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Drogenpolitik in DeutschlandDiesmal fällt der Skandal aus

Michael Hartmann nimmt Crystal Meth. Dabei passt der SPD-Politiker kaum ins Bild des Meth-Konsumenten, das die Medien pflegen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann. Bild: Soeren Stache/dpa

Irgendwie musste man doch ein bisschen schmunzeln, als in der letzten Woche bekannt wurde, dass der Mainzer SPD-Politiker Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, einen Monat lang Crystal Meth genommen hatte. Hanffreunde hatten die Nachricht unter dem Titel „Newsbombe“ auf Facebook gepostet. Schnell fanden sie auch heraus, dass sich Hartmann negativ über die Bestrebungen, Cannabis zu legalisieren, geäußert hatte.

„Eine Legalisierung kann niemand wollen, der beispielsweise den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Drogen und Sucht ernst nimmt. Eine Legalisierung […] bedeutet den völligen Verzicht auf jede staatliche Kontrolle“ und „würde vor allem dem Drogenhandel nützen. Für die Entkriminalisierung Süchtiger andererseits ist eine generelle Legalisierung keine Voraussetzung“, sagte er im Dezember 2012.

Es gibt sicher einige Drogenkonsumenten, die gegen die Legalisierung von Cannabis sind. Allen aber, die bestrebt sind, Cannabis für Erwachsene zu legalisieren, zu unterstellen, sie würden den Jugendschutz nicht ernst nehmen, ist doch recht unverschämt, bestätigt auch das Bild einer Politik, der es nicht um Dialog, sondern um die Durchsetzung schon vorher gefasster Meinungen geht. Und inwieweit der Staat ausgerechnet unter den Bedingungen der Illegalität den Drogenhandel unter Kontrolle hat, ist einem doch etwas schleierhaft. (Und lässt sich jeden Tag in der Gegend des Görlitzer Parks in Berlin Kreuzberg beobachten.)

Lustig, erheiternd ist die Geschichte, weil die Welt des bodenständigen 51-jährigen SPD-Politikers so weit entfernt zu sein scheint von der Welt des Crystal-Meth-Konsumenten, wie wir sie aus den Medien kennen. Hier der Parteisoldat; ein Mann der „seit mehr als 30 Jahren“ zum Innern der rheinhessischen Sozialdemokratie gehört, wie die FAZ berichtete, ein Politiker also, der schon als ehrgeiziger Teenager nichts als Parteipolitik im Kopf hatte. Da das mediale Bild des Crystal-Meth-Konsumenten, zusammengesetzt aus Passagen der schönen amerikanischen Fernsehserie „Breaking Bad“ und den abschreckenden Vorher-nachher-Bildern der Anti-Drogen-Werbung.

Sozialamt statt bürgerlichem Ehrenamt

Hier die bürgerliche Welt des, wie man hört, sehr fleißigen Politikers, mit Ehrenämtern, deren Bezeichnung einem (zumindest als Berliner) lächerlich vorkommt („Ranzengardist“ in der Fastnacht), da die antibürgerliche der Drogenkonsumenten, die sich in einem interessanten Slang („yo“, „Mann“) unterhalten, der Droge verfallen sind, mit der bürgerlichen Welt nur via Sozialamt und Jobcenter zu tun haben und sich entschlossen zugrunde richten.

Wenn gesagt wird, ach, wäre es doch wenigstens Kokain gewesen wie bei Christoph Daum, Michel Friedman, Konstantin Wecker, Ronald Schill oder dem Helden des neuen Romans „Endlich Kokain“ von Joachim Lottmann, der Kokain einsetzt, um dünner und attraktiver zu werden, zitiert man nur die klischeehaften Aufklärungsbilder aus den Medien, die aber so gar nicht zum eher rund und vital wirkenden Hartmann passen. Dass er im Herbst 2013 einen Monat lang Crystal Meth genommen hat, ohne eine Abhängigkeit zu entwickeln, ist in der Drogenaufklärung nicht vorgesehen.

Vorgesehen ist, dass Leute Drogen als Ersatz nehmen und dann verelenden. Als Hartman Crystal Meth zu sich nahm „war das sicher eine Situation, wo er Hilfe gebraucht hätte“, sagte Thomas Oppermann, der Fraktionsvorsitzende der SPD, und „ich finde, wir müssen bei diesen Fällen immer auch die menschliche Seite sehen“. Hartmann selber erklärte, er hätte Crystal Meth genommen, um seine Leistungsfähigkeit zu steigern.

Drogenkonsumenten sind Normalbürger

Was man aus der Geschichte lernen kann, was die Geschichte noch einmal bestätigt, was seit dem massiven Erfolg illegaler Aufputschdrogen und ihrer legalen Varianten – Energydrinks – seit den 90er Jahren immer deutlicher geworden ist: Die Grenzen zwischen illegalen und legalen Drogen und ihren Konsumenten sind durchlässig. Nicht nur „Normalbürger“ nehmen Drogen, sondern Drogenkonsumenten sind „Normalbürger“.

Lange Zeit und in Folge der 68er, gemäß der Hippiekultur und ihren psychedelischen Drogen, gemäß der Drogenaufklärung und ihren Warnungen, wurde die Andersheit propagiert, wurde so so getan, als gebe es zwei Welten, Underground und Overground – die Welt der kranken Räusche, die Welt der Nüchternheit –, die sich nicht überschneiden, zwischen denen es bestenfalls therapeutische Verbindungen gibt.

„Der Missbrauch illegaler Rauschmittel ist nicht zu entschuldigen“, sagte der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD Jens Guth in gewohnter Routine. Das Volk und auch der politische Gegner scheinen es anders und realistischer zu sehen. Anders als bei Christoph Daum vor vielen Jahren bleibt der Skandal aus.

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8 Kommentare

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  • Relevant ist, dass man durch diesen Fall erkennt, dass jeder, der gegen die Legalisierung von Drogen ist, erstmal eine Haarprobe abgeben sollte, bevor man auch nur ein Wort von solchen Schwätzern ernst nehmen kann.

     

    Mir ist ein puritanischer Calvinist, der was gegen Schwule hat und selber auch nicht schwul ist, immer noch lieber als ein Heuchler, der was gegen Drogenlegalisierung hat und Drogen nimmt. Der hat einfach für sich und sein eigenes Leben kein Konzept. Und ist vollständig ungeeignet dadurch, die Interessen anderer Menschen als Delegierter in irgendeinem Wahlgremium zu vertreten.

    Desweiteren müssten alle, auch Oppermann und der rheinland-pfälzische SPD-Generalsekretär gefragt werden, ob die Drogenabhängigkeit dieses Mannes ihnen nicht auffiel und ob sie sich geeignet halten, Menschen zu führen.

    • @Age Krüger:

      Abhängig war der sicherlich noch nicht, wenn die Cops den Kauf von nur ca. 6 Gramm nachweisen können, denn direkt gefunden hat man bei dem eben auch nichts! In Verbindung mit einer Blutanalyse lässt sich sicher auch auf die Häufigkeit des Konsums schließen und davon stand noch nirgends etwas geschrieben. Und selbst wenn, ich gehe jede Wette auch in Deinem weiteren Bekanntenkreis, wird es den einen oder anderen Konsumenten illegaler Drogen geben, von denen du es nicht einmal ahnst! Wie stellte letztens das FBI treffend fest: "Die Besten der Besten kiffen!" ;)

  • Das ist doch ganz einfach: Jeder Abgeordnete, der der Ansicht ist, dass die Wähler einen Anspruch darauf haben, dass die Abgeordneten keine Drogen nehmen, obwohl offensichtlich ist, dass Drogen konsumierende Abgeordnete sich nicht erkennbar von drogenabstinenten Abgeordneten unterscheiden, macht ab sofort einmal im Quartal einen öffentlichen Drogentest. Zurücktreten sollten diejenigen, die das nicht akzeptieren.

  • lasst den Leuten doch ihren Spaß.

  • Der Skandal ist nicht ausgefallen. Da hat einer illegale Drogen genommen und nicht gedealt. Die Strafdrohung richtet sich vor allem gegen Dealer und nicht gegen die Konsumenten. Normalerweise wäre das Verfahren gegen Auflage eingestellt worden.

    Die Immunität hätte nicht unbedingt aufgehoben werden müssen und bei vielen Parlamentariern wäre einfach gar nicht weiter ermittelt worden. Wenn es denn öffentlich gemacht worden wäre, hätte sein Image als Abgeordneter allenfalls ein paar Kratzer bekommen.

    So ist seine Karriere beendet worden - wieder ein unbequemer Abgeordneter für die Geheimdienste weniger - das ist der Skandal.

    Allerdings - wer weiss, was wirklich geschehen ist? Der Geheimdienst kann auch anders. Vielleicht hat er scheinbar kampflos einen falschen Vorwurf akzpetiert, da mit deutlich Schlimmeren gedroht wurde?

    • @Velofisch:

      Ich finde es einen Skandal, wie mit MichaelHartmann umgegeangen wird.Ich sehe seinen Drogenkonsum als Privatsache –aber von ihm wirdverlangt er sole zurücktreten. Obwohl überhaupt nicht klar ist, dass sein Drogenkonsum seinen Job überhaupt tangiert hat. Gut, wenn ich lese, was dieser Mensch füreine Drogenpolitik vertritt, dann hat er nur von seiner eigenen Medizin gekostet.

  • Der Artikel beleuchtet überhaupt nicht, dass Crytal eine Funktionsdroge ist, die perfekt zum gesellschaftlichen Zeitgeist passt. Ein Spitzenpolitiker im Stress und unter Leistungsdruck passt genauso rein, wie die überforderte junge Altenpflegerin mit 1 Kind und dem Ziel, alles gut hinzubekommen und schön schlank dabei zu sein.

    Crystal macht wach, fühlt sich gut an und schafft Leistungsbereitschaft. Klar stürzen die Leute damit ab und werden zu den von euch genannten Figuren. Und ja, Crystal ist günstig und leicht zu kriegen und zieht die an, die neugierig sind und wenig Geld und auch wenig zu verlieren haben. Grundsätzlich lässt sich diese Droge aber mehr mit Ritalin und Speed vergleichen.

     

    Bitte beschäftigt euch mehr mit der Spezifik unterschiedlicher Drogen. Danke!

    • @ziegenbart:

      Nicht nur Chrystal ist eine Funktionsdroge. Die meisten Drogen helfen den Konsumenten hier in dieser Gesellschaft vermeintlich besser zu funktionieren. Man sollte sich eher überlegen, was das über unsere Gesellschaft sagt, anstatt die Konsumenten zu dämonisieren.