Dürre in Österreich: Mieser Mais und müde Milchkühe
Der Mais will nicht wachsen, die Wintervorräte müssen schon verfüttert werden: Österreichs Landwirtschaft leidet unter historischer Trockenheit.
WIEN taz | Welk und viel zu klein steht der Mais auf den Feldern Niederösterreichs. Die Kartoffelernte ist ungewiss, die Milchkühe auf den Almweiden finden nicht mehr genug frisches Gras. Österreichs Landwirtschaft leidet unter einer historischen Dürre. Vereinzelte Niederschläge am vergangenen Wochenende haben in manchen Gebieten mehr Schaden als Nutzen angerichtet.
Anfang Juni standen noch weite Landstriche in Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich unter Wasser. Auf das zweite „Jahrhunderthochwasser“ binnen elf Jahren folgte der trockenste Juli seit 155 Jahren. Letzte Woche wurden mit über 40 Grad die höchsten Temperaturen seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen im 18. Jahrhundert gemessen. Das bringt viele Landwirte in Existenzkrisen.
Der Mais will nicht wachsen. Auch Soja und Sonnenblumen – Herbstkulturen wie der Mais – gedeihen unter der Hitze nicht. „Alles, was jetzt noch auf dem Feld ist, leidet bei Temperaturen um 40 Grad Celsius und hat das Wachstum eingestellt“, sagt Franz Stefan Hautzinger, Aufsichtsratschef der zentralen Markt- und Preisberichterstattungsstelle Agrarmarkt Austria (AMA).
Mehr als ein Drittel der Getreideanbaufläche Österreichs – 314.000 von landesweit 887.000 Hektar – entfällt auf Mais, der in erster Linie als Viehfutter Verwendung findet. 2012 wurden gute 2,3 Millionen Tonnen Mais geerntet. Für dieses Jahr werden maximal 1,9 Millionen Tonnen erwartet. In der Steiermark erwartet man massive Ausfälle der Kürbis- und Sonnenblumenernte. Auch der Holunder konnte sich nicht entwickeln.
In den Salzburger Regionen Lungau, Pinzgau und Pongau müssen die Kühe sechs Woche früher als üblich von der Alm geholt werden. Denn die sonst satten Bergwiesen sind trocken und abgegrast. Die Almböden können Feuchtigkeit nicht speichern. Viele Milchbauern mussten daher bereits beginnen, die Wintervorräte zu verfüttern.
Einfluss auf Milchpreis
Besonders betroffen sind Bioproduzenten. Almkühe, die sonst 20 bis 25 Liter Milch täglich liefern, geben jetzt nur mehr 10 bis 15 Liter. Insgesamt rechnet die Molkereiwirtschaft mit Produktionsrückgängen von 40 Prozent. „Das alles hat natürlich Einfluss auf den Milchpreis“, meint Stefan Lindner, Obmann der Tirol Milch. Mais und Kartoffeln werden kaum teurer werden, schätzen Experten, da weltweit genug geerntet wurde.
In Österreich wird Ende September gewählt. Deswegen zog es letzte Woche auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und seinen Koalitionspartner Michael Spindelegger (ÖVP) auf die Felder, wo sie sich mit besorgter Miene neben dürren Maisstauden und verzweifelten Landwirten ablichten ließen.
Nur ein Teil der Schäden wird durch die Hagelversicherung abgedeckt. Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) stellt daher ein Hilfspaket in Aussicht, das sich aus Stundung von Krediten, Zuschüssen und Futtermittelankäufen zusammensetzt.
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