Drohnengegner in den USA: Wegen "Die-in" vor Gericht

Sie protestierten vor einer Militärbasis, von der aus Drohnenangriffe weltweit ferngesteuert werden: In den USA werden 38 Aktivisten angeklagt - wegen Ordnungswidrigkeiten.

Unterwegs in Sachen Tod: US-amerikanische Drohne vom Typ MQ-1 Predator. Bild: ap

WASHINGTON taz | "Drohnen sind inhärent sowohl eine Verletzung des US-Rechts als auch des internationalen Rechts", sagt Ramsey Clark: "Sie stehen im Zusammenhang mit Mord." Der 83-jährige frühere US-Justizminister steht als Zeuge vor einem Gericht in dem Provinznest DeWitt im Norden des Bundesstaates New York. Wo sonst über Ladendiebstahl und Raserei verhandelt wird, sind seit letztem Donnerstag 38 DrohnengegnerInnen angeklagt.

Im April hatten sie vor der Militärbasis "Hancock Field" ein "Die-in" organisiert - sich, mit roter Farbe bespritzt, auf den Asphalt gelegt. Von der Basis aus werden Drohnen in Afghanistan und Pakistan ferngesteuert. "Wir leben in einer Kriegszone", sagt Ed Kinane, einer der Angeklagten, über die scheinbar friedliche Region am Ontario See. Jetzt drohen den 38 Leuten Strafen wegen "Ordnungswidrigkeit" und "Verkehrsbehinderung".

Clark, Justizminister 1966 bis 69, beruft sich auf zwei historische Quellen: den italienischen Dichter Dante Alighieri und die Nürnberger Prozesse. Mit Dantes Worten sagt er: "Der heißeste Platz in der Hölle ist für Leute reserviert, die in Zeiten einer moralischen Krise nichts tun." Nürnberg erwähnt er, um zu begründen, dass BürgerInnen Verantwortung haben, wenn sie sehen, dass ihre Regierung Verbrechen verübt. Laut Clark würden den Angeklagten zudem die Verfassungsrechte auf freie Meinungsäußerung und freie Versammlung verweigert.

"Ich war beeindruckt", sagt der Angeklagte Ed Kinan in einem Interview über die Konversation zwischen Provinzrichter David Gideon und Ex-Justizminister Clark: "Es war ein Vorbild an Fairness und Menschlichkeit." Kinan erfuhr aus der Lokalzeitung, dass von "Hancock Field" aus Drohnen über Pakistan und Afghanistan gelenkt werden, "vermutlich von jungen Männern, die mit Computerspielen aufgewachsen sind". Seit 2010 organisiert er Proteste vor der Basis.

"Wir wollen die Öffentlichkeit über die außergerichtlichen Tötungen informieren", sagt Ann Wright, eine andere Angeklagte, der taz. Sie war einst Colonel in US-Uniform, später Diplomatin der USA. 2001 gehörte sie zu jenen, die Washingtons Botschaft in Kabul wiedereröffneten. 2003 verließ sie den diplomatischen Dienst aus Protest gegen die Invasion in Irak. Sie stellt die Version der US-Regierung infrage, Drohnen seien "Lebensretter" für das US-Militär und viel akkurater als konventionelle Bomben. Wright: "Unsere Aufklärung ist weiterhin schlecht, und viele Zivilisten werden getötet."

Allein in Pakistan wurden seit Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama Schätzungen zufolge mehr als 1.500 Menschen durch Drohnen getötet. Kürzlich wurden sie erstmals auch gegen US-Staatsangehörige eingesetzt: In Jemen töteten Drohnen den in den USA aufgewachsenen mutmaßlichen Al-Qaida-Führer Anwar al-Awlaki und seinen Sohn. Verantwortlich für die Einsätze ist der Geheimdienst CIA.

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