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Drittmittel Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, verteidigt die Vertraulichkeit bei Verträgen mit der Wirtschaft„Wir sind nicht in Abhängigkeit“

Interview Ralf Pauli

Die taz betreibt gemeinsam mit Transparency International und dem Studierendenverband fzs die Website Hochschulwatch.de. Dort werden Daten zur Finanzierung von Hochschulen gesammelt und alle bekannten Stiftungsprofessuren aufgeführt. In der Datenbank können Interessierte nach Verträgen zwischen Firmen und Universitäten suchen. Die Hochschulen sehen sich dadurch unter den Generalverdacht gestellt, sie würden sich von der Wirtschaft beeinflussen lassen. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Horst Hippler erklärt im Gespräch mit der taz, warum er nicht glaubt, dass die Kooperationen die Unabhängigkeit der Forschung und die Transparenz von öffentlichen Körperschaften gefährden.

taz.am wochenende: Herr Hippler, warum sind Wirtschaftskooperationen für staatliche Hochschulen wichtig?

Staatlich finanzierte Hochschulen haben eine Pflicht, junge Leute für ihre Rolle in der Gesellschaft auszubilden und sie auf ihr Berufsleben vorzubereiten. Wer in der Wirtschaft tätig sein will, muss auch wissen, wie die Wirtschaft funktioniert. Deswegen benötigen Hochschulen Kooperationen mit Unternehmen. Viele Unternehmen rekrutieren umgekehrt ihr Personal direkt von den Hochschulen – von der Ingenieurin bis zum Sinologen.

Braucht Deutschland mehr Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen?

Zwei Drittel der gesamten Forschung findet in den Unternehmen selbst statt. Das restliche Drittel teilt sich unter den öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen auf: Das sind neben den Universitäten und Hochschulen auch Fraunhofer-, Max-Planck-, Leibniz- oder Helmholtz-Institute. Der Umfang der Kooperation bewegt sich meines Erachtens in einem guten Rahmen. Wichtig ist, die Wirtschaftsmittel nicht als Kompensation mangelnder staatlicher Mittel zu sehen, sondern als sinnvolle Ergänzung.

Geben Bund und Länder zu wenig für die staatlichen Hochschulen aus?

Ja, das ist eines der zentralen Probleme, die es zu lösen gilt. Die Grundfinanzierung müsste so gestaltet sein, dass die Hochschulen ihrem Auftrag auch gerecht werden können. Da sind die Bundesländer in der Pflicht. Der Bund hat die Länder entlastet, indem er das BAföG komplett übernommen hat. Dieses Geld müssen die Länder in den Hochschulbereich einbringen. Angesichts steigender Studierendenzahlen ist das dringend erforderlich.

Also stagniert die Grundfinanzierung, während die Drittmittel aus öffentlichen Fördertöpfen oder von Unternehmen und Stiftungen steigen?

Ja, die Drittmittel insgesamt steigen und ihr Anteil an den Hochschulfinanzen wächst. Die Drittmittel aus der Wirtschaft sind zwar auch gestiegen, ihr Anteil allerdings sinkt. Er beträgt an den gesamten Hochschulausgaben nur 10 Prozent. Wir sind also nicht in eine Abhängigkeit von der Wirtschaft geraten.

Große Unternehmen wie BASF, Siemens oder Höchst unterhalten vielfältige Kooperationen an deutschen Hochschulen. Geben die Großen auch am meisten Geld?

Am meisten Geld gibt der Mittelstand. Kleine Firmen, die sich eigene Forschung nicht leisten können. Gleichzeitig stehen sie in dauerhaftem Wettbewerb um die Weiterentwicklung ihrer Produkte. Die großen Firmen haben alle eigene Forschungseinrichtungen. Daher kommen die meisten privaten Drittmittel von kleinen und mittleren Unternehmen.

Über öffentliche Förderprogramme informieren alle Beteiligten gerne. Bei Wirtschaftskooperationen sieht das anders aus. Wie transparent müssen Hochschulen ihre Wirtschaftsverträge machen?

Für Unternehmen ist volle Transparenz ein Problem. Über den genauen Forschungsinhalt kann man nicht einfach so reden. Wird das öffentlich, weiß der Mitwettbewerber schon, für was sich ein Unternehmen interessiert. Da gehört ein gewisses Maß an Vertrauen in die Hochschulen dazu.

Das fällt nicht immer leicht. Die taz berichtete über Fälle, in denen die Geldgeber Einfluss auf Forschung und Lehre nehmen. An der FH Flensburg etwa bestimmen die Stifter eines Lehrstuhls selbst, was mit ihrem Geld geschehen soll. Die FH hält das nicht für problematisch. Reicht Vertrauen aus?

Ich kenne den Fall der FH Flensburg nicht und kann ihn deshalb auch nicht kommentieren. Generell muss jede Hochschule in ihren Verträgen sicherstellen, dass Forschung und Lehre frei von externen Einflüssen bleibt. Das ist auch ihre gesetzliche Pflicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass das in Deutschland so gut wie immer eingehalten wird. Wichtig ist, dass wir die Hochschulen in die Lage versetzen, als starke Partner in Vertragsverhandlungen mit der Wirtschaft zu gehen.

Horst Hippler

geb. 1946, ist seit 2012 Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und wurde gerade für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Hippler war Professor für Physikalische Chemie, Rektor der Universität Karlsruhe und bis September 2012 Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Von 2006 bis 2009 vertrat er den Verband der führenden Technischen Universitäten in Deutschland als Präsident. 2010 war er einer von 40 prominenten Unterzeichnern des Energiepolitischen Appells, der sich zum Ziel gesetzt hatte, die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke zu verlängern.

In elf Bundesländern gibt es Informationsfreiheitsrechte, die auch Hochschulen zur Auskunft verpflichten. Was wiegt höher: das Auskunftsrecht der Bürger oder die Schutzbelange der Wirtschaftspartner?

Hochschulen können die Auskunft zu einem laufenden Forschungsprojekt verweigern. Weder die Hochschulgesetze noch die Informationsfreiheitsgesetze sehen in diesem Punkt einen unbedingten Informationsanspruch gegenüber den Hochschulen vor. Bei Forschungskooperationen sind oft sensible Daten im Spiel. Dass eine Hochschule keinen Vertrag veröffentlichen will, in dem Betriebsgeheimnisse stehen, ist nachvollziehbar und auch rechtmäßig.

Ist in Ihren Augen kein Fall denkbar, in dem das öffentliche Informationsinteresse über den Belangen eines Unternehmens steht?

Soweit es die Verträge betrifft: nein. Über die Ergebnisse müssen die Hochschulen in geeigneter Form unterrichten. Das tun sie auch. Ich erkenne das Interesse der Öffentlichkeit an. Nur dienen Forschungskooperationen häufig zur Vorbereitung eines Produkts. Die Zusammenarbeit tangiert wesentliche unternehmerische Interessen: am geistigen Eigentum, an der Verwertung und den Betriebsgeheimnissen. Man kann nicht sagen: Nur weil die Forschung an einer öffentlichen Universität betrieben wird, müssen sämtliche Details öffentlich gemacht werden. Dann wird es die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft nicht mehr geben.

Welche Regelung halten Sie für angemessen?

Wichtig ist, dass die Hochschulen in der Transparenzfrage eingebunden sind und klarmachen, dass die Freiheit von Forschung und Lehre tatsächlich gewahrt wird. Alles andere wäre kontraproduktiv in einer Gesellschaft, in der unser Lebensstandard von der Wirtschaft abhängt.

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