Durchsuchungen in Bundeswehrkasernen: Wehrmachtsfotos mit Plaketten okay
Von der Leyen akzeptiert Weltkriegsandenken bei der Bundeswehr – zumindest mit Einordnung. Kritik kommt von der SPD und der Linken.
Das Verteidigungsministerium hatte die Durchsuchungen angestoßen, nachdem Ende April eine rechtsextreme Gruppe um den terrorverdächtigen Oberleutnant Franco A. aufgeflogen war. Von der Leyen persönlich ordnete damals an, sämtliche Kasernen auf Wehrmachtsandenken zu kontrollieren.
Nach dem Ende der Aktion sagte sie jetzt, es sei „vollkommen in Ordnung“, entsprechende Gegenstände in Kasernen auszustellen, wenn sie „eingeordnet und in einem historischen Kontext erklärt“ würden.
Als Beispiel nannte sie das Foto von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform, das bis zu der Durchsuchung in Räumen der bundeswehreigenen Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg gehangen hatte. Eine Hinweistafel mit Informationen zu Schmidts späterem Werdegang und seiner „späteren kritischen Auseinandersetzung mit der Wehrmacht“ habe gefehlt. Deshalb musste das Foto nach Ansicht der CDU-Politikerin weg.
SPD-Verteidigungsexperte: Aktion sorgt für Misstrauen
Rainer Arnold, Verteidigungsexperte des Koalitionspartners SPD, kritisierte die Durchsuchungen. Die Aktion habe in der Bundeswehr für Misstrauen gesorgt. „Es geht einfach nicht, dass Stuben durchwühlt werden, ohne dass die darin lebenden Soldaten anwesend sind.“
Im Falle des Helmut-Schmidt-Fotos wäre es sinnvoller gewesen, den Studenten eine Hausaufgabe zu geben: Für eine Plakette unter dem Bild hätten sie ein Zitat aus der Rede heraussuchen sollen, die Schmidt im Jahr 2008 während eines Gelöbnisses vor dem Reichstagsgebäude hielt. Damals sagte der Altkanzler, als Soldat habe er erst gegen Ende des Weltkriegs begonnen, den „verbrecherischen Charakter des ‚Dritten Reiches‘ zu begreifen“.
Generell gegen Wehrmachtsandenken, ob mit oder ohne Plakette, sprach sich die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz aus. „Bezüge auf die Wehrmacht haben in der Bundeswehr und in den Kasernen nichts zu suchen“, sagte sie. Mit entsprechenden Gegenständen könne man sich stattdessen in Museen, Schulen und in der Wissenschaft auseinandersetzen.
Kritik an öffentlicher Ankündigung der Durchsuchung
Buchholz kritisierte zudem, dass das Verteidigungsministerium die Durchsuchung öffentlich angekündigt hatte. Viele Gegenstände seien daraufhin vermutlich in Kisten gepackt worden und tauchten daher in der Zählung des Ministeriums nicht auf.
Zum Fall von Franco A. und seinen mutmaßlichen Mittätern erfuhren die Abgeordneten in der Sitzung wenig Neues. Das Ministerium teilte lediglich mit, dass gegen den Leiter und den ehemaligen Rechtsberater des Kölner Streitkräfteamtes Disziplinarverfahren eingeleitet wurden. Die beiden Männer waren dafür verantwortlich, dass aus der rechtsextremen Masterarbeit des Oberleutnants keine Konsequenzen folgten. Weder verhängten sie Disziplinarmaßnahmen noch informierten sie den Militärischen Abschirmdienst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren