt Peter Guse erst mal rechts ran. „Ich muss Fotos machen“, sagt der 53-Jährige und zückt sein Handy. „Sonst glaubt mir meine Frau nicht, dass ich ihn gefahren bin.“

Ihn: Gemeint ist ein Hyundai Kona, das erste Elektroauto, in dem der Baden-Württemberger sitzt. „Ich bin positiv überrascht“, ergänzt Guse. „Ich hätte nicht gedacht, wie viel Power so ein Auto hat.“

Die Probefahrt startet in Lauchringen, einem Dorf in der Nähe der Schweizer Grenze. Spiegel einstellen, Gurt anlegen, Handbremse lösen – aber da ist ja gar keine Handbremse! „Drück einfach auf den Knopf“, sagt Sven Dorn, der kundige Beifahrer, der alles über Elektroautos weiß. „Den Gang legst du ein, indem du auf D drückst.“

Dorn ist kein Autohändler, er will nichts verkaufen. Hauptberuflich arbeitet er als Fahrlehrer, was seine ruhige, routinierte Stimme erklärt. Doch sein Job spielt bei der Probefahrt keine Rolle, denn diese läuft ehrenamtlich: Als „E-Moderierender“ will der Fahrlehrer die Lust an der Elektromobilität wecken – nicht durch warme Worte, sondern durch praktische Erfahrungen. Wer möchte, darf sich selbst ans Steuer setzen und ausprobieren, wie sich ein Elektroauto fährt.

Ein Projekt der Verkehrswacht

Ein paar Landstraßenrunden hat sein Proband schon gedreht. Jetzt biegt er auf einen Wirtschaftsweg ein, um den Kona genauer zu betrachten. Die beiden Männer steigen aus, Dorn holt ein orangefarbenes Stromkabel hervor. „Hiermit kannst du ihn laden“, erklärt der Elektro-Pate. „Das eine Ende kommt in die Ladestation, das andere ins Auto.“ Noch ein Blick unter die Motorhaube, dann geht’s weiter.

Ausgedacht hat sich das Projekt die Verkehrswacht Baden-Württemberg. Unter dem schlichten Namen „eAuto ausprobieren“ hat der Verein 36 Elektroautos in Umlauf gebracht, verteilt über das ganze Bundesland. Die E-Moderierenden erhalten drei Jahre einen Hyundai Kona zugeteilt. Im Gegenzug müssen sie kostenlose Probefahrten anbieten, wenn sich Interessierte in ihrem Landkreis melden.

„Wir werden förmlich überrannt“, sagt Dieter Speiser, Geschäftsführer der Verkehrswacht Baden-Württemberg. „Wir haben wahnsinnig viele Anfragen, ohne dass wir groß Werbung machen.“ Nicht nur in den Städten, auch im ländlichen Raum sei das Interesse groß. Wegen der vielen Anfragen bietet die Verkehrswacht die Probefahrten auch während der Pandemie an – mit Maske, beschränkt auf 20 bis 30 Minuten. Anmeldungen sind möglich unter der Internetadresse https://eauto-ausprobieren.de.

Die hohe Nachfrage könnte damit zusammenhängen, dass es bislang kaum vergleichbare Angebote gibt. Wer einen Verbrenner fährt und ­einen Stromer ausprobieren möchte, hat ­wenige Möglichkeiten: ein E-Auto mieten (teuer), eine Probefahrt im Autohaus buchen (werblich) oder ein elektrisches Car-Sharing-Angebot nutzen (gibt’s nur an wenigen Orten).

„Wir wollen nichts verkaufen“

Bei der Verkehrswacht steht hingegen kein kommerzieller Gedanke dahinter. Dem Verband geht es um Nachhaltigkeit. „Wir wollen nichts verkaufen“, betont Speiser, „sondern E-Mobilität vermitteln.“ Trotzdem muss er sich hin und wieder böse Kommentare anhören. „Manche fragen uns, warum wir Koreaner nehmen und keine deutschen Modelle.“ Die Antwort: Hyun­dai habe das beste Leasing-Angebot gemacht, der Verein müsse schließlich auch aufs Geld gucken.

Während der Testfahrt sollen sich die Interessierten selbst ein Bild machen, ob Elektroautos zu ihnen passen oder nicht. Kritische Fragen sind erwünscht, auch im Schwarzwald bei Sven Dorn. „Der Wallbox-Einbau in der Garage kostet viel Geld, das darf man nicht vergessen“, sagt der Fahrlehrer. Sein Proband nickt. „Zum Glück steht direkt gegenüber von meinem Haus ’ne Ladestation.“

Und wo kann man jetzt laden, hier auf dem Land? Dorn öffnet eine App auf seinem Handy. Eine Landkarte von Lauchringen erscheint, drei Ladestationen mit insgesamt 14 Ladepunkten werden angezeigt. „Hier siehst du alle Standorte, an denen du Strom bekommst“, sagt Dorn. „Die Kommunen hängen sich rein, aber auch immer mehr Supermärkte bieten Lademöglichkeiten an.“ Er tippt auf den Bildschirm, um die nächstgelegene Stromtankstelle auszuwählen. Der Testfahrer lacht: „Das ist ja idiotensicher.“

Noch ein Auto mehr auf den Straßen?

Vor dem nahegelegenen Möbelhaus parkt schon ein Tesla. An den Strom angeschlossen ist er nicht, vermutlich hat er noch genug Saft in der Batterie. Jetzt zeigt Dorn, wie sich Elektroautos öffentlich aufladen lassen: Kabel rein, Ladekarte an die Säule halten, und los!

Sven Dorn hatte inzwischen schon viele Neugierige an Bord. „Alle waren unbefangen und sehr zufrieden“, sagt der E-Moderator. Am Ende blieben die meisten trotzdem bei ihrem Verbrenner. „Vielen ist es einfach zu teuer oder zu aufwendig. Aber sie denken zumindest darüber nach.“

So ist es auch bei Peter Guse, seinem aktuellen Testfahrer. „Das Auto gefällt mir sehr gut“, resümiert der 53-Jährige. „Aber ich habe auch ein Boot und zwei Hunde. Da muss ich gucken, ob es vom Platz her passt.“ Vielleicht, sagt er, kauft er sich das E-Auto auch bloß als Zweitwagen, einen kleinen Renault Twingo zum Beispiel. Der Testfahrer findet diese Idee charmant, die Umwelt wohl weniger: Noch ein Auto mehr auf den Straßen – wenn auch ein elektrisches.

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1 Kommentar

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  • Vermutlich wäre es effizienter, kommerzielle Vermitetungsfirmen verbilligt mir Elektroautos zu versorgen, bzw. die jeweils erste Fahrt eines Kunden damit zu bezuschussen.