Dyhzy in Argentinien: Die Dragqueen und der Präsident
Auf Instagram ist Dyhzy ein Star. Sein*ihr Vater ist Argentiniens Staatschef Alberto Fernández. Dieser hat nun ein wegweisendes Dekret erlassen.
Wenn der Präsident sich öffentlich über sein Kind aus erster Ehe äußert, dann nur positiv. Die Künstler*in hatte ihren Vater bei dessen Einführung ins Präsidentenamt im Dezember 2019 denn auch sichtlich stolz begleitet. Brav im Anzug und mit Krawatte, aber mit einem auffallend regenbogenfarbenen Tuch in der Brusttasche. „Mein Vater war immer präsent, hat mich oft von der Schule abgeholt. Auch als er Kabinettschefs war oder während der Scheidung von meiner Mutter“, erzählt der*die 26-Jährige.
Allerdings habe ihm sein Name Estanislao nie gefallen. „Ich konnte mich nie mit diesem Namen identifizieren, nennen Sie mich also bitte nicht so.“ Sein*ihr erstes Mal im Drag sei für ein Fotoshooting einer Freundin gewesen. Anfangs habe die Künstler*in es vor den Eltern verheimlicht aus Angst, sie würden es ablehnen. „Im Katechismusunterricht wurde mir beigebracht, dass Homosexualität etwas Unwürdiges ist.“
Dyzhy wäre für ein öffentliches Amt ungeeignet, weshalb er*sie auch keines anstrebe. Zusammen mit seiner*ihrer Lebensgefährtin, einer Fotografin und Visagistin, lebt er*sie in Buenos Aires. „Ich fühle mich auch nicht als Peronist oder als Kirchnerist“, meinte der*die 26-Jährige in Bezug auf die politische Ausrichtung des Vaters. Dabei wäre es leicht, einen Anknüpfungspunkt zu finden: „Die Arbeit als Dragqueen in den Nachtclubs wird schlecht bezahlt. Unter der Hand geben sie dir ein paar Hundert Peso und sagen, das reicht für deinen Auftritt“, so Dyhzy.
Das Dekret geht manchen nicht weit genug
Vergangene Woche hat Alberto Fernández per Präsidialdekret verfügt, dass es zukünftig Ausweise auch für nichtbinäre Menschen geben wird. Zu den traditionellen Geschlechtsbezeichnungen „M“ und „F“ für Mann und Frau kommt eine geschlechtsneutrale Zuordnung mit dem Buchstaben „X“ zur Auswahl hinzu. Dyhzy hat bereits angekündigt, die genderneutralen Ausweise beantragen zu wollen. „Es gibt verschiedene Typen innerhalb des Spektrums: männlich, weiblich, nichtbinär, queer, fließendes Geschlecht.“
Genau dies war bei der feierlichen Unterzeichnung des Dekrets Anlass zum Protest. Während der Präsident symbolisch den ersten Ausweis überreichte, enthüllte die empfangende Person den Schriftzug „No somos X“ auf ihrem T-Shirt. „Wir sind kein X, das innere Gefühl ist kein X“, rief jemand lautstark aus dem Publikum. Klar gebe es andere Formen, reagierte Präsident Fernández sachlich. Aber hinter dem Dekret stehe auch eine internationale Vereinbarung, die solche Rechte auf nationaler Ebene nur im begrenzten Maße zulasse. „Es ist ein Fortschritt, wir sollten dies nicht leugnen“, so der Präsident.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale