Dürftige Strafverfolgung bei Hate Speech: Digitale Gewalt ist reale Gewalt
Nur die wenigsten Fälle von Hate Speech landen vor den Gerichten. Die Berliner Polizei ist bei der Ermittlung auch nicht mit Eifer aufgefallen.

Die Polizei verweist bei Hate Speech im Netz gern auf mangelnde Kapazitäten Foto: dpa
Hate Speech, also Hetze, Hass und Diskriminierung im Internet, wird zunehmend zum gesellschaftlichen Problem. Bleibt sie unwidersprochen und ohne strafrechtliche Konsequenzen, hat das fatale Folgen. Betroffene werden eingeschüchtert und rechtsextreme, menschenfeindliche Propaganda wird normalisiert. Und führt im schlimmsten Fall zu noch mehr Gewalt – auch außerhalb des Internets.
Dennoch landen in Berlin nur die wenigsten Fälle von Hate Speech überhaupt vor Gericht. Trotz der eigens geschaffenen Zentralstelle Hasskriminalität bei der Staatsanwaltschaft wird ein Großteil der Verfahren eingestellt. Täter*innen können sich so in Sicherheit wiegen und die Opfer werden im Stich gelassen. Die Polizei verweist bei dem Thema gerne auf mangelnde Kapazitäten und nutzt die Gelegenheit, um mehr Personal zu fordern.
Doch mehr Polizei wird das Problem nicht lösen. Vielmehr sollten die vorhandenen Kapazitäten sinnvoll genutzt werden. Statt an vermeintlich kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Görli und dem Kotti die Polizeipräsenz zu erhöhen, könnten die Beamt*innen für die Verfolgung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Netz eingesetzt werden – was allemal sinnvoller wäre, als mittels Racial Profiling ab und zu ein paar Gramm Hasch zu konfiszieren.
Dafür ist es nötig, dass die Beamt*innen entsprechend geschult werden. Denn wenn es um digitale Strafverfolgung geht, ist die Berliner Polizei bislang nicht unbedingt mit Expertise oder Eifer aufgefallen. Beim Neukölln-Komplex hat es geschlagene anderthalb Jahre gedauert, bis auf dem Computer des hauptverdächtigen Neonazis eine Feindesliste gefunden wurde. Und die war nicht einmal verschlüsselt, sondern lag im virtuellen Papierkorb.
Es braucht ein größeres gesellschaftliches Bewusstsein darüber, dass Hate Speech kein Bagatelldelikt ist, sondern eine Gefahr für die Demokratie. Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homo- oder Transphobie liegt immer im öffentlichen Interesse, egal ob online oder offline.
Dürftige Strafverfolgung bei Hate Speech: Digitale Gewalt ist reale Gewalt
Nur die wenigsten Fälle von Hate Speech landen vor den Gerichten. Die Berliner Polizei ist bei der Ermittlung auch nicht mit Eifer aufgefallen.
Die Polizei verweist bei Hate Speech im Netz gern auf mangelnde Kapazitäten Foto: dpa
Hate Speech, also Hetze, Hass und Diskriminierung im Internet, wird zunehmend zum gesellschaftlichen Problem. Bleibt sie unwidersprochen und ohne strafrechtliche Konsequenzen, hat das fatale Folgen. Betroffene werden eingeschüchtert und rechtsextreme, menschenfeindliche Propaganda wird normalisiert. Und führt im schlimmsten Fall zu noch mehr Gewalt – auch außerhalb des Internets.
Dennoch landen in Berlin nur die wenigsten Fälle von Hate Speech überhaupt vor Gericht. Trotz der eigens geschaffenen Zentralstelle Hasskriminalität bei der Staatsanwaltschaft wird ein Großteil der Verfahren eingestellt. Täter*innen können sich so in Sicherheit wiegen und die Opfer werden im Stich gelassen. Die Polizei verweist bei dem Thema gerne auf mangelnde Kapazitäten und nutzt die Gelegenheit, um mehr Personal zu fordern.
Doch mehr Polizei wird das Problem nicht lösen. Vielmehr sollten die vorhandenen Kapazitäten sinnvoll genutzt werden. Statt an vermeintlich kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Görli und dem Kotti die Polizeipräsenz zu erhöhen, könnten die Beamt*innen für die Verfolgung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Netz eingesetzt werden – was allemal sinnvoller wäre, als mittels Racial Profiling ab und zu ein paar Gramm Hasch zu konfiszieren.
Dafür ist es nötig, dass die Beamt*innen entsprechend geschult werden. Denn wenn es um digitale Strafverfolgung geht, ist die Berliner Polizei bislang nicht unbedingt mit Expertise oder Eifer aufgefallen. Beim Neukölln-Komplex hat es geschlagene anderthalb Jahre gedauert, bis auf dem Computer des hauptverdächtigen Neonazis eine Feindesliste gefunden wurde. Und die war nicht einmal verschlüsselt, sondern lag im virtuellen Papierkorb.
Es braucht ein größeres gesellschaftliches Bewusstsein darüber, dass Hate Speech kein Bagatelldelikt ist, sondern eine Gefahr für die Demokratie. Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homo- oder Transphobie liegt immer im öffentlichen Interesse, egal ob online oder offline.
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