piwik no script img

Duisburgs neue MoscheeDie Größte und Harmonischste

Anders als in Köln erfolgte der Bau von Deutschlands größter Moschee in Duisburg ohne jeden Streit. Dies ist auch Ausdruck eines tief greifenden Strukturwandels im Ruhrgebiet.

Die Merkez-Moschee im Duisburger Stadtteil Marxloh wird am Sonntag eingeweiht. Bild: dpa

DUISBURG taz Rund dreieinhalb Jahre nach dem ersten Spatenstich öffnet an diesem Sonntag die derzeit größte Moschee Deutschlands offiziell ihre Tore. Mehr als 5.000 Gäste aus dem In- und Ausland erwartet die Ditib-Gemeinde im Duisburger Stadtteil Marxloh. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat sein Erscheinen zugesagt. Heftige Auseinandersetzungen wie um den Moscheeneubau in Köln gab es in Duisburg nicht.

Dass der Bau so reibungslos vonstatten ging, lag nicht zuletzt daran, dass sowohl die Ditib-Gemeinde als auch die Duisburger Politik sehr umsichtig agierten. "Schon im Vorfeld waren wir alle im Stadttteil mit einbezogen und haben von Anfang an offen diskutiert", berichtet Hartmut Eichholz vom Stadtteilbüro Marxloh.

Man zog eine Lehre aus der Vergangenheit. Denn ein solcher Streit, wie er in Köln die Gemüter erhitzt, hatte Duisburg bereits Mitte der Neunzigerjahre erschüttert. Damals hatte eine Moschee in Laar geplant, den Muezzinruf per Lautsprecher über die Dächer des Stadtteils erschallen zu lassen. Ein Sturm der Empörung brach los. Die Rolle der rechtsextremen Bürgerbewegung pro Köln übernahm in Duisburg seinerzeit ein evangelikaler Pfarrer. "Eine multireligiöse und multikulturelle Gesellschaft ist kein biblisch-christliches Gebot", predigte er.

Für den Marxloher Neubau gründete Ditib 2002 einen Projektbeirat, in den Parteien, Kirchen und Bürger einbezogen wurden. Gemeinsam wurde eine Grundidee entwickelte: die Kirche unter dem Motto "Dialog unter der Kuppel" zu einer interreligiösen Begegnungsstätte zu machen. So konnte auch die Unterstützung des Landes NRW und von der EU gewonnen werden, die im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" das Zentrum mit 3,2 Millionen Euro förderten. Der Rest der Gesamtbaukosten von knapp 8 Millionen Euro kam laut Ditib "durch Spenden" zusammen. Die Merkez-Moschee solle "ein Haus für alle" sein, verspricht der Gemeindevorsitzende Mehmet Özay.

Was hier nun in der Warbruckstraße entstanden ist, kann auch als ein Ausdruck jenes tief greifenden Strukturwandels verstanden werden, mit dem sich das Ruhrgebiet bis heute so schwertut. Denn dort, wo jetzt der neue islamische Prachtbau steht, stand einst die Kantine des Bergwerks Marxloh. 1984 kaufte Ditib das Gelände. Nun hat sie ein "richtiges" Gotteshaus.

Einen architektonischen Wettbewerb wie in Köln gab es nicht. Anders als ihre Glaubensbrüder in Köln hielt es die Duisburger Ditib lieber mit Adenauer: Keine Experimente! So ist das Bauwerk nach einem Entwurf von Cavit Sahin dem traditionellen Vorbild der osmanischen Kuppelmoschee verpflichtet. Entstanden ist eine mit Minarett versehene Hagia Sophia en miniature. Über einem Rechteck von 40 mal 28 Metern erhebt sich eine zentrale, 23 Meter hohe Kuppel, die von vier Halbkuppeln und zehn kleineren Kuppeln umringt wird. Vom Scheitelpunkt der großen Kuppel ragt ein Leuchter von sechs Metern Durchmesser herab.

Als Platz für die Frauen vorgesehen ist eine unter den Halbkuppeln schwebende Empore. Aber immerhin weist die Moschee unüblicherweise einen gemeinsamen Eingang für Frauen und Männer auf. Der Gebetsraum fasst insgesamt 1.200 Gläubige, 800 Männer unten und 400 Frauen oben. Die Innenausmalung übernahm der Istanbuler Architekt Volkan Altinkaya, dessen Werk aus Blau, Rot und Blattgold sich die Gemeinde 200.000 Euro kosten ließ.

Das begehbare Minarett hat eine Höhe von 34 Metern. Der Muezzin wird das Minarett nicht benutzen: Ditib hat versprochen, seinen Ruf nur im Innern der Moschee erschallen zu lassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!