Dürre in Spanien: Die Hitze Sevillas hat jetzt Namen
Auf der Iberischen Halbinsel ist es heiß, es herrscht eine Wetterlage wie seit 1.200 Jahren nicht. Spanien leidet unter dem Klimawandel.
Die Namen sind nur ein Teil der Maßnahmen, die in der unter der Hitze ächzenden südspanischen Stadt ergriffen werden: Das Projekt Prometeo Sevilla entstand auf Initiative des Adrienne Arsht-Rockefeller Foundation Resilience Center des Atlantic Council in Washington. Hier werden Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen entwickelt, die durch den Klimawandel auf die Bevölkerung zukommen. Hitze wird, so der Projektansatz, im Vergleich zu anderen Naturkatastrophen tendenziell unterschätzt. „Wir sind die erste Stadt der Welt, die einen Schritt unternimmt, der uns hilft, zu planen und Maßnahmen zu ergreifen, wenn solche Wetterereignisse auftreten“, sagt Antonio Muñoz, sozialdemokratischer Bürgermeister von Sevilla.
Ziel des Projekts, an dem auch das spanische Wetteramt sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen teilnehmen, ist es, Hitzewellen besser vorhersagen zu können, die Bevölkerung vor den gesundheitlichen Auswirkungen der Hitzewellen zu warnen und ihnen Verhaltensrichtlinien an die Hand zu geben. Sevilla ist nur der Anfang: Prometeo will in den kommenden acht Jahren 500 Millionen Menschen mit einen Programm für den Umgang mit starker Hitze zu erreichen.
Das spanische Wetteramt AEMET spricht dann von einer Hitzewelle, wenn die Höchsttemperaturen mindestens 3 Tage in Folge 10 Prozent über einem langjährigen Schwellenwert liegen. Durch den Klimawandel geschieht das immer häufiger. Die erste Hitzewelle durchlebte Spanien in diesem Jahr bereits im Mai, die zweite im Juni. Die Temperaturen stiegen früher als üblich in Mittelspanien auf 35 Grad, in Südspanien gar über 40 Grad. Sevilla ist besonders stark betroffen: Im vorigen Jahr wurde hier im August eine Rekordtemperatur von knapp 48 Grad gemessen.
Hitzeopfer werden jetzt gezählt
Jahrelang ignorierte Spanien das Phänomen Hitze weitgehend. Es galt einfach als normal. Während etwa das Nachbarland Frankreich seit den 1970ern Statistiken veröffentlicht, aus denen die erhöhte Sterblichkeit durch besonders heiße Sommer hervorgeht, zählt Spanien meist nur diejenigen als Hitzetote, die eindeutig an einem Hitzschlag starben. So gab es völlig unterschiedliche Schlagzeilen im ersten besorgniserregenden Rekordsommer 2003. Frankreich vermeldete damals 15.300 Tote, Spanien gerade einmal 141.
In der Covid-Krise wurde beim Thema Hitzetote die Methode geändert. Spanien gibt nun auch Zahlen zur erhöhten Sterblichkeit in Hitzewellen bekannt. Allein in der Hitzewelle im Juni verstarben danach 714 Personen mehr als normal – 208 davon in und um die Hauptstadt Madrid.
Die Gesundheit der Bevölkerung ist nicht das einzige Problem. Der Klimawandel bringt auch einen Rückgang der Niederschläge mit sich. In diesem Jahr sind Spaniens Stauseen Anfang Juli gerade einmal noch zu 46 Prozent gefüllt. Im Zehnjahresmittel waren es 67 Prozent. In der Südhälfte des Landes sind die Stauseen sogar schon zu zwei Dritteln leer. Da es dank warmer Winter immer weniger schneit, liegt in hohen Gebirgslagen nur noch wenig Schnee, sodass auch von dort kein Wasser zu erwarten ist. Auch im benachbarten Portugal ist es so trocken wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Der Grund für immer länger anhaltende Trockenperioden sind besonders große Hochdruckgebiete im Winter über den Azoren-Inseln. Dadurch werden die Regenwolken weiter in den Norden getrieben. Auf der Iberischen Halbinsel bleibt es trocken. Dieses Ausnahmephänomen tritt laut einer Studie der US-amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution derzeit immer häufiger auf. Laut einer Simulation breitet sich das Azorenhoch so weit aus wie seit 1.200 Jahren nicht. Die Autorin der Studie, Caroline Ummenhofer, erklärte, sie könne dies „eindeutig den menschengemachten Emissionen zuordnen“.
76 Tage Trockenheit
Der Bauernverband COAG hat untersucht, was Spanien dank Klimawandel erwartet. „Der Countdown läuft. Auswirkungen des Klimawandels auf die spanische Landwirtschaft“, heißt die Untersuchung. Demnach ist Andalusien die am stärksten vom Klimawandel betroffene autonome Gemeinschaft – vergleichbar mit einem Bundesland – auf der Iberischen Halbinsel. Bereits 2030 soll es dort im Schnitt jährliche Trockenperioden mit einer Dauer von 76 Tagen geben, gefolgt von 68 Tagen in Extremadura und 64 in der Region Murcia.
Mit verheerenden Folgen für die Landwirtschaft, denn Wasser für Gemüse und Obstanbau wird immer knapper. Weine verlieren durch ansteigenden Zuckergehalt an Qualität. Getreide wächst durch die höheren Temperaturen immer schneller, verliert aber vor allem in der Südhälfte des Landes durch fehlende Niederschläge an Qualität und Gewicht. Dies wiederum wirkt sich auf die Viehzucht aus, die schlechtere Ware zu höheren Preisen beziehen wird. Der Agrar- und Lebensmittelsektor ist mit 5,8 Prozent des BIP und einem Exportvolumen von 50 Milliarden Euro einer der Motoren der spanischen Wirtschaft.
Je trockener das Land, umso höher ist auch das Risiko für Waldbrände. Im vergangenen Jahr brannten über 85.000 Hektar Wald und Buschland ab, über ein Viertel mehr als 2020. Dieses Jahr waren es bis Frühlingsende bereits 25.000 Hektar. Die Feuer werden immer stärker und breiten sich explosionsartig aus. So wurde im August 2021 aus einem Brand eines Pkws auf einer Landstraße nahe der zentralspanischen Stadt Ávila in wenigen Stunden ein riesiger Brandherd, der schließlich 22.000 Hektar Wald und Weideland verschlang.
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